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Drachenei

Drachenei

Titel: Drachenei
Autoren: Robert L. Forward
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Sie waren unterschiedlich. Erstens einmal war das Geräusch vor ein paar Monaten auffallend schwächer gewesen (obwohl das durch ein immer schwächer werdendes Stück der Ausrüstung oder der Isolation erklärt werden konnte), zweitens hatte es sich außerdem der Punkt verschoben. Jacqueline zog eine noch ältere Rolle hervor und überprüfte ihre Überlegungen. Hier war das Störgeräusch sehr schwach. Sie erinnerte sich auch, dass der Computer keine Schwierigkeiten gehabt hatte, aus diesen Daten ein sauberes, ordentliches Spektrum zu gewinnen, weil die Spektralenergie in dem Geräusch so gering gewesen war. Doch auch hier stellte sie eine Verschiebung des Scheitelpunkts der Kurve fest.
    » Da liegt der eine Fall vor, in dem die Zahlen zermalmende Objektivität des Computers den sehr subjektiven menschlichen Händen und Augen um Größenordnungen überlegen ist. Also zurück an den Computer, Jacqueline«, sagte sie zu sich selbst. » Aber zuerst musst du von dem alten Knautschgesicht noch weitere Computerzeit bewilligt bekommen.«
    Jacqueline überquerte den Campus zum Raumphysik-Gebäude. Gebaut in der Zeit, als die Raumforschung noch einen bedeutenden Teil im Haushalt eines Staates ausmachte, war es das heute nur noch dem Namen nach. Der Raumforschung waren nur noch die Computerräume im Keller und die Büros im Erdgeschoss geblieben. Die übrigen Stockwerke hatten die graduierten Studenten der Sozialwissenschaften übernommen. Wäre es den Jet Propulsion Laboratories ( JPL ) des CalTech nicht gelungen, die NASA , die Europäer und die Russen dazu zu überreden, ihre dahinschwindenden nationalen Raumforschungsbudgets zur Unterstützung eines einzigen internationalen Raumforschungszentrums mit einem einzigen Raum-Netzwerk zusammenzulegen, dann würde es überhaupt keine Erforschung des Alls mehr geben.
    Die Amerikaner hatten die Finanzierung von Raumsonden eingestellt, und die europäische Raumforschung war nach dem Verlust des Raumlaboratoriums in sich herumstreitende Fraktionen auseinandergebrochen. Daraufhin hatten die russischen Planer, die keine sichtbare Konkurrenz mehr hatten, ihren Vorsprung aufgegeben und ihre Mittel auf bemannte und unbemannte erdumkreisende Satelliten konzentriert. Der Kalte Krieg ging weiter, aber er war zu beinahe rituellen Beschimpfungen bei den Vereinten Nationen verkommen. Der russische Lebensstandard stieg, und gleichzeitig stellte die Parteiführung fest, dass sie der nicht mehr unterwürfigen Bevölkerung größere Aufmerksamkeit widmen mussten und ein eigenes Weltraumforschungsprogramm nicht mehr rechtfertigen konnten.
    Jacqueline ging über die beinahe verlassenen Flure des Raumphysik-Gebäudes zu Professor Wladimir Sawlinskis Büro. Sie zögerte, dann klopfte sie.
    » Da?«, fragte eine grobe Stimme.
    Jacqueline öffnete die Tür und trat ein. Ein dünner Herr mittleren Alters drehte sich mit seinem Stuhl von einem Computerbildschirm weg, der mit einem Text in kyrillischen Buchstaben ausgefüllt war, und sah sie an. Jacquelines Russisch war gut genug, dass sie erkennen konnte, dass er soeben einen wissenschaftlichen Artikel über die angebliche Entdeckung eines magnetischen Mono-Pols in irgendeinem Eisenerz in Nigeria las.
    Sawlinskis Kleidung war ungewöhnlich für einen Russen. Er trug einen gut geschnittenen Anzug nach neuester europäischer Mode. Allein schon das zeigte, dass der Professor ein kosmopolitischer Weltreisender war, dem von einer weltklugen russischen Regierung, die große Dinge von ihm erwartete, sehr viel Freiheit und noch mehr finanzielle Unterstützung zugestanden wurde. Sawlinski streckte seinen kahl werdenden Kopf vor und lugte über seine Lesebrille.
    » Jacqueline!« Sawlinskis Gesicht strahlte vor Vergnügen. » Nun treten Sie schon näher, junge Frau. Wie kommen Sie mit Ihrer Dissertation voran? Haben Sie ein weiteres zusammengebrochenes substellares Objekt gefunden?«
    Jacqueline lächelte innerlich über die Weigerung des Russen, diese Objekte » kleine schwarze Löcher« zu nennen. Unglücklicherweise hatten die Amerikaner und Engländer, die den Ausdruck » schwarzes Loch« aufgebracht hatten, nicht gewusst, dass er im Russischen eine Bedeutung hatte, die die Benutzung des Wortes in guter Gesellschaft verbot.
    » Ich habe mein Guthaben aufgebraucht, und der Computer will nicht mehr mit mir reden«, erklärte sie. » Ich hatte angenommen, genügend Computerzeit übrig zu haben, zumindest noch für die Arbeit eines Monats, aber sie ist durch einen
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