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Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix

Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix

Titel: Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix
Autoren: Joanne Bertin
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Blitzen, und drückte gegen das Kind an, das in ihrem Leib festsaß. Sie preßte und preßte abermals. Nichts geschah. Sie sank in erschöpfter Verzweiflung in die schweißdurchtränkten Laken zurück.
    Sie starb. Sie wußte das. Sie würde sterben und ihr Kind mit in den Tod nehmen. Verzeih mir, mein Sohn.
    Rasche Schritte fanden den Weg durch den Nebel, der sie umgab. Dem Phönix sei Dank – endlich kam die Hebamme! Ein wenig Hoffnung kehrte zurück.
    Shei-Luin riß sich vom Rand der Finsternis zurück und zwang sich, zur Tür zu schauen.
    Aber nein. Das hier war nicht die kräftige, vertrauenswürdige Frau, die sie noch gestern besucht hatte. Das hier war ein verängstigtes Mädchen, ihrer Kleidung nach zu schließen eine der Küchenhelferinnen, die mit einer Botschaft an den einzigen Ort geschickt worden war, den kein männliches Wesen -nicht einmal ein Eunuch – betreten durfte: ein kaiserliches Geburtszimmer.
    Das Kind plapperte etwas und keuchte zwischen den Worten. Zunächst konnte Shei-Luin ihren barbarischen Dorfakzent kaum verstehen. Dann begriff sie, und nur die Erschöpfung hielt sie davon ab, ihre Angst laut herauszuschreien.
    »Die Brücke – weggerissen!«
    Shei-Luin ergab sich dem Tod. Der Phönixpavillon stand auf einer Insel inmitten eines Sees. Der einzige Zugang war die Brücke, die sich vom Ufer zu dem hübschen Kiesstrand streckte, der die Insel umgab. Da es nicht so aussah, als würde das Kind bald zur Welt kommen, hatte sich die Hebamme am vergangenen Abend in das Dorf auf dem Festland zurückgezogen, wohin alle außer einer kleinen, ausgewählten Gruppe von Dienern über Nacht gingen. Shei-Luin verfluchte die Tradition, die das vorschrieb.
    Die Brücke war weg. Und keine kleine Nußschale von einem Boot konnte diesen Sturm überstehen. Es würde keine Hilfe für sie geben.
    Wie um das zu unterstreichen, brüllte der Himmel abermals auf. Die Zofen schrien entsetzt. Dann bewegte sich der Boden wie eine Schlange.
    »Der Phönix ist zornig!« rief jemand. »Lauft! Lauft, bevor das Haus einstürzt!«
    Ein Lichtblitz beleuchtete das Zimmer selbst durch die geschlossenen Läden. Shei-Luin sah, wie die Zofen einander bei dem Versuch, nach draußen zu gelangen, umrannten. Einen Augenblick später waren nur sie und Tsiaa noch anwesend.
    Wieder starrte Shei-Luin ihre Zofe an. Sie spuckte den Seidenstreifen aus dem Mund. »Tsiaa«, flehte sie. Ihre Stimme war nur noch ein abgehacktes Flüstern. Mehr konnte sie nicht hervorbringen. »Hilf mir.«
    »Herrin«, sagte Tsiaa. »Ich werde tun, was ich kann.«
    Nira Pah-ko saß auf seinem Thron in der großen Halle des Eisentempels und nahm die Ehrerbietung der Pilger entgegen, die den langen und gefährlichen Weg zum Kajhenral zurückgelegt hatten. Die Pilger – überwiegend Männer, aber auch ein paar Frauen – knieten in einer Reihe vor ihm und rezitierten die tausend Lobgesänge des Wächters, berührten bei jedem Vers mit der Stirn den Boden.
    »Heiliger, Ihr seid der Fels, auf dem das Kaiserreich ruht. Wir preisen Euch.«
    Pah-ko verlagerte leicht das Gewicht auf dem goldenen Thron, einer kleineren Version des gewaltigen Phönixthrons, den bei Todesstrafe nur der Kaiser benutzen durfte. Wie immer saß Hodai, der sich nun überwiegend erholt hatte, zu seinen Füßen. Er war an dem Tag zusammengebrochen, als Haoro aus seiner langen Krankheit erwachte; Pah-ko nahm an, der Schock darüber, jemanden, den alle schon verloren geglaubt hatten, ins Leben zurückkehren zu sehen, sei zuviel für den Jungen gewesen. Nun ging es Hodai besser, aber der Junge war immer noch zu bleich und ermüdete zu rasch. Pah-ko warf einen besorgten Blick auf den müde geneigten, dunklen Kopf und wünschte, die Pilger würden sich beeilen.
    »Heiliger, Ihr seid die Kraft Jehanglans. Wir …«
    Der Gesang riß ab, als Hodai den Kopf hob und mit den Händen in die Luft krallte.
    »Aaaiiiiihhh«, jammerte er wie eine gequälte Seele. »Aaaiii-ihhh«, wieder und wieder und wieder.
    Es war die Stimme des Phönix.
    Die Qual schien kein Ende zu nehmen. Schwach hörte Shei-Luin, wie Tsiaa nach ihr rief, sie ermutigte, sie verfluchte, weil sie aufgab. Tsiaas Stimme war alles, was Shei-Luin noch mit dieser Welt verband. Sie klammerte sich an die Stimme und verstand kaum die Worte.
    Hin und wieder bebte der Boden. Es schien, daß der Phönix immer noch zornig war. Aber die Mauern stürzten nicht ein und zerschmetterten sie zur Strafe für ihre Ketzerei.
    Shei-Luin fühlte sich dadurch
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