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Dreimond - Das verlorene Rudel

Dreimond - Das verlorene Rudel

Titel: Dreimond - Das verlorene Rudel
Autoren: Viola L. Gabriel
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empor. Regentropfen trafen ihre Augen, als sie Carras und Serafin die rettende Anhöhe erreichen sah.
    »Los, Lex! Los, los, los!«, feuerte sie ihn unentwegt an und so kamen sie ihrem Ziel Stück für Stück näher.
    Sehnsüchtig blickte Fiona hoch zur nahen Kuppe, da beugte sich eine fremde, weiße Wolfsfratze über den Hang. Wie erstarrt blickte Fiona in die funkelnd grünen Augen – und sie wusste, dass sich das Tier ihren Absturz wünschte.
    Lex knurrte, als sich der weiße Wolf nach unten neigte, das Maul aufriss, mit den Zähnen nach dem Nacken des Braunen zielte … und ihn mit ganzer Kraft nach oben zog.
    Geschafft! Fiona stieg ab und Lex warf sich schwer atmend auf die Seite.
    Serafin lag ebenfalls erschöpft am Boden.
    Carras und der weiße Wolf beugten sich schnüffelnd über ihn. Fiona ahnte, dass es Neuschnee sein musste – doch das machte es nicht um einen Deut leichter, zu verstehen, was in aller Welt hier vor sich ging.
    Jetzt eilten Carras und die Wölfin zurück zum Felsvorsprung. Seite an Seite stießen sie die Verfolger in die Tiefe, die bis zur Kante vorgedrungen waren.
    Fiona entschied, vorerst keine Fragen zu stellen.
    »Los! Weg von hier!«, war alles, was sie sagte.
    Der Braune und der Schwarze standen mühsam auf.
    Dann liefen Fiona und die vier Wölfe los.
    Sie blieb an Serafins Seite, die Hände stützend an seinen Leib gepresst.
    Einmal noch blickte sie zurück zum Sintgrund, wo fahle Dampfschleier aus dem Hexenkessel stiegen.

Kapitel 19
    Geißelbruch
     
     
     
    L ex hasste ihn – den Morgen nach der Verwandlung. Jedes Mal, wenn der Vollmond einsam starb und die kalte Sonne rücksichtslos das Schwarz der Nacht verschlang, fühlte er sich aufs Neue viel zu früh aus einem Traum gerissen. Einem Traum von Stärke, Freiheit, Leben. Von alledem raunte der Wolf in ihm dem Menschen, Lex, jeden Tag, jede Sekunde wildere, schönere Versprechen zu – bis in der einen Nacht alles zur noch größeren und besseren Wirklichkeit wurde. Allein in diesem Rausch schien alles möglich. Nur dann konnte er sich vertrauen.
    All das ging verloren, wenn die Nacht vorbei war und der Wolf in ihm verstummte. Zurück blieb sein Menschenkörper, schwach, verletzlich, unbedeutend – und erfüllt von bleierner Müdigkeit. Lex schämte sich für den Menschen in ihm, den Feigling. An einem Morgen wie diesem wollte er sich selbst im Schlaf vergessen, auf dass die fade, falsche Zeit bis zur nächsten großen Vollmondnacht verstreichen möge, während er das, was geschehen war, noch einmal im Traum durchlebte.
    Aber jetzt war nicht die Zeit zum Ausruhen. Mit bleischweren Gliedern schleppte er sich durch den Satorwald. Er konnte kaum fassen, dass er es nötig hatte, sich auf Fionas zarten Körper zu stützen. Es war nicht nur die Erschöpfung, die ihn, wie nach jeder Verwandlung, lähmte. Der lange Kampf im Sintgrund hatte schmerzende Striemen und tiefe Wunden zurückgelassen.
    Als Wolf hatte er sie kaum gespürt. Jetzt aber waren ihm die Schmerzen offenbar anzusehen, denn Fiona schielte immer öfter sorgenvoll zu ihm auf, während sie , ohne Luft zu holen, beruhigend auf ihn einredete. Sie hätten einen gewaltigen Vorsprung, die Feinde säßen dank der nassen Hänge ohnehin im Sintgrund fest und der Waldesrand wäre bereits deutlich aus der Ferne sichtbar.
    Zumindest Letzteres war offensichtlich gelogen. Lex brauchte keine Tierinstinkte, um herauszuhören, dass auch Fiona an ihren eigenen Worten zweifelte.
    Zu Recht. Sie war ein kluges Mädchen. Zu schleppend kamen sie voran, zu verräterisch hell war der Morgen und zu ungewiss die Zahl der Wölfe, die eben nicht im Sintgrund, sondern in der Rotburg oder womöglich hier im Wald die Nacht zugebracht hatten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis irgendwer die Flüchtigen einholte. Und Serafin, ihren stärksten Kämpfer, hatte es noch übler als Lex erwischt. Brandwunden zogen sich über seinen Körper und er musste zur gleichen Zeit von Carras und Neuschnee gestützt werden. Neuschnee. Noch ein Problem. Wer wusste schon, ob sie der Weißen trauen konnten? Lex rümpfte die Nase. Ja, sie hatte ihnen aus dem Sintgrund geholfen, hatte sie im ersten Morgengrauen zu einem hohlen Baum geführt, in dem Waffen, Kleider und sogar Verpflegung bereitgelegen hatten. Aber was hieß das schon?
    Höchstens, dass sie alles von langer Hand geplant hatte. Es war nie gut, wenn eine Frau zu schön, zu klug, zu kühl war. Neuschnee hatte sie schon einmal verraten.
    In diesem
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