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Dr. Gordon wird Vater

Dr. Gordon wird Vater

Titel: Dr. Gordon wird Vater
Autoren: Richard Gordon
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erscheint. Dort stehen reihenweise Romane herum, auf deren Umschlägen
Kerle mit Stethoskopen hantieren. Da ging mir plötzlich ein Licht auf, wie sehr
die breite Masse für blutrünstige Geschichten inmitten von Salbentiegeln
eingenommen ist — du brauchst bloß an die Geschwindigkeit zu denken, mit der
sie sich um einen wirklich verheißungsvollen Unfall schart. Und es sollte mir
nicht schwerfallen, etwas Sensationelles über Spitäler zusammenzuschreiben —
Leben und Tod gehören doch sozusagen zu ihrem Warenbestand.»
    «Wovon handelt dein Buch?»
    «Ach, über einen Burschen und ein Mädel
und einen anderen Burschen», antwortete er ausweichend. «Zumindest hilft es mir
die Zeit während meines Exils vertreiben. Gott allein weiß, wie ich es je
fertigbringen werde, diesem Weibsbild von einer Lulu gegenüberzutreten — ist
dir übrigens die Größe ihrer Pfoten aufgefallen?»
    Wir diskutierten nochmals über
Grimsdykes Verstrickung der Gefühle, doch mir wollte an diesem Abend nicht
einfallen, wie man ihn aus seinem Netz befreien konnte. Bevor er sich
verabschiedete, versprach er, sich am folgenden Abend einzufinden, um mit mir
Silvester zu feiern; Nicky hatte sich selbst zeitiges Schlafengehen und ein
Glas Milch verordnet
    Da die Praxis jetzt nur flau war,
konnte ich den letzten Nachmittag des alten Jahres unter den Windeln und
Saugfläschchen vertrödeln, die hoffentlich nicht das Mißfallen der erschreckend
tüchtigen Kinderschwester erregen würden, die ich bereits für das Baby auf
genommen hatte. Grimsdyke hatte für den erwarteten Sprößling eine Zelluloidente
gekauft, und ich war gerade in das ergötzliche Spiel vertieft, sie in der
Plastikbadewanne schwimmen zu lassen, als die Türglocke ertönte. Ich nahm an,
es wäre Ann Partridge auf einem ihrer Erkundungsgänge, und da Nicky schon mit
einem Fuß im Schlafzimmer stand, ging ich die Türe öffnen.
    Draußen stand ein hübsches
dunkelhaariges Mädchen, das ein riesiges Messingfernrohr umklammerte.
    «Dr. Farquarson?» fragte sie.
    «Leider nein. Ich bin sein Partner, Dr.
Gordon.»
    «Sie sind also Dr. Gordon», lächelte sie. «Idi habe schon eine
Menge von Ihnen gehört.»
    «Kann ich Ihnen irgendwie helfen?»
    «Es handelt sich eigentlich um eine
schrecklich dumme Sache», entschuldigte sich das Mädchen. «Aber dieser
Gegenstand» — sie streckte mir das Fernrohr entgegen — «macht mir schon seit
Monaten Gewissensbisse. Dr. Farquarsons Name und Adresse sind darin
eingraviert, und da ich gerade mit dem Auto durch Hampden Cross fahren mußte,
dachte ich, ich könnte es bei dieser Gelegenheit zurückgeben. Die Empfangsdame
sandte mich hierher, weil Dr. Farquarson nicht zu Hause ist.»
    «Gewiß ist dies sein altes Fernrohr»,
bestätigte ich. «Er beguckt sich gerne die Sterne und noch so allerhand damit.
Aber wie kam es denn um Himmel willen in Ihren Besitz?»
    «Mein Name ist übrigens Zoe Mitchel —»
    «Ach richtig!» rief ich. «Dr.
Grimsdyke! Sie haben es also auf dem Schiff gefunden?»
    «Nun ja... genau genommen machte er es
mir zum Geschenk.» Sie lachte. «Ach, das ist eine richtige lange Geschichte.»
    «Ja, ich habe davon gehört», sagte auch
ich lächelnd.
    «Hoffentlich war Dr. Grimsdyke nicht
sehr aufgebracht?»
    «Ich fürchte, eher ja. Er wohnte
nachher eine Zeitlang bei uns.»
    Sie sah plötzlich beunruhigt aus. «Fand
er, daß ich ihn schlecht behandelt habe? Aber es war wirklich eine Art Schock
für mich. Ich hatte bis dahin noch nie einen Heiratsantrag bekommen. Und noch
dazu so Hals über Kopf — mitten im Pingpong.»
    «Einen Moment, bitte», sagte ich rasch.
«Wollen Sie damit sagen, daß er — meine Freund Grimsdyke — Ihnen tatsächlich einen Heiratsantrag gemacht hat?»
    Zoe geriet in regelrechte Verwirrung.
«Aber sagten Sie nicht eben, daß Sie alles darüber wissen? Sonst wäre es mir
nicht im Traum eingefallen —»
    Wir wurden durch den Ruf unterbrochen:
«Na, hat sich der erste Drilling schon eingestellt?» und Grimsdyke kam federnd
aufs Haus zugeschritten.
    «Du lieber Himmel, es ist Gaston!» rief
sie. «Daß ich ihm ausgerechnet in die Arme laufen muß!»
    Stets hatte ich Grimsdyke um sein
seelisches Gleichgewicht beneidet, das ich ihn selbst unter den erschwerendsten
Umständen bewahren gesehen hatte; so, wenn ihn zum Beispiel Sir Lancelot Spratt
um seine Diagnose befragte. Doch nun schien er weder aus noch ein zu wissen und
in sich zusammenzusacken wie ein Schneemann im prallen Sonnenschein.
    «Oh,
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