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Dr. Gordon wird Vater

Dr. Gordon wird Vater

Titel: Dr. Gordon wird Vater
Autoren: Richard Gordon
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setzte mich wieder. «Bin nur ein bißchen überreizt.»
    «Durchaus verständlich», sagte er und
bediente sich mit einer meiner Zigaretten.
    «Und was geschah dann?»
    «Als ich mir gänzlich entwässert
vorkam, geleitete mich der alte Ibsen in einen gekachelten Raum — in der Art
des Ambulatoriums von St. Swithin —, wo ein Rudel sehr skandinavisch
aussehender Kerle unter den Brausen herumplanschte. Sie sahen dabei so tierisch
ernst aus wie wir, wenn wir uns dem Cricket hingeben. Auch ich spritzte herum
und beglückwünschte mich bereits, dem völligen Gerinnen entgangen zu sein, als mich
Ibsen nochmals in einen von diesen verdammten Schwitzkästen stieß. Mir war
schon der erste heiß erschienen, aber was jetzt kam, war der reinste
Spaziergang durch einen Hochofen. In der Ecke stand ein Herd, offenbar aus
ausgemusterten Pflastersteinen errichtet, und auf diese begann der Teufelskerl
Eimer voll Wasser zu schütten. Puh! Der Dampf zog einem regelrecht die
Epidermis vom Leib. Mir kam’s tatsächlich so vor, und ich malte mir aus, wie
meine verkohlten Reste, zum Gespött der gesamten einheimischen Bevölkerung, per
Schiff nach England zurückgeschafft würden. Doch der Alte schien das Ganze
unendlich zu genießen, er rieb sich seinen gewaltigen beharrten Brustkasten und
sagte in einem fort: keine Krankheitskeime halten. Hierzulande werden eine Menge Leute in der Sauna
geboren.
    Ich fragte, wie viele Leute in der
Sauna stürben», fügte Grimsdyke hinzu, «aber er sah mich nur bitterböse an und
sagte:
    Im Nebenzimmer», fuhr mein Freund fort,
das Auge nicht von seinem Whiskyglas wendend, «befanden sich zwei Tische mit
hölzernen Kopfstützen, genau wie die, auf denen wir in der Anatomie unsere
Sezierungen vornahmen. Und in der Mitte stand ein zweites liebes altes
Mütterchen in einem weißen Gewand und wusch die Gäste.»
    «Grim!» stieß ich schreckensbleich
hervor. «Du hast dich doch nicht —»
    «Ich konnte die Leutchen doch nicht
enttäuschen, wie? Und lieber hätt ich mich vierteilen lassen, bevor man Lulu zu
Ohren brachte, ich hätte mich davor gedrückt. Idi unterwarf mich also, Alter,
einer Prozedur von einer Unwürdigkeit, wie ich sie seit meinem sechsten
Lebensjahr nicht mehr erlitten habe. Das Schlimmste dran war, daß das Waschweib
wie gespuckt der alten Ziege gleichsah, die den Boden meiner Bude scheuern
kommt. Muß sie selbstverständlich hinauswerfen, sobald ich nach Hause komme.»
    «Eine Schicksalsprüfung, die wahrhaft
Seelenstärke erfordert», murmelte ich.
    «Und das war noch immer nicht das Ende.
Ibsen schlug vor, uns den ganzen Körper mit Birkenreisern zu peitschen —
vielleicht genau das Richtige, um sich in Finnland die Kälte fernzuhalten, aber
im psychologischen Teil einer Krankengeschichte nähme sich das nicht sehr
hübsch aus, wie?
    , sagte Ibsen und wies auf
einen See draußen, an dem einige Kerle das Eis aufgehackt hatten. Doch Gott sei
Dank! Ich kann nicht schwimmen. Hab’s irgendwie nie gelernt. Das Wasser sah mir
immer viel zu naß und unheimlich aus, als daß ich’s versucht hätte. Ich sagte
dem Alten, mein einziger Wunsch sei, meine Hose zurückzubekommen.»
    «Soll aber sehr gesund für die
Adrenalorgane sein», sprach ich ihm zu. «Hab’s zumindest irgendwo gelesen.
Bewirkt, daß die Ketosteroide ausgeschieden werden.»
    «Mein lieber Junge, meine Adrenalorgane
fühlten sich wie ausgequetschte Orangen. Deswegen wohl wartete Lulu so gespannt
auf mich — nach einer Sauna soll sich ein Mann wie eine Mischung aus Tarzan,
Falstaff und Casanova Vorkommen. Doch ich hab entweder falsche Adrenalorgane
oder eine falsche Erziehung mitbekommen — jedenfalls war mir entsetzlich elend
zumute. Und nun gibt’s auch in London eine dieser scheußlichen Anstalten.
InCricklewood, gleich neben dem Krematorium. Lulu geht jeden Freitagabend mit
ihrem Waschzeug hin und setzt voraus, daß ich mein Leben lang einmal
wöchentlich den Jüngling im Feuerofen spiele, nur um mein endokrines System für
sie fit zu machen. Ich für meine Person glaub ja, ich würde in ein paar Jahren
an chronischem Hitzschlag drauf gehen. Außerdem siehst du dabei ununterbrochen
Operationsnarben, und es ist verteufelt beunruhigend, jedesmal den Grabsteinen
von Gallenblasen- und Appendixoperationen gegenüberzustehen. Das einzig Gute,
was ich am Ganzen erblicken kann, ist der Umstand, daß
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