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Drachentränen

Drachentränen

Titel: Drachentränen
Autoren: Dean R. Koontz
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mitten unter Wölfen befand, die viel übler waren als alles, womit sich ein Rotkäppchen herumschlagen musste. Doch selbst wenn so etwas zum Job gehörte, genoss man es trotzdem nicht.
    Oder vielleicht doch, wenn man Connie Gulliver hieß.
    Als Harry in gebeugter Haltung auf die Küchentür zustürzte, hörte er sie hinter sich. Ihre Füße klatschten, knirschten und quietschten auf dem Fußboden, während sie mit Volldampf angerast kam. Er wusste, wenn er sich zu ihr umdrehen würde, würde sie grinsen, ganz ähnlich wie der Wahnsinnige, der das Lokal zusammengeschossen hatte. Und obwohl er wusste, dass sie auf der Seite der Engel stand, beunruhigte ihn dieses Grinsen unweigerlich immer wieder.
    Er kam rutschend vor der Tür zum Stehen, trat dagegen und sprang sofort zur Seite, da er mit einem Kugelhagel als Antwort rechnete.
    Doch die Tür schlug nach innen, pendelte wieder zurück, und es kamen keine Schüsse. Als sie dann wieder nach innen schwang, preschte Connie an ihm vorbei und sauste mit der Tür in die Küche. Leise vor sich hin fluchend folgte er ihr. Das war überhaupt die einzige Art, wie er fluchte.
    In der feuchten, Klaustrophobie erzeugenden Enge der Küche brutzelten Hamburger auf einem Grill, und in einer Friteuse brodelte Fett. Auf einem Herd standen Töpfe mit kochendem Wasser. Gasöfen quietschten und knackten von der extremen Hitze, die in ihnen herrschte, und eine Batterie von Mikrowellenherden summte leise vor sich hin.
    Ein halbes Dutzend Köche und sonstige Angestellte, alle mit weißen Hosen und T-Shirts bekleidet, die Haare unter mit Bändern zusammengebundenen Hauben verborgen, standen oder kauerten totenbleich inmitten der kulinarischen Gerätschaften. Sie waren dermaßen in Dampfschwaden und den Qualm von bratendem Fleisch gehüllt, dass sie eher wie Geister als wie richtige Menschen wirkten. Fast synchron wandten sie sich nach Connie und Harry um.
    »Wo?« flüsterte Harry.
    Einer der Angestellten deutete auf eine halboffene Tür hinten in der Küche.
    Harry ging als erster durch einen schmalen Gang, an dessen linker Seite ein Regal voller Töpfe und sonstiger Utensilien entlanglief. Rechts standen eine Reihe von Hackblöcken, eine Maschine, die geschälte Kartoffeln in rohe Pommes frites schnitt, und eine andere, die Salat raspelte.
    Der Gang führte in einen offenen Raum mit tiefen Spülbecken und Hochleistungsspülmaschinen, die links an der Wand standen. Die halboffene Tür war etwa sechs Meter vor ihnen, an den Spülbecken vorbei.
    Connie schloss fast zu ihm auf, während sie auf die Tür zugingen. Sie hielt jedoch genügend Abstand, um sicherzustellen, dass sie nicht beide von einem einzigen Schuss außer Gefecht gesetzt würden.
    Das Dunkel hinter der Türschwelle beunruhigte Harry. Wahrscheinlich befand sich dort ein fensterloser Lagerraum. Der lächelnde Schurke mit dem Mondgesicht würde sogar noch gefährlicher sein, wenn er in die Enge getrieben war.
    Nachdem sie sich auf beiden Seiten der Tür postiert hatten, zögerten sie und dachten einen Augenblick nach. Harry hätte am liebsten noch einen halben Tag lang nachgedacht und dem Kerl genügend Zeit gegeben, da drinnen zu schmoren. Doch so lief das nicht. Von Cops erwartete man, dass sie eher agierten als reagierten. Falls der Lagerraum einen Ausgang hatte, würde außerdem jedes Zögern auf ihrer Seite dem Kerl ermöglichen zu entkommen.
    Wenn man zudem Connie Gulliver als Partner hatte, konnte man sich den Luxus, zu trödeln oder zu grübeln, schon gar nicht leisten. Sie verhielt sich zwar nie leichtsinnig, sondern immer professionell und vorsichtig, doch sie war so schnell und aggressiv, dass man manchmal den Eindruck hatte, sie sei über eine SWAT-Mannschaft zur Mordkommission gekommen.
    Connie schnappte sich einen Besen, der an der Wand lehnte. Sie griff ihn ziemlich weit unten und stieß mit dem Stiel gegen die halboffene Tür, die mit einem lang gezogenen Quietschen nach innen schwang. Als die Tür ganz auf war, warf sie den Besen zur Seite. Er klapperte wie alte Knochen auf dem Fliesenboden.
    Sie sahen sich von beiden Seiten des Türrahmens angespannt an.
    Im Lagerraum herrschte Stille.
    Ohne das Risiko einzugehen, sich dem Kerl zu präsentieren, konnte Harry nur einen schmalen, dunklen Keil jenseits der Türschwelle sehen.
    Man hörte nur das Blubbern und Zischen der Töpfe und Friteusen in der Küche und das Surren der Ventilatoren über ihnen.
    Nachdem Harrys Augen sich an das Dunkel jenseits der Tür gewöhnt
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