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Drachentochter

Drachentochter

Titel: Drachentochter
Autoren: Alison Goodman
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hatten, war viel, sehr viel geschehen. Nun waren die arme Lady tot und ihr kleines Kind dahingemetzelt, und ihr älterer Sohn, der Perlenkaiser, floh um sein Leben. Ich sandte ein weiteres Stoßgebet zu den Göttern: Bitte sorgt für seine Sicherheit!
    Wir schleppten uns weiter, sahen im schwachen Schein der Lampe aber stets nur die nächsten paar Schritte weit. Der prächtige blaue Gang zog sich endlos hin. So flach Ryko auch atmete: Er röchelte laut und schleimig und Lady Delas Hand ruhte schwer auf meiner anderen Schulter. Meine frisch gewonnene Energie begann nachzulassen. Dann war der Teppich plötzlich zu Ende. Ich hob die Lampe, und der Anblick des rohen Steinbodens und die nahe Kurve vor uns erfüllten mich mit einer solchen Erleichterung, dass mir schwindelte.
    Der Eingang war angelegt wie alle anderen. Wir stiegen eine steile Treppe hoch und drückten das Gitter hinaus. Ich führte Ryko und Lady Dela durch eine kleine Öffnung und schlich hinter ihnen in ein Deckung gewährendes Gebüsch. Wir waren am Fluss, außerhalb des Drachenrings. Dunkle Wolken verdeckten den Mond, oder vielleicht war es der Rauch, der vom Schlachtfeld aufstieg. Es roch nach Feuer und Angst. Rechts von uns befand sich ein kleiner Pier, an dem die kaiserlichen Boote lagen und auf die Konkubinen warteten, die nie mehr kommen würden. Ryko wies mit dem Kopf nach links auf eine Landzunge, die fast versteckt hinter einem Saum hübscher Uferbäume lag. Wir humpelten darauf zu. Ryko fuhr sich mit der Zunge über die ausgedörrten Lippen und stieß den leisen Vogelschrei aus, mit dem er Solly gerufen hatte. Eine Gestalt trat hinter den mächtigen, tief herunterhängenden Ästen hervor.
    »Tozay?«, flüsterte Ryko.
    Der stämmige Mann kam zu uns gelaufen und fing den erschlafften Ryko auf, der ihm entgegengestolpert war.
    Mit staunenswerter Leichtigkeit drehte er den Insulaner zu einem kleinen Ruderboot herum, das am Ufer wartete und in dem eine weitere, nur schemenhaft erkennbare Gestalt saß. »Komm«, flüsterte er, »wir müssen uns beeilen, oder die Gezeiten sind uns nicht mehr günstig.«
    Ich legte mir Lady Delas Arm über die Schulter und stützte sie, während wir das flache Ufer hinunterschlitterten.
    Als Meister Tozay Ryko seinem Helfer übergab, brach der Mond endlich durch die Wolken und ließ mich den Mann besser sehen, den ich – in einem anderen Leben, wie es schien – auf der Straße getroffen hatte. Die letzten Wochen hatten die Falten im Gesicht des Meisterfischers noch tiefer werden lassen. Er fing Lady Dela auf, als sie auf ihn zustolperte, und hob sie in das kleine Boot. Dann wandte er sich mir zu, nahm mir Kinras Schwerter, die ich fest umklammert hielt, vorsichtig ab und gab sie seinem Helfer. Ich strich mir das Haar zurück und begegnete seinem wortlos musternden Blick.
    »Seid gegrüßt, Meister Tozay«, sagte ich.
    Er nickte mir zu. »Lord Eon.« Er ließ ein grimmiges Lächeln aufblitzen und streckte die Hand aus, um mir ins Boot zu helfen, das er mit einem Fuß still hielt. »Also hatte doch ein Drache Verstand genug, Euch zu erwählen, Mylord.«
    »Ja, das hatte sie«, erwiderte ich.
    Er bekam große Augen. »Sie?«
    »Ja.« Ich ergriff seine Hand und stieg ins Boot. »Aber ich bin nicht Lord Eon. Nicht mehr. Ich bin Eona, das Spiegeldrachenauge.« Ich sah zu dem schwarzen Rauch empor, der über dem Palast und den Hallen der Drachenaugen hing, und wandte mich dann wieder dem verblüfften Mann neben mir zu. »Und ich möchte mich Eurem Widerstand anschließen.«

 
     
     
     
HINWEIS DER VERFASSERIN
     
    Das Reich der Himmlischen Drachen ist kein wirkliches Land, keine reale Zivilisation. Es ist eine Fantasy-Welt, die ihre Anregungen zunächst aus der Geschichte und Kultur Chinas und Japans bezog, aber schnell zu einem Land der Fantasie wurde, dessen Darstellung keinen Anspruch auf historische oder kulturelle Treue erhebt. Nichtsdestotrotz habe ich viele Aspekte alter und moderner Zivilisationen erforscht und sie als Grundlage verwendet, um das Reich und die Drachen zu erfinden. Wer an dieser Forschungsreise interessiert ist, findet einige meiner Lieblingsentdeckungen und eine Liste von Büchern, die ich in diesem Zusammenhang gern gelesen habe, auf meiner Website www.alisongoodman.com.au .

 
     
     
     
DANKSAGUNG
     
    Ich möchte folgenden Menschen danken: Ron, meinem wundervollen Mann; Karen McKenzie, meiner besten Freundin und Schreibschwester im Geiste; Charmaine und Doug Goodman, meinen Eltern, die
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