Drachen-Mädchen
Mütter eben.
»Das ist Ivys Schuld«, sagte Hugo. »Wenn ich in ihrer Nähe bin, kann ich fast alles. Ich kann sogar richtig denken. Sie ist eine Magierin.«
Die Gorgone musterte Ivy durch ihren Schleier. »Ja, das glaube ich auch.«
»So wie mein Vater Magier ist«, fuhr Hugo fröhlich fort. Doch dann wurde er wieder ernst.
»Nur daß er ja jetzt…«
»Er wird schon wieder ein Magier werden«, beruhigte ihn die Gorgone. »Natürlich wird es eine Zeit dauern, bis er wieder erwachsen geworden ist, aber…«
Da kam eine weitere Gestalt auf sie zu, eine Frau, die sich nicht weiter um die verbliebenen Zappler zu kümmern schien. Sie war recht hübsch, aber Ivy erkannte sie nicht. »Kann ich helfen?« fragte die Frau.
»Danke, nein«, erwiderte die Gorgone und blickte sie verwundert an. »Ist anscheinend alles in Ordnung.«
»Wer ist denn das?« fragte Ivy. »Warum können die Zapplerlöcher ihr nichts anhaben?« Denn die Frau wies zahlreiche Perforierungen auf.
»Ich bin Zora Zombie«, sagte die Frau. »Löcher tun Zombies nichts, also bin ich einfach für alle Fälle hergekommen.« Sie sprach ein wenig undeutlich, als wären ihre Lippen eine Spur zu schlaff.
»Du siehst aber gar nicht aus wie ein Zombie«, bemerkte Hugo.
»Die wahre Liebe hat mir das Leben wiedergeschenkt«, erklärte Zora. »Und vielleicht ist mein Rückgrat etwas gerader und fester geworden, als ich ins Antlitz deiner Mutter geschaut habe.«
»Deshalb habe ich dich nicht erkannt!« rief die Gorgone. »Du hast dich so sehr verändert…«
»Ich bin, was jeder Zombie sein könnte, wenn die Verhältnisse nur entsprechend wären«, sagte Zora. »Jetzt kann ich sogar mein magisches Talent ausüben.«
»Was ist denn das für eins?« wollte Ivy wissen.
Zora lächelte abwertend. »Es ist nicht allzu nützlich, fürchte ich. Ich kann Lebewesen schneller altern lassen.«
»Schneller altern?«
»Ja, doppelt so schnell wie sonst. Aber wer will das schon haben…« Doch die Gorgone hatte aufgeregt die Ohren gespitzt. »Könntest du ein Baby doppelt so schnell wachsen lassen wie normal, ohne daß es ihm schadet?«
»Ja, natürlich«, sagte Zora. »Mein Talent hat nie jemandem geschadet, nur daß die Leute immer meinen, Altern wäre genauso schlimm wie Schmerz.«
»Wenn du es in Ivys Gegenwart tätest, könntest du einen Säugling bestimmt zehnmal so schnell altern lassen«, sagte Hugo zuversichtlich.
»Zehnmal so schnell!« rief die Gorgone. »Zora, du mußt unbedingt als Babysitter zu meinem Mann kommen!«
»Gern, wenn du willst«, sagte Zora. »Aber ist dein Mann denn nicht schon hundert Jahre alt?«
»Ja und nein«, sagte die Gorgone. »Glaub mir, du wirst uns auf unserem Schloß sehr willkommen sein! Du und Ivy!«
Nun näherte sich die Zentaurin. Ivy hörte das Getrappel der Hufe und blickte hoch, die Arme noch immer um Stanleys verheilten Nacken geschlungen. Es war Chem, und auf ihr saß…
»Mutter!« rief Ivy mit Tränen der Freude und der Erleichterung. Jetzt, so wußte sie, würde wirklich alles in Ordnung kommen! »Du mußt meinen Freund Stanley kennenlernen! Er hat Xanth gerettet!«
»Ja, das hat er wohl«, sagte Irene beim Absitzen. »Und außerdem hat er uns gezeigt, wie man die Vergessensstrudel beseitigen kann, ohne ihnen zu erliegen. Wir werden ihm ein Denkmal errichten.«
»Nein!« schrie Ivy und sah die Gorgone erschrocken an.
Irene lachte und tätschelte Stanleys Kopf. »Nein, nicht auf diese Weise«, beruhigte sie ihre Tochter. »Wir werden es aus echtem Stein hauen und neben der Statue der Mähre Imbri errichten, genau wie ich es in meiner Vision geschaut habe. Es wird ein Podest mit der Inschrift HELDENDRACHE sein. Er wird berühmt werden.« Sie warf der voll ausgewachsenen Drachin einen Blick zu. »Seine Aufgabe in der Spalte wird für eine Weile von seiner Stellvertreterin wahrgenommen werden müssen, bis Stanley wieder dazu in der Lage ist, seine alte Stellung anzutreten.«
»Au, prima!« sagte Ivy und klatschte in die Hände. »Dann bleibt er bei mir. Stanley ist mein Freund!«
»Das auch«, stimmte Irene zu und beugte sich vor, um Kind und Drache gemeinsam zu umarmen.
ENDE
ANMERKUNG DES AUTORS
Der Autor bedankt sich bei einer Reihe von Xanth-Fans, die, immer auf der Ka-Lauer, zu diesem Roman beigetragen haben: Paul Priu von der Insel der Illusion – für den Fußball und den Schlagballdiamanten; Richard Hoffmann – für die Quälföhre; Manuel Enriquez – für die Bettwanzen; Matt Mason
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