Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Drachen-Mädchen

Titel: Drachen-Mädchen
Autoren:
Vom Netzwerk:
Zombiezentaur, der ihnen als eine Art Ehrengarde gefolgt war. Während er einherschritt, fielen ihm faulige Fleischklumpen von den Knochen und zerplatzten mit einem ekligen Geräusch am Boden. Doch man hatte dem Geschöpf ein leuchtendrotes Band in die Schweifhaare geflochten. »Das sieht man«, erwiderte sie diplomatisch. »Das war aber nett von euch.«
    Sie schritten auf einer krummen hölzernen Hängebrücke über den Schloßgraben. Irene konnte es sich nicht verkneifen, zu der grünen Schleimmasse hinunterzublicken und die Nase wegen des infernalischen Gestanks in Falten zu legen. Kein Feind, der bei gesundem Verstand war, würde jemals diese Kloake stürmen!
    Ein Zombieungeheuer hob seinen weitgehend defekten Kopf aus dem Wasser, ließ sie jedoch in Ruhe. Es war das ständige Hin- und Hergelaufe der lebhaften Zwillinge gewöhnt. Natürlich taugte ein solches Wesen nicht zur richtigen Verteidigung, weil es den größten Teil seiner Zähne bereits eingebüßt hatte, doch wäre es unhöflich für einen Besucher gewesen, darauf hinzuweisen. Wie Ehemänner verlangten auch Zombiemonster nach sorgfältiger Behandlung.
    Das Innere des Schlosses machte einen völlig anderen Eindruck, denn hier waltete Millie das Gespenst. Der Steinfußboden war blitzeblank und anheimelnde Teppiche bedeckten die Wände. Das Zombiegeschöpf folgte ihnen nicht hinein, und es waren auch keine anderen Zombies zu sehen.
    Millie kam auf sie zu, um sie zu begrüßen. Sie war in einen sanftrosa Umhang gekleidet, der ihr sehr gut stand. Achthundert Jahre hatte sie als Gespenst auf Schloß Roogna im Teenageralter verbracht, doch seitdem hatte sie neunundzwanzig weitere Echtjahre gelebt und ihr sterbliches Alter ungefähr verdreifacht. Sie war ein ungewöhnliches kurvenreiches Geschöpf gewesen, wie Irene noch sehr gut wußte, weil sie sie immer heimlich darum beneidet hatte. Doch inzwischen neigte Millie zu einer gewissen Plumpheit, wie eine verwöhnte Hausfrau.
    Ihr magisches Talent war allerdings noch aktiv, das erkannte Irene an Dors Reaktion. Sie spürte einen Stich von Eifersucht. Millie war in gewisser Weise einmal Dors erste Liebe gewesen, denn sie hatte ihn als Kindermädchen beaufsichtigt, wenn seine Eltern wieder einmal eine ihrer ausgedehnten Dienstreisen unternahmen. Doch löste Millie diese Reaktion bei jedem Mann aus – während sie selbst einzig und allein den Zombiemeister liebte. Irenes Eifersucht war also im Grunde überflüssig, und sie zügelte sie eisern. Als Erwachsene hatte sie Millie besser kennen und schätzen gelernt. Millie war wirklich sehr lieb und von einer ewigen Unschuld. Wie sie das trotz ihrer beiden Kinder schaffte, war ein Rätsel, und auch darauf war Irene ein wenig eifersüchtig.
    Draußen wurde es plötzlich laut, und die Zwillinge stürzten vor die Tür, um sich nichts entgehen zu lassen. Kurz darauf eskortierten sie Arnolde Zentaur hinein. Arnolde, der kein Zombie war, war wesentlich älter als Chet und Chem, was man ihm auch ansah. Sein Gang war etwas steif, er trug eine Brille, und Teile seines Fells waren ergraut. Er war ein Magier, dessen Magie in Xanth selbst nicht offenbar werden konnte, wohl aber seine ungemeine Bildung und Intelligenz. Während der Nächstwellenkrise war er für kurze Zeit König von Xanth gewesen, und man war sich allgemein darüber einig, daß sein besonderer Scharfsinn den Krieg zugunsten Xanths entschieden hatte. Irene mochte Arnolde: durch ihn war sie selbst ebenfalls, wenn auch für noch kürzere Zeit als er, König von Xanth geworden.
    Nachdem alle einander höflich begrüßt hatten, begaben sich Chet und Chem wieder hinaus, um mit den Zwillingen das Schloßgelände zu durchstreifen; Ivy nahmen sie ebenfalls mit. Nun trat der Zombiemeister ein. Er wirkte immer noch so skelettartig wie stets, trug jedoch einen schmucken schwarzen Anzug aus Mundania und wirkte auf seine Weise durchaus attraktiv.
    Eine kurze Pause. Dor drehte sich zu Irene um. »Die Vision?« fragte er sanft.
    Die Vision! Fast hätte sie sie vergessen! Nun kehrte die Erinnerung mit all ihrem Grauen wieder. »Es… es war ein Bild oder ein Stilleben. Eine Statue. Zwei Statuen. Und Gefahr.«
    Der Zombiemeister wandte ihr ernst den Kopf zu. »Gefahr – hier?«
    »Sie erlitt eine Vision, als wir uns dem Schloß näherten«, erklärte Dor. »Ich hielt es für besser, die Sache nur im kleinen Kreis zu besprechen, manchmal sind solche Dinge ja wichtig.«
    »In der Tat«, meinte Arnolde. »Es gibt Aspekte xanthischer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher