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Drei Engel für Armand

Drei Engel für Armand

Titel: Drei Engel für Armand
Autoren: Jim C. Hines
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wie ihr Daumen.
    »Zieh ihn!«, forderte Talia sie auf.
    Der Hebel bewegte sich geräuschlos, und die Wand hinter ihnen öffnete sich knackend.
    Danielle schnappte nach Luft, was ein Fehler war in Anbetracht der hier herrschenden Atmosphäre. Sie streckte die Hand aus und berührte die Holzvertäfelung: Die ganze Wand ließ sich mühelos bewegen und drehte sich in geölten Angeln, die im Balkenwerk verborgen waren.
    Talia kicherte und zog die Wand vollends auf, woraufhin ein dreieckiges Loch zum Vorschein kam. Auf der anderen Seite konnte Danielle Bronzesprossen ausmachen, die an Steinziegeln angebracht waren.
    »Weiß Armand hiervon?«, flüsterte Danielle und starrte angestrengt in die Dunkelheit.
    »Nur die Königin und noch zwei andere.« Talia legte Danielle die Hand auf die Schulter. »Und wenn das hier eine Falle wäre, dann hätte ich dich in diese Grube gestoßen, und niemand würde je erfahren, was aus Prinzessin Danielle Whiteshore geworden ist.«
    Danielles Schultern strafften sich. Sie hielt sich mit einer Hand am Rand der Türöffnung fest und versuchte herumzuwirbeln, doch Talia bekam sie am Ellbogen zu packen. Mit der anderen Hand verdrehte sie ihr das Handgelenk so, dass sie sich nicht mehr herumdrehen oder auch nur bewegen konnte, ohne sich selbst den Arm zu brechen.
    »Du hilfst Charlotte?«
    »Nein. Ich helfe dir.« Talia ließ los. »Du bist zu vertrauensvoll, Prinzessin. Du hast Charlotte in deinem Schlafzimmer willkommen geheißen. Kaum hast du den einen Mordversuch mit knapper Not überlebt, da folgst du auch schon einer merkwürdigen Dienerin in die Dunkelheit.«
    »Du hast mich gerettet«, versuchte Danielle sich zu verteidigen.
    »Nur dass jemand dich rettet, macht ihn noch lange nicht zu deinem Verbündeten.« Talia zwängte sich an Danielle vorbei, ergriff eine der Sprossen und stieg auf die Leiter. »Zum Glück versuche ich tatsächlich, dich am Leben zu halten. Ich wüsste es zu schätzen, wenn du dasselbe tätest.«
    Mit diesen Worten ließ Talia sich in die Dunkelheit hinab. »Zieh die Tür hinter dir zu! Du hörst das Klicken, wenn der Schnapper einrastet.«
    Danielle griff nach der obersten Sprosse. Das Metall war wärmer, als sie erwartet hatte. Sie wollte gerade die Tür schließen und hielt dann plötzlich inne, denn Talias Warnung kam ihr in den Sinn. »Wie kommen wir hier wieder raus?«
    »Das ist schon besser«, entgegnete Talia. »Es gibt noch einen anderen Hebel in der Tür.«
    Danielle tastete herum, bis sie ihn gefunden hatte. Erst dann ließ sie sich auf die Leiter herunter, zog die Tür zu und schloss sich und Talia in der Dunkelheit ein. Sie machte die Augen zu und wieder auf: kein Unterschied. Ein schneller Ruck am Hebel, und die Tür öffnete sich wieder. »Wo führt die Leiter hin?«
    »Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden, Prinzessin.« Talia stieg leise die Sprossen hinab.
    Mit zusammengebissenen Zähnen schloss Danielle die Tür und folgte ihr.
    *
    Die Leiter schien eine Ewigkeit nach unten zu führen. Bei der zweiundvierzigsten oder dreiundvierzigsten Sprosse verzählte sich Danielle. Zweimal regte sich die Taube und beide Male machte Danielles Herz einen Satz aus Angst, sie könnte herunterfallen. Ständig blieb ihr Kleid an dem grob behauenen Stein hängen, und ihre Knöchel waren wund und voller Schrammen. Einmal hätte sie schwören können, etwas an ihren Fingern vorbeihuschen zu spüren.
    »Pass auf, wo du hintrittst!« Talias Stimme klang weiter weg, sie schien nicht mehr direkt unter ihr zu sein.
    Noch ein paar Sprossen, und Danielles Füße berührten festen Boden.
    »Nicht bewegen!«
    Es gab kein Licht. Danielle behielt eine Hand an der Leiter. »Wo sind wir?«
    »Tief unter dem Palast. Noch zwanzig Fuß nach Norden, und du würdest schwimmen.«
    Ein Spalt Weiß zerteilte die Dunkelheit und verbreiterte sich zu einer überwölbten Türöffnung. Danielle deckte ihr Gesicht ab: Nach so langer Zeit in diesem Loch war das Licht so hell wie die Mittagssonne. Sie blinzelte und versuchte klar zu sehen. Bestimmt spielte die plötzliche Helligkeit ihren Augen einen Streich.
    »Prinzessin Danielle! Willkommen!« Beatrice Whiteshore, Königin von Lorindar, bedeutete Danielle einzutreten.
    Danielle glotzte sie an. »Was machst du auf dem Grund meines Aborts?«
    »Auf dich warten.« Die Königin machte einen Schritt zur Seite und lächelte, als Danielle aus einer feuchten, dunklen Unterwelt in ein Reich des Luxus trat, der dem, den sie im Palast gesehen hatte,
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