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Drachenei

Drachenei

Titel: Drachenei
Autoren: Robert L. Forward
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Temperaturbereich abkühlte, der nukleonischem Leben am bekömmlichsten ist, gewann das ursprüngliche fortpflanzungsfähige nukleare Molekül an Mannigfaltigkeit und wurde immer komplizierter. Der Kampf um die einfacheren, nicht lebenden Moleküle, die als Nahrung dienten, wurde härter. Bald war das anfängliche Manna, das die Kruste bedeckt hatte, verschwunden, und an seiner Stelle befanden sich Klumpen von hungrigen Zellen. Einige Zellklumpen stellten fest, dass ihre Oberseiten, die nach außen, dem kalten, dunklen Himmel zugewandt waren, ständig eine niedrigere Temperatur hatten als ihre Unterseiten, die Kontakt mit der glühenden Kruste hatten. Sie erhoben einen Baldachin aus Haut und hatten bald unter Benutzung der Hitzemaschine, die sie zwischen einer tief in die heiße Kruste reichenden Pfahlwurzel und dem kühlen Baldachin oben in Gang brachten, einen gut funktionierenden Nahrungssynthese-Zyklus erreicht.
    Der Baldachin war ein Wunder der Technik. Er benutzte starre Kristalle, in die superstarke Fibern eingebettet waren, um eine zwölfstrahlige freitragende Balkenkonstruktion zu bilden, die die dünne obere Haut gegen das Schwerkraftfeld von 67 Milliarden g hochstemmte. Natürlich waren dabei keine großen Höhen zu erzielen. Eine Pflanze konnte ganze fünf Millimeter Durchmesser haben, und doch reckte sich ihr Baldachin nur einen Millimeter hoch.
    Die Pflanzen zahlten einen Preis für ihre Baldachine und Stützrahmen. Sie waren starr und mussten bleiben, wo sie verwurzelt waren. Während vieler, vieler Umdrehungen des Sterns bewegte sich nichts außer gelegentlich einem Sprühregen von Pollen, die aus der Spitze eines Balkens austraten, woraufhin sich an der Spitze einer nahebei stehenden Pflanze eine Klappe zusammenzog. Viele Umdrehungen später folgte diesem Vorgang der Fall einer reifen Samenschote, die unter dem ständigen Wind davonrollte.
    Eines Tages zerbrach eine rollende Samenschote an einer Krustenscholle. Die Samen zerstreuten sich, und mehrere von ihnen begannen zu wachsen. Einer war kräftiger als die anderen, und bald erhob sich sein Baldachin über diejenigen seiner langsameren Geschwister. Erstickt von der Hitze, die der Stern unter ihnen und die Unterseite der größeren Pflanze über ihnen ausströmten, starben die meisten der kleineren Sämlinge.
    Einer jedoch erfuhr eine merkwürdige Umwandlung, als seine Körperfunktionen zu versagen begannen. Er enthielt ein mutiertes Enzym, dessen normale Aufgabe es war, die kristallinen Stützstreben herzustellen und auszubessern. Aber unter dem Einfluss der gestörten nukleonischen Chemie eines Organismus, der dem Tod nahe war, wurde das Enzym wild und löste die kristalline Struktur, die es doch schützen sollte, auf. Die Pflanze verwandelte sich in einen Sack voller Säfte und Fibern und floss von dem sanften Abhang, auf dem sie Wurzeln geschlagen hatte, hinab zu einem neuen Ruheplatz. Die zwölf Pollendüsen, die eine gewisse Lichtempfindlichkeit besaßen, damit sie für die bestmögliche Ausrichtung des Pflanzenbaldachins sorgen konnten, wanderten nach oben. Nun, da der Organismus sich aus dem blockierenden Schirm der größeren Pflanze entfernt hatte, benahm sich das Enzym wieder normal. Die Pflanze schickte Wurzeln nach unten, baute ihren Baldachin wieder auf und versprühte und empfing viele Pollen. Die bewegliche Pflanze hatte viele Sämlinge, die alle die Fähigkeit besaßen, ihre starre Struktur aufzulösen und sich fortzubewegen, wenn die Bedingungen nicht die richtigen für ein optimales Wachstum waren.
    Bald streiften die ersten Tiere über die Oberfläche des Neutronensterns. Sie stahlen Samenschoten von ihren unbeweglichen Vettern und stellten fest, dass es auf dem Stern viele gute Dinge gab, die sie essen konnten – vor allem die eigenen Artgenossen.
    Wie die Pflanzen, von denen sie abstammten, hatten die Neutronenstern-Tiere nur fünf Millimeter Durchmesser, aber da es ihnen an einer steifen inneren Struktur mangelte, wurden sie von der Gravitation flachgedrückt. Aus den zwölf lichtempfindlichen Pollendüsen und -klappen wurden Augen, aber gleichzeitig behielten sie ihre ursprüngliche Funktion der Fortpflanzung. Die Tiere konnten » Knochen« wachsen lassen, wenn sie es wünschten. Meistens waren das degenerierte Formen der Stützstreben, die dazu benutzt wurden, ihre Augen auf Stielen hochzurecken, damit sie in die Ferne sehen konnten. Aber mit ein wenig Konzentration konnte ein Knochen überall innerhalb des Hautsacks
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