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Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Titel: Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes
Autoren: Hans Kneifel
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flacher.
    »Ich sterbe, Partho. Ich werde diese Nacht nicht mehr überleben!« flüsterte er.
    Partho war der Tod nicht fremd. Er wußte, daß in den nächsten Tagen außer dem König noch viele andere Männer sterben würden, schlechte und gute Männer. Sowohl an der Fieberpest, die Urgor in Atem hielt, als auch durch die Hetzparolen der Dunklen Wächter. Todesahnung erfüllte die Stadt. Auch dieser Raum war voll davon.
    »Der Weg eines jeden endet einmal«, sagte Partho. »Dein Leben, König, war ohne Tadel. Klage nicht, wenn du das Ende siehst.«
    Alac winkte. Partho verstand und stützte den gebrechlichen Körper gegen eine Rolle aus Decken und einem schwarzen Fell.
    »Ich jammere nicht wegen des Endes«, sagte Alac. »Ich zähle sechzig Sommer, und die Dunklen Wächter haben mich vergiftet. Bist du bereit, mir in den nächsten Tagen zu gehorchen?«
    Die beiden Männer blickten einander in die Augen. Der dünne, scharf rasierte Kinnbart ließ Partho älter erscheinen. Er verstand mehr vom Handwerk des Krieges und vom Kämpfen als jeder andere Mann in dieser Stadt. Und er würde den Töchtern des Königs ebenso treu ergeben sein, wie er es Alac war. Parthos Haß auf die Dunklen Wächter war weit über die Mauern des Palastes hinaus bekannt.
    »Ich habe dir immer gehorcht!« bestätigte Partho. Seine dunklen Augen glühten auf. »Und ich werde auch Prinzessin Amee und ihrer Schwester gehorchen.«
    Der König lächelte schwach, aber seine kraftlosen Fäuste ballten sich. Unten in der Altstadt schrie einer der Dunklen Wächter, die den Geiergott mit den vielen Namen verehrten. Im Zeichen dieses Götzen würden Verbrechen geschehen. Die Massen würden aufgewiegelt werden, bis sie in ihrer Hysterie Obad und seinen Männern williges Werkzeug waren.
    »Gut!« flüsterte Alac. »Dann hole die Mädchen an mein Lager!«
    »Wie du befiehlst, König.«
    Als er auf dem Weg zu den Gemächern der Prinzessinnen über die hohe Brustwehr schritt, warf er einen langen, nachdenklichen Blick auf die stille Stadt. Nur ab und zu wurde die Stille durch einen Ruf oder einen Schrei unterbrochen. Die Fieberseuche breitete sich aus wie Ringe in einem Tümpel, wenn ein Stein hineinfällt. Ebenso schnell und nicht weniger tödlich breiteten sich die Gerüchte und Hetzereien der Götzenpriester aus. Die Stadt, noch im Mond Hirsch ein Handelsmittelpunkt und ein Knotenpunkt für Karawanen aus fernen Ländern, starb genauso still wie viele ihrer Bewohner. Die Rauchsäulen der Herdfeuer wurden weniger von Tag zu Tag. Die Schreie der Verkäufer waren leiser geworden, dafür schwollen die langgezogenen Schreie der Klagenden an. Im Mond des Wildebers schien der Zorn der Götter seinen Höhepunkt erreicht zu haben – das behaupteten jedenfalls Obad und die Dunklen Wächter.
    Hinter dem halb vertrockneten Teich, dessen Zierfische dicht an der Wasseroberfläche nach Luft schnappten, unter den Wedeln der Palmen, die trocken und staubig raschelten, trat Partho in den Schatten des Sonnensegels.
    Er blieb stehen und rief leise: »Prinzessin Amee! Prinzessin Ada!«
    Er blieb vor der geschlossenen Tür aus schwarzem Holz, deren Aussparungen mit weißem Pergament bespannt waren, stehen. Die Tür ging auf, Prinzessin Ada blickte ihn erstaunt an. Dann, als sie sein Gesicht sah, begriff sie.
    »Euer Vater ist aufgewacht! Er wünscht euch beide zu sehen.«
    Die grünen Augen der jüngeren Schwester Amees forschten in seinem Gesicht, dann trat Ada zur Seite. Partho trat in das Gemach. Jedesmal, wenn er Amee sah, zuckte er zusammen. Sonnenstrahlen verwandelten ihr kastanienbraunes Haar in einen Helm aus Samt und Licht, als sie den Raum verließen und in den anderen Flügel des Palastes eilten.
    Zu dritt betraten sie kurze Zeit später den prächtigen Raum, in dem der König lag. Über dem Gold, den wertvollen Stoffen und den Waffen und Rüstungen an den Wänden schien eine Staubschicht zu liegen – alles wirkte gedämpft und stumpf. Nur die Augen des Königs waren lebendig und sahen den Eintretenden entgegen.
    »Kommt hierher!« flüsterte Alac. Sein Gesicht verfiel mehr und mehr. »Mir war, als hätte ich vorhin Lärm aus der Stadt gehört. Partho?«
    Partho nickte. »Die Dunklen Wächter hetzen das Volk auf. Vielleicht bringt Obad die Menschen dazu, den Palast zu stürmen.«
    Amee und Ada setzten sich zu beiden Seiten des Königs auf das Lager. Der Hauptmann blieb an dem lederüberzogenen Fußteil stehen. Schräg hinter ihm lehnte sich Agrion gegen die bespannte
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