Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder des Universums

Die Kinder des Universums

Titel: Die Kinder des Universums
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
Kapitel Eins
Onkel – Wer?
    I ch wusste gar nicht, dass wir einen Onkel Grigorian haben“, sagte Fritz Price.
    „Es ist auch ein merkwürdiger Name“, meinte seine Zwillingsschwester Helen. „Bist du sicher, dass du ihn richtig verstanden hast, Tubs?“
    „Nenn mich nicht Tubs!“, sagte Tubs.
    Die Zwillinge Helen und Fritz saßen auf der niedrigen Ziegelmauer vor der Fassade von Sunnyview, dem von Mrs Price geführten Gästehaus am Meer. Das Haus hatte trotz seines Namens eigentlich gar keine Aussicht, es sei denn, man zählte die Reihe von Gästehäusern auf der anderen Straßenseite mit. Wenigstens war es sonnig – es war Ende Juli, mitten im Sommer.
    Sie hatten soeben zu Mittag gegessen, und während sie überlegten, was sie mit dem Rest des Tages anfangen sollten, beobachteten sie die vorfahrenden Neuankömmlinge, die ihre Wagen bis zum Dachgepäckträger vollgeladen hatten mit Koffern, Klappstühlen, Thermoskannen, Eimern und Schaufeln.
    Eigentlich hatten Helen und Fritz nach einer Möglichkeit gesucht, wie sie Tubs für den Rest des Tages aus dem Weg gehen konnten. Er war ihr Cousin, hießeigentlich Jonathan, und war drei Jahre jünger als sie selbst und, wie Fritz nicht müde wurde zu betonen, eine richtige Klette eben, ein kleines fettes Ärgernis. Es war jedes Mal das Gleiche, wenn er in den Sommerferien nach Sunnyview auf Urlaub kam. Zuerst gaben sich die Zwillinge die größte nur erdenkliche Mühe und waren nett zu ihm, nahmen ihn abends mit zum Schwimmen, wenn der Strand weniger überfüllt war, schlossen ihn in ihre Kricketspiele bei Sonnenschein ein und beim Monopoly, wenn es draußen regnete, und zeigten ihm ihr geheimes Versteck im Brombeergestrüpp auf dem Weg über die Klippen, von dem aus man die Kaninchen beobachten konnte.
    Dann – nach ein paar Tagen – wurde ihnen seine kindliche Art zuviel und sie versuchten, ihn zu ignorieren. Was jedes Mal dazu führte, dass er mit lauter, schrill klagender Stimme verlangte, bei allem dabei zu sein, und darin endete, dass die Zwillinge ihm zu entkommen trachteten.
    Genau das hatten sie auch diesmal geplant, als er aus dem Haus gekommen war – nachdem er wie üblich länger für sein Mittagessen gebraucht hatte als jeder andere und verkündet hatte, dass Onkel Grigorian im Anmarsch sei. Und wie die meisten ihrer Unterhaltungen mit Tubs führte auch diese schnell zu einem Streit wegen seines Spitznamens.

    „Mein Name ist Jonathan“, sagte Tubs fordernd.
    „Fritz heißt mit richtigem Namen Richard“, sagte Helen. „Er beschwert sich auch nicht.“ Fritz hatte ein Büschel Haare über der Stirn, das steil in die Luft ragte, ganz gleich, wie sehr er sich bemühte, es zu bändigen. Er mochte seinen Spitznamen nicht, doch er war alt genug, um zu wissen, dass die Leute sich erst recht in eine Sache hineinsteigerten, wenn man Aufhebens darum machte.
    Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er Stunden vor dem Spiegel verbracht in dem Bemühen, sein Haar mit Bürste, Wasser und Gel zu glätten – nichts hatte funktioniert. Heutzutage trug er die Haare an den Seiten ziemlich lang, mit diesem hochstehenden Büschel vorn sah er ein wenig aus wie der junge Sänger Rod Stewart und das gefiel ihm.
    „Außerdem kann ich nichts für meine Haare“, sagte Fritz. „Aber du könntest ein wenig von deinem Babyspeck loswerden.“
    „Das mag sein, wie es will“, sagte Tubs hochnäsig. „Ich hab jetzt nämlich einen anderen Spitznamen.“
    „Ach ja?“
    „Ja. Ich bin jetzt Ringo Kid.“ Bei diesen Worten zog Tubs einen imaginären Revolver aus einem nicht vorhandenen Halfter, tat so als ob er auf seinen Cousin und seine Cousine schoss und galoppierte auf einem imaginären Pferd zurück ins Haus.
    „Du lieber Himmel, noch fünf Wochen davon“, stöhnte Fritz.
    „Komm, wir versuchen mehr über diesen Onkel in Erfahrung zu bringen“, schlug Helen vor.
    Sie sprangen von der Mauer und durchquerten den Vorgarten, der eigentlich kein Garten war, sondern ein Parkplatz für die Gäste. Das Haus war voll mit Sommerfrischlern, sie kamen und gingen mit ihrem Gepäck, suchten Toiletten, das Fernsehzimmer, den Speisesaal. Die Zwillinge fanden ihre Mutter oben in einem der Zimmer, wo sie ein Bett richtete.
    Sie trug einen Nylon-Pullover und Hosen, was sie unscheinbar wirken ließ. Wenn sie sich zurechtmachte und ein wenig Make-up auflegte, sah sie überraschend attraktiv aus. Sie sagte immer, sie wäre einundzwanzig, was Fritz für sehr albern hielt, weil jeder sehen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher