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Drachenei

Drachenei

Titel: Drachenei
Autoren: Robert L. Forward
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Jacqueline hatte heute Morgen festgestellt, dass der schäbige Rest der ihr von Professor Sawlinski zugebilligten Mittel von einem rückwirkenden Kursausgleich geschluckt worden war. Sie wusste, dass Sawlinski über jede Menge Rubel in seinem Forschungsbudget verfügte, aber ohne seine Erlaubnis und ohne sein persönliches Intervenieren bei dem Computer (mittels eines geheimen Kodewortes, das sie kannte, aber nicht anzuwenden wagte) blieb ihr nichts anderes übrig, als auf seine Rückkehr zu warten und unterdessen die Daten manuell auszuwerten.
    Eigentlich machte es Spaß, auf diese unmittelbare Art mit Zahlen umzugehen. Wenn der Computer die Analyse durchführte, wurden die Zahlen in Digitalkäfige eingesperrt, ob es nun wirkliche Daten oder nur Geräusche waren, und gerade im Augenblick waren viele sinnlose Geräusche in der Aufzeichnung.
    Die Daten, die Jacqueline analysierte, stammten von den Niederfrequenz-Radiodetektoren der alten CCCP - ESA -Sonde, die als erster größerer Versuch zur Zusammenarbeit zwischen Sowjets und Europäern über die Ekliptik hinausgesandt worden war. Damals, in den frühen Tagen des Wettlaufs zum Mond, hatten die Europäer die erste sowjetische Mondsonde mit Laser-Retroreflektoren ausgestattet. Dann, nach der katastrophalen Erfahrung mit den Amerikanern, bei der eine von den vier kostbaren amerikanischen Raumfähren und Europas einziges Raumlabor auf dem Startplatz explodiert waren, hatten die Europäer von Neuem mit dem Osten zusammengearbeitet. Sie bauten die Instrumente für ein Raumfahrzeug, das zum Flug über die Ekliptik hinaus bestimmt war und von einem der gigantischen russischen Startfahrzeuge ins All geschleudert wurde. Es flog zuerst fünf astronomische Einheiten weit zum Jupiter hinaus. Doch als es einmal da war, machte es im Gegensatz zu seinen Vorgängern keine Bilder, um dann die Reise zu den anderen Planeten fortzusetzen, sondern es tauchte unter dem Südpol des Jupiter weg und schoss geradewegs über die Ebene hinaus, die die Umlaufbahnen der Planeten bilden.
    Als das Raumfahrzeug über die ekliptische Ebene hinausstieg, nahmen seine Sensoren ein neues Bild der Sonne wahr. Die Magnetfelder, die aus den Flecken der mittleren Breitengrade der Sonne hervorblühten, sahen jetzt abgemagert aus, während neue Effekte die Szene zu beherrschen begannen.
    Gleich zu Beginn der Mission waren die zurückgesandten Daten von vielen finanziell gut ausgestatteten Wissenschaftlergruppen analysiert worden. Die zusammengetragenen Informationen zeigten, dass die Sonne an einer Art Verdauungsstörung litt. Sie hatte zu viele schwarze Löcher gefressen.
    Die Wissenschaftler fanden eine streng periodische Fluktuation in der Stärke der polaren Magnetfelder der Sonne. Natürlich hatte die Magnetosphäre der Sonne viele Variationen. Jeder Sonnenfleck war eine wesentliche Quelle für Abweichungen. Aber die Sonnenflecken traten zeitlich unregelmäßig auf und waren in den mittleren Breiten so stark, dass sie alles dominierten. Erst als die Sonde über die Ekliptik hinausstieg und lange Zeit Daten sammelte, wurden die streng periodischen Variationen der Radiowellen in allen Einzelheiten festgestellt und als periodische Variationen in der Magnetosphäre der Sonne interpretiert. Man gelangte zu der Schlussfolgerung, tief innerhalb der Sonne kreisten vier dichte Massen umeinander, wahrscheinlich ursprünglich kleine schwarze Löcher. Diese störten das normale Fusionsgleichgewicht der Sonne, indem sie an ihren Eingeweiden nagten. Die Wirkung der schwarzen Löcher auf die Sonne würde in ein paar Millionen Jahren gefährlich werden, doch alles, was sie jetzt taten, war, dass sie gelegentlich Eiszeiten hervorriefen.
    Die Menschen waren sich wohl im Klaren darüber, dass die Sonne auf lange Sicht keine verlässliche Energiequelle war, aber es gab wenig, was sie dagegen tun konnten. Nach einer kurzen Zeit nationaler und internationaler Aufregung über den » Tod der Sonne« machten sie sich daran, das unlösbare Problem auf die beste ihnen bekannte Art zu lösen – man vergaß es und hoffte, es werde von selbst verschwinden.
    Seitdem waren zwei Jahrzehnte vergangen. Wunderbarerweise funktionierten einer der beiden Kommunikationstransmitter auf dem Satelliten und drei der Experimente immer noch. Eines davon war das Niederfrequenz-Radio-Experiment. Sein Output bedeckte soeben einen Tisch samt Fußboden, und die schlanken Finger einer entschlossenen Doktorandin fuhren langsam darüber hin.
    » Verdammt!
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