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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition)
Autoren: Naomi Novik
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rechnen war, von seiner Regierung loszusagen. Laurence hatte den Verdacht, dass MacArthurs Gefühle hinsichtlich seiner Loyalität wohl etwas dehnbarer ausfallen würden, falls die Minister sich dann nicht entschieden hätten, seine
neue Position als selbsternannter Erster Minister von Australien anzuerkennen.
    »Nun denn«, sagte MacArthur. »Dieser Rankin: Ich weiß nicht, wie dieser Bursche weiter das Kommando über unsere kleine Luftstreitmacht innehaben kann …«
    »Ich wäre überrascht, wenn es Ihnen überhaupt gelingen würde, ihn dazu zu überreden, diesen Posten anzunehmen«, entgegnete Laurence trocken. Er hatte eigentlich erwartet, dass Rankin zusammen mit Macquarie nach England zurückkehren würde. Anders als Bligh hatte dieser abgesetzte Gouverneur nicht die Absicht gehabt, noch zu bleiben.
    »Tja, nun, dann haben Sie tatsächlich allen Grund, überrascht zu sein«, sagte MacArthur. »Er ist ein wenig halsstarrig, das lässt sich nicht abstreiten, aber sein Drache hat einen vernünftigen Charakter. Wie ich herausgefunden habe, funktioniert es recht gut, wenn ich mich vor jeder beliebigen Verhandlung mit seinem Kapitän erst mit seinem Drachen auf ein kurzes Gespräch unter vier Augen treffe. Doch es wäre sinnlos, unter diesen Voraussetzungen Rankin zum Kommandanten des Stützpunktes zu ernennen. Unter den augenblicklichen Umständen sind Sie der Mann, den wir für diese Aufgabe gewinnen wollen. Ich habe Ihnen eine Begnadigung ausgestellt. Natürlich mag das nicht ganz dem üblichen Verfahren entsprechen, aber fürs Erste muss das ausreichen …«
    »Sir«, antwortete Laurence, »ich bin Ihnen zu Dank verpflichtet – auch wenn ich sagen muss, dass ein solches Vorgehen mehr als ein wenig ungewöhnlich ist.«
    »Nun«, sagte MacArthur, der mit der Hand wedelte, als sei das unwichtige Haarspalterei. »Wir sind hier alle mehr oder weniger ungewöhnlich, und es wird noch eine ganze Weile dauern, bevor wir es uns leisten können, auf andere Weise zu verfahren. Sir, ich denke nicht, dass Sie tatenlos in der Ecke herumsitzen wollen, bis wir eine Antwort aus England erhalten haben. Sie sind einfach nicht dafür
geschaffen, in einer vergessenen Ecke der Welt zu vermodern. Und warum sollten Sie auch? Sie wurden schließlich mit der Absicht hierher geschickt, für die Kolonie zu arbeiten. Wie das in irgendeiner Weise den Bedingungen Ihrer Deportation widersprechen sollte, wüsste ich wirklich nicht.«
    Es lag schon eine besondere Form von Unverfrorenheit darin zu behaupten, dass Laurence’ lebenslange Strafe wegen Verrats die Übernahme des Kommandos über den jungen Stützpunkt und seine Flieger nicht ausschließen sollte. Eben die Sorte von Unverfrorenheit, die nicht nur zu einem, sondern gleich zu zwei unterschiedlichen Staatsstreichen geführt hatte. Beinahe war Laurence überzeugt: Was ihre Geisteshaltung anging, waren MacArthur und Bonaparte aus demselben Holz geschnitzt, auch wenn sie nicht die gleichen Begabungen besaßen.
    »Und ich komme auch nicht umhin festzustellen«, fuhr MacArthur fort, »dass Sie mit aller Wahrscheinlichkeit in dieser ganzen chinesischen Angelegenheit verdammt nützlich sein werden. Es ist ganz offensichtlich, wie bemerkenswert umgänglich diese Burschen werden, sobald sie Ihnen und Ihrem Drachen hier gegenüberstehen.«
    MacArthur bezog sich auf die Reaktion zweier junger chinesischer Beamter, die in der letzten Woche in die Kolonie gebracht worden waren, um eine Einladung zu Verhandlungen über territoriale Fragen zu überbringen. Temeraire hatte es auf seine Bitte hin geschafft, Lung Shen Gai abzufangen, jenen Drachen, der zuvor so nahe bei Sydney gesichtet worden war. Bei dieser Gelegenheit hatte MacArthur erläutert, dass die vorherrschende Meinung unter seinen Bürgern mit einer großen Begeisterung über die Möglichkeit verbunden sei, demnächst chinesische Handelswaren in beträchtlicher Zahl auf ihren Märkten vorzufinden. Freihandel war das Schlagwort auf den Lippen aller Männer, die ihre Meinung äußerten, und das tat jeder. Durch O’Deas Beschreibungen waren die Nachrichten über
die wertvolle Fracht, die von den Schlangen im Norden mitgebracht worden war, längst unter einem großen Teil der Bevölkerung verbreitet worden. Jede Nacht erzählte er sie aufs Neue in den Tavernen und sicherte sich so seinen Grog, wobei die Aufzählungen im Verlauf der Wiederholungen nie an Anziehungskraft verloren, sondern eher hinzugewannen.
    »Falls Ihnen nichts daran liegt,
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