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Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)

Titel: Drachenspeise: 1 (Ein Märchen für große Mädchen) (German Edition)
Autoren: Alice Alderwood
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Tuch fest um ihren nackten Körper wickelten. Von der Tür her war das Knirschen des Schlüssels zu hören, der Raum der Erwartung war natürlich abgeschlossen. Ein zögerliches Klopfen folgte, die Tür wurde einen Spalt weit aufgeschoben.
    Die Hofdamen knicksten tief, als sie erkannten, wer dort in der Tür stand.
    »Tretet ruhig ein, mein Prinz! Eure Schwester ist züchtig bedeckt!«
    Züchtig bedeckt? Janica wäre beinahe von ihrer Ruhestatt gerollt. Sie war nicht züchtig bedeckt, sondern eingewickelt wie eine Mumie! Im Augenblick konnte sie nicht einmal einen Finger rühren!
    Ferinic trat vor den Diwan und sah schweigend auf Janica herab.
    »Wird Vater noch einmal zu mir kommen?«, fragte sie kläglich. Ferinic schüttelte den Kopf.
    »Du hast ihn tief verletzt, Janica! Im nächsten Jahr wollte er dich dem ältesten Sohn des Nordherrschers zur Frau geben. Du bist jetzt zwanzig Jahre alt, es war längst an der Zeit, einen Ehemann für dich auszuwählen. Diese Verbindung hätte unsere beiden Reiche im Kampf gegen die Banditen aus den Sandebenen der Mittelwüste verbünden können. Aber du musstest ja unbedingt die große Heldin spielen!«
    »Woher sollte ich denn wissen, dass ausgerechnet mein Los gezogen wird!« Janica schniefte ein bisschen. »Gerun kann nichts dafür, hörst du? Versprich mir, dass du sie nicht bestrafst!«
    »Sie hätte die Hülse nicht so achtlos herumliegen lassen dürfen! Aber ich kann dir getrost versprechen, dass ich sie deswegen nicht belange!« Ferinic lächelte Janica an, aber seine Augen blieben klar und kalt wie Eis dabei. Um nichts in der Welt würde er seiner Schwester sagen, dass Gerun nur wenige Schritte vom Raum der Erwartung entfernt im Stroh einer Kerkerzelle kauerte und sich die Augen aus dem Kopf heulte.
    »Danke!«, hauchte sie und schloss die Augen. Als sie ihre Lider wieder hob, war ihr Bruder verschwunden. Die Hofdamen lüpften endlich das Laken und begannen, eine nach Blüten duftende Lotion in Janicas Haut einzuwalken. Sie wollte schon fragen, ob dem Drachen eine nach Parfüm schmeckende Mahlzeit wohl zusagen würde, biss sich dann aber noch rechtzeitig auf die Zunge. Sie vergaß immer wieder, dass sie nur noch einige Stunden zu leben hatte. Da kam jede Annehmlichkeit recht. Sie konzentrierte sich auf die Hände der Frauen, die auf ihrem Körper kreisten und drängte den Gedanken an das Ungeheuer, das seine Zähne allzu bald in ihr Fleisch schlagen würde, weit von sich. Beinahe wäre ihr das auch gelungen, die Schatten friedlichen Dämmerschlafes legten sich schon auf ihr Bewusstsein. Wenn es denn nicht schon wieder an der Tür gepocht hätte!
    »Beeilt euch! Der Priester will noch zu Ihrer Hoheit, der Prinzessin, und dann müssen wir auch aufbrechen!«
    Das war die Stimme Nadifs, des Wachkommandanten. Die Leibwache des Königs würde das Drachenopfer zu den Himmelsbergen geleiten. Ob Nadif Gerun zur Frau nehmen durfte? Von ihren Aufgaben als Zofe der Prinzessin war Gerun ja nun entbunden. Keine Prinzessin, keine Zofe, so einfach war das. Und Ferinic hatte ihr versprochen, dass Gerun nicht büßen musste für Janicas Untat! Mit einem bedauernden Seufzer quittierte die Prinzessin, dass die Hofdamen aufhörten, ihre nackte Haut zu massieren.
    »Prinzessin, Ihr müsst jetzt das Kleid anziehen!«, sagte eine von ihnen leise. Janica erhob sich gehorsam, und die Frauen zogen ihr das Gewand über den Kopf, als wäre sie eine lebensgroße Puppe. Der Stoff fühlte sich weich und angenehm an, trotzdem war es merkwürdig, kein Unterkleid zu tragen. Locker umhüllte das zarte Gewebe ihren Körper, und im Gegensatz zu den üblichen Kleidern wurde es nicht im Rücken geschnürt, sondern mit großen Bändern über Brust und Bauch zusammengebunden. Skeptisch betrachtete Janica die lockeren Schleifen.
    »Wird mir dieses Gewand auch nicht vom Leib fallen? Es fühlt sich so ... ungewöhnlich an!«
    »Bis zu den Himmelsbergen gewiss nicht, Hoheit!«, murmelte eine der Hofdamen mit gesenktem Kopf, während die andere zur Tür eilte, um den Priester einzulassen.
     
    Janica mochte den Hofpriester nicht. Der kleine fette Mann behauptete, mit den Göttern reden zu können. Zu diesem Zweck füllte er Unmengen von Wein aus dem königlichen Keller in sich hinein. Heute schien er jedoch einigermaßen nüchtern zu sein, er stolperte nicht über seine nachtblaue Robe, als er den Raum betrat. Mit theatralischer Geste schob er sich die Kapuze vom kahlgeschorenen Kopf.
    »Mein liebes Kind!« Er legte
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