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Drei Hände Im Brunnen

Drei Hände Im Brunnen

Titel: Drei Hände Im Brunnen
Autoren: Lindsey Davis
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Mädchen anzurühren.
     
    Die ganze Nacht waren sie auf Trab. Wo auch immer er sich versteckte, ich musste ihn dort festhalten, solange es dunkel war. Wir lärmten herum, bewegten uns von einem Ort zum anderen, bis die erste Helligkeit sich über das ruhig fließende Wasser des Anio ergoss. Dann ließ ich weitersagen, dass sich alle hinsetzen, nicht mehr rufen und sich absolut still verhalten sollten, während wir darauf lauerten, dass Thurius aus seinem Versteck kam.
     
    Ich hatte den größten Teil der Nacht in der Nähe des Flusses verbracht. Irgendwas zog mich dorthin und ließ mich nicht los. Für kurze Zeit hatte ich mich ausruhen können, mich zwischen zwei Baumwurzeln auf die Fersen gehockt, während meine Gedanken rasten und ich lauschte. Jetzt war ich wach, so wach wie ein Mann sein kann, der zwei Nächte lang kein Bett gesehen hat.
     
    Als das erste Licht über die Berge kroch, ging ich leise zum Flussufer und wusch mir das Gesicht. Das Wasser war kalt. Genau wie die Luft, die in diesen Bergen viel frischer war als in Rom. Es war noch so früh, dass jedes Geräusch weithin hörbar war. Ich ließ das Wasser aus meinen Händen so leise wie möglich zurücktröpfeln und machte nicht mehr Lärm als eine springende Bergforelle.
     
    An einem Stein im Wasser glitzerte etwas im frühen Morgenlicht. Ich bückte mich und sah genauer hin. Ein Ohrring. Er passte nicht zu dem, den Bolanus mir gezeigt hatte; das wäre ein zu großer Zufall gewesen. Dieser hier war ein schlichter Reif, wahrscheinlich noch nicht mal echt Gold. Er hatte eine Fassung für einen Stein, aber der fehlte. Ich streckte die Hand in das kalte Wasser, drehte mich dann um, schüttelte das Wasser ab und schob das Schmuckstück in meine Börse. Plötzlich fühlte ich mich hier am Anio wie auf dem Präsentierteller. Der Mörder musste ganz in der Nähe sein. Wenn er wusste, dass ich hier war, beobachtete er mich vielleicht sogar.
     
    Ich kletterte die Uferböschung hoch und machte dabei mehr Krach, als ich gewollt hatte. Dann fiel mir etwas ins Auge. Unter den tief hängenden Zweigen einiger Bäume stand ein kleiner Schuppen. In der Dunkelheit der Nacht hatte ich ihn übersehen. An dem Ding war nicht viel dran, nur durchhängende Wände und ein schiefes Dach. Üppig wachsende Grünpflanzen rankten sich an den mit Flechten überzogenen Brettern hinauf, und in dem Dornengestrüpp glänzten schwarze Brombeeren unter riesigen zerrissenen Spinnweben.
     
    Alles um mich herum war still, bis auf das sanfte Schwappen des Flusses in meinem Rücken. Ich fühlte mich wie ein mythischer Held, der endlich das Orakel gefunden hatte, doch was mich dort erwartete, würde weder ein von einer Hexe geborener Eremit noch eine goldene Sphinx sein. Entlang des Flusses verlief ein ausgetretener Fußpfad, aber ich näherte mich durch das Unterholz direkt von dort, wo ich stand. Ein Spinnennetz versperrte mir den Weg. Ich schob es mit einem Stock zur Seite und erlaubte der dicken Spinne großzügig, sich rasch im Unkraut zu verkriechen. Die ganze Zeit blieb mein Blick auf die geschlossene Tür des Schuppens gerichtet.
     
    Als ich die Tür erreichte, schien sie zu klemmen. Sie wurde nach innen geöffnet. Es existierte kein Schloss, doch obwohl sie oben ein paar Zoll nachgab, als ich dagegen drückte, klemmte sie unten nach wie vor. Ich bemühte mich, leise zu sein, brachte die Tür aber schließlich mit einem gewaltigen Schubs einen Spaltbreit auf. Etwas musste direkt vor der Tür liegen. Es war immer noch zu dunkel, um was erkennen zu können, doch als ich mich vorbeugte, drang von innen ein widerlicher, abgestandener Geruch an meine Nase. Es musste eine Fischerhütte sein. Und es roch, als hätte man hier Schweine gehalten, die es allerdings auf dem Rosius Gratus-Anwesen nicht gab. Das war auch nur gut so, denn dann wäre es ein Leichtes gewesen, sich der Leichen zu entledigen, und es gäbe keine lange Beweiskette, die mich von Rom hierher geführt hatte.
     
    Was auch immer mein Eindringen in den Schuppen behinderte, würde entfernt werden müssen, bevor ich hineinkonnte. Es fühlte sich wie ein gefüllter Kornsack an – oder ein menschlicher Körper. Aber es war schwerer als der Körper eines jungen Mädchens. Ich schaute mich um, wollte sehen, ob es eine andere Möglichkeit gab, um in die Hütte zu gelangen. Da hörte ich einen Zweig knacken.
     
    Ich wirbelte herum. Ein Mann stand nur fünfzig Schritte entfernt von mir.
     
    Ich sah ihn bloß ganz kurz, bevor er
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