Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenbraut

Drachenbraut

Titel: Drachenbraut
Autoren: K Günak
Vom Netzwerk:
Blick gesenkt.
    Verborgen und geschützt hinter der jetzt mühsam aufrecht erhaltenen Fassade der Autorität sah sie eine anrührende Verletzlichkeit. Sofort schlüpfte sie zurück in die Rolle der Notfall-Ärztin.
    «Sicher nicht.»
    Sie blinzelte, aber ihre Stimme verriet kein Zittern. Sie war verdammt noch mal ein Profi, und sie würde sich von diesem Mann, was auch immer er war, nicht aus der Fassung bringen lassen. Sie hatte die Freiheit, ihre Entscheidungen selbst zu treffen. Und sie hatte entschieden, hier zu bleiben.
    «Sie könnten ohnmächtig werden und sich übergeben. Das Resultat wäre, dass Sie Ihren Hund zum Waisen machen. Ich bleibe hier.»
    Sie trat noch einen kleinen Schritt näher und seine Gesichtszüge erstarrten.
    «Ich werde Sie jetzt anfassen», warnte sie ihn vor. Der Eigenschutz war in keinem Fall zu vernachlässigen!
    Sie hob langsam die linke Hand und sah den Abwehrimpuls durch seinen Körper zucken. Aber sie war schneller und legte ihm sanft die Handfläche auf die ihr zugewandte Schulter. Ein Fehler, wie sich eine Millisekunde später herausstellte. Sengende Hitze schoss durch ihren Körper. Seine Haut schien zu glühen, jedoch fühlte sie sich seltsam vertraut an.
    Das Rauschen der Luft im Flug, die raue Samthaut unter ihren Händen, Freiheit und Glück …
    Eigentlich kannte sie diese Gefühle nur aus ihrem Traum. Doch das hier war kein Traum. Es war … eine Erinnerung?
    Mit einem erschrockenen Aufschrei zog sie die Hand zurück. Ihre Empfindungen schwanden in dem Moment, als der Körperkontakt abriss.
    Er hatte den Kopf noch weiter gedreht und sah sie aus seinen flammenden Augen an. Einen Herzschlag lang war sie wie gelähmt, saß nur da und starrte ihn an. Sein muskulöser Oberkörper, das dichte, schwarze Haar, die ebenmäßigen Züge, die einfach nur als schön zu bezeichnen waren.
    Sie kannte ihn nicht, nein. Aber es gab etwas tief in ihrem Innersten, das ihn kannte. Ihn erkannte. Etwas, das älter zu sein schien, als sie es war, tief verwurzelt in ihren Genen.
    Sämtliche ihrer verwirrenden Gedankengänge wurden abrupt unterbrochen, als er sich in einer seltsam geschmeidigen Bewegung vorbeugte und in die Toilette übergab. Nahezu lautlos, wie es sonst nur Bulimikerinnen hinbekamen.
    Sie stellte das Denken vorsorglich ein und sprang auf die Beine. Mit ihren wirren Gedanken würde sie sich später befassen können, jetzt musste sie handeln. Sie griff sich ein Handtuch und ließ kaltes Wasser auf den Stoff laufen. Fest presste sie es ihm in den Nacken, sorgsam darauf bedacht, kein weiteres Mal direkten Hautkontakt herzustellen.
    Einige Minuten später wurden die Krämpfe schwächer und seine rechte Hand wanderte halt suchend auf den Rand der Badewanne. Ihr wurde klar, dass sie ihn berühren musste. Andernfalls konnte sie gleich wieder gehen. Vorsichtig schob sie die Hände unter seinen linken Oberarm. Wieder schoss die seltsame Erinnerung in ihren Kopf. Aber diesmal war sie vorgewarnt und verschloss ihre Seele.
    Die Wahrnehmung der samtigen Hitze unter ihren Händen traf sie dennoch fast schmerzhaft und beinahe wäre er ihr entglitten. Er war immer noch auf den Knien und ließ sich mit ihrer Hilfe rücklings gegen den Rand der Wanne sinken. Sie fuhr ihm mit dem Handtuch über das Gesicht. Unwillig schüttelte er den Kopf.
    «Verschwinden Sie», murmelte er, sein undeutbarer Akzent war bei diesen Worten ausgeprägter.
    «Ein Dankeschön hätte ich jetzt lieber gehört, aber so oder so, ich verschwinde nicht. Sie brauchen Bettruhe. Also hoch mit Ihnen!»
    Warum konnte der Mann sich nicht einfach helfen lassen? Er würde im Moment nirgendwo allein hingehen, und es konnte nicht seine Absicht sein, die Nacht auf den kalten Fliesen zu verbringen.
    Im nächsten Moment war die Welle seiner Macht wieder über ihr, versuchte aggressiv, nach ihr zu greifen. Es war die Schnelligkeit und die Wucht des Angriffs, die sie erschreckte, doch anders als sie es bei Dupont oder anderen Wesen schon des Öfteren gespürt hatte, hatte dieser Angriff keine weitere Wirkung.
    Sie schloss die Augen und atmete tief durch, um ihr heftig schlagendes Herz unter Kontrolle zu bringen. Augenblicklich ebbte die Angst ab. Sie hatte versucht, sich mit einem Schutzzauber gegen seine Macht zu wappnen, aber das war nicht nötig. Die Woge seines Angriffs glitt durch sie hindurch und verebbte in der Unendlichkeit. Der Sog seiner urtümlichen Energie war gewaltig, und dennoch hatte er keine Macht über sie. Er konnte ihr
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher