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Drachentochter

Drachentochter

Titel: Drachentochter
Autoren: Alison Goodman
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los.«
    »Wir haben hier noch etwas zu erledigen«, sagte Ryko, stemmte sich auf die Knie und zog das Schwert des toten Soldaten zu sich heran.
    »Nein!« Ich hielt der rachsüchtigen Härte im Blick des In sulaners stand. »Ich besitze ihre Macht, Ryko – ich habe den Spiegeldrachen gerufen.« Staunen lag in meiner Stimme. Ja, ich hatte mich mit meinem Drachen vereint! Doch jetzt war nicht der richtige Moment, um sich darüber zu freuen. »Wir können dem Perlenkaiser und dem Widerstand noch immer helfen. Aber nicht, wenn Sethon uns gefangen nimmt. Deshalb verschwinden wir, und zwar jetzt!«
    »Ihr habt ihre Macht?« Seine Wut wandte sich gegen mich. »Ist das wahr?« Er blickte Lady Dela an, um meine Worte von ihr bestätigt zu bekommen. »Habt Ihr den Namen gefunden?«
    Sie nickte und ein Lächeln trat auf ihr verschmutztes und blutverschmiertes Gesicht.
    Rykos Miene hellte sich kurz auf, verdüsterte sich aber gleich wieder. »Ihr habt recht – wir müssen verschwinden.« Müde grub er seine Schwertspitze in einen Riss im Boden, um sich an seiner Waffe aufzurichten.
    Ido krümmte sich erneut, denn das Zittern hatte wieder von ihm Besitz ergriffen. Seinen kräftigen Körper so schwach zu sehen, erschreckte mich. Doch tief unter meinem Mitgefühl rührte sich eine dunkle Freude. Meine Macht hatte Lord Ido in die Knie gezwungen!
    Ich hielt die Reste des Gewands vor meinem Körper zusammen und machte mich auf den Weg zum Gitter. Schon beim ersten Schritt merkte ich, dass sich etwas Grundsätzliches verändert hatte: Meine kaputte Hüfte schob sich in einem perfekten Zusammenspiel von Knochen, Muskeln und Sehnen nach vorne. Ich spürte keinen Schmerz und ging ohne jede Unbeholfenheit. Verwirrt blieb ich stehen und machte dann einen weiteren größeren Schritt, der früher zu einem Humpeln geraten wäre, mir nun aber ganz mühelos gelang. Ich riss den Saum meines Gewands zurück und berührte die bleiche Haut über der Hüfte. Sie war ganz glatt. Keine Narbe. Ich war wieder ganz. Ein Lachen entfuhr mir: Mein Drache hatte auch mich geheilt!
    »Was gibt’s?«, fragte Lady Dela. »Seid Ihr verletzt?«
    »Nein«, erwiderte ich. »Meine Hüfte ist geheilt!« Ich strich erneut über die glatte Haut an Taille, Becken und Schenkel.
    »Geheilt? Durch Eure Drachenkraft?«
    Ich nickte und war dabei nicht weniger erstaunt als sie. Ich war frei. War kein Krüppel mehr. Nicht länger unberührbar. Ich war stark und mächtig. Ich lief einige Schritte, sprang nach vorn und fand mein Gleichgewicht so schnell und selbstverständlich wieder, dass ich innerlich frohlockte. Im nächsten Moment jedoch unterbrachen ferne Schreie meine Begeisterung. Der Soldat hatte Alarm geschlagen, und ich hatte keine Zeit, meinen neuen Körper zu genießen. Noch nicht. Ich hockte mich vor das Gitter, lächelte darüber, wie leicht mir das fiel, und schob rasch den Schutt und die Steine beiseite, die sich davor gesammelt hatten. Als ich die Finger um die Gitterstäbe legte, fiel mir auf, dass ich mich auch kräftiger fühlte. Verdankte ich diese neue Energie auch dem Band zwischen ihr und mir? Ich lächelte – schon der bloße Gedanke an den roten Drachen ließ mich innerlich jubeln und erweckte in mir den Wunsch, ihren Namen zu rufen. Unseren Namen. Ich wuchtete das Gitter aus seiner Nische und setzte es vorsichtig auf den Boden.
    »Das ist für meine Hand«, sagte Ryko.
    Nicht so sehr die Worte, sondern ihr Ton ließ mich herumfahren. Der Insulaner stand vor Ido und zielte mit dem Heft seines Schwertes auf den gesenkten Kopf des Drachenauges.
    »Ich verstehe«, sagte Ido und schloss die Augen.
    Mit wüstem Ruck rammte Ryko ihm den Schwertgriff ins Gesicht und die Wucht seines eigenen Hiebs ließ ihn schwanken. Ido sank zu Boden und drückte die Hände an die Stirn. Er gab keinen Ton von sich, sondern wand sich nur vor Schmerz, während das Blut zwischen seinen Fingerknöcheln hervorsickerte.
    Ich stand kreidebleich da. »Ryko! Hör auf!«
    Der Insulaner atmete tief aus. »Jetzt können wir gehen.« Er ließ sein Schwert fallen.
    Lady Dela kam zu mir herüber. Auf dem unverletzten Arm trug sie einen Haufen smaragdgrüner Seide.
    »Lasst es gut sein«, sagte sie zu mir und stellte sich zwischen mich und Ryko. »Er versucht nur, Eurem Befehl zu folgen und ihn nicht umzubringen.«
    Ihr mahnender Unterton entging mir nicht und ich nickte.
    »Habt Ihr das rote Buch noch?«, fragte ich.
    Sie klopfte sanft auf ihren Brustharnisch. »Hier ist es sicher
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