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Dr. Gordon wird Vater

Dr. Gordon wird Vater

Titel: Dr. Gordon wird Vater
Autoren: Richard Gordon
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eine phantasievolle
Geschichte zu erzählen, wie ihm mein Fernrohr über Bord fiel. Hab mir sowieso
vorgestellt, daß ich es nie mehr zu sehen kriegen würde, wenn ich’s
    ihm borgte. Außerdem versuchte er in
mir den Eindrude zu erwecken, daß er das schlimmste nautische Ungemach erlitten
hat, seit Captain Bligh von der Bounty ausgesetzt wurde.»
    «Er hat wirklich eine böse Zeit hinter
sich», versicherte ich ihm, meinen Freund verteidigend. «Jedenfalls muß er
einen Posten haben, bevor er eine Familie haben kann. Und glauben Sie mir,
Farquy, er hat in den letzten Tagen mit mir ernsthafte Pläne bezüglich
verschiedener Posten durchgesprochen.»
    «Mit mir auch. Irgendwo hat er gehört,
die Weltorganisation für Gesundheitspflege sucht einen Arzt, der über die
lockeren Frauenzimmer in Südamerika Bericht erstatten soll, und er hält sich
für den gegebenen Mann. Hoffentlich findet er bald irgendeine Anstellung, sei’s
auch nur Ihretwegen. Sonst wird er hier bei Ihnen schmarotzen, bis für Ihr Kind
die Zeit gekommen ist, in die Schule zu gehen.»
    Am selben Tag telephonierte ich stolz
die Neuigkeit meinem Vater, einem vielbeschäftigten praktischen Arzt an der
Südküste. Doch die Mitteilung wurde dadurch kompliziert, daß der Anruf in seine
Abendsprechstunde fiel.
    «Bring reichlich Wasser zum Kochen und
halte deine Frau warm, in paar Minuten bin ich bei dir», sagte er sogleich.
«Hat sie schon ordentliche Wehen? Einen Augenblick — nein, nein, Mrs.
Hartridge, mit dem stinkigen Zeug in der großen Flasche müssen Sie Ihr Bein
einreiben, und die weiße Flüssigkeit in der kleinen haben Sie zu schlucken.
Kein Wunder, daß Ihre Arthritis nicht besser wird. Hallo, hallo? Mach dir keine
Sorgen, lieber Junge, alles wird tadellos gehen. Ist ja nur ein natürlicher
Prozeß, merk dir das. Halte nur das Kinderbettchen etcetera bereit und sag ihr,
sie soll nicht pressen, bevor ich komme.»
    Die Enthüllung den Eltern meiner Gattin
gegenüber war weniger klinischer Natur; Nicky ließ die Information in eine gut
gelenkte beiläufige Bemerkung beim Familientee am nächsten Wochenende
einfließen. Die Mitteilung wurde mit Windeseile von einem Schwall technischer
Ratschläge bezüglich der Babyausstattung auf gesogen, die mir komplizierter
erschien als die Ausrüstung eines Fallschirmjägers.
    «Und wann wirst du ihn haben,
Liebling?» fragte ihre Mutter, den Embryo großzügig vorausbestimmend.
    Nicky lachte. «Ach Gott, erst in einer
Ewigkeit. Frühestens am Neujahrstag, laut Tabelle. Und im Augenblick kann ich
mir überhaupt kaum vorstellen, daß ich eins haben werde.»
    «Das geht blitzschnell», sagte ihre
Mutter, wiewohl mit merkbarer Enttäuschung, daß wir das Baby nicht schon
nächste Woche produzieren könnten.
    «Worüber quatscht ihr da?» fragte mein
Schwager, ein rosiger Jüngling in Blue Jeans.
    «Nur darüber, daß sich deine Schwester
etwa zu Weihnachten von der Welt zurückziehen wird», teilte ich ihm ein wenig
gehemmt mit.
    «Zurückziehen? Wozu?»
    «Zu Zuchtzwecken.»
    Er war verdutzt. «Zu Zuchtzwecken? Was
züchtet sie denn?»
    «Keine Sealyhams. Wir kriegen ein
Baby.»
    «O Gott, wirklich? Unsere alte Nicky
kriegt ein Baby? Das ist doch nicht dein Ernst? Hätte mir nie vorgestellt, daß
sie sowas tun würde. Hör mal», fuhr er fort, sich beruhigend, «hättet ihr ein
bißchen gewartet und es knapp vor dem fünften April gekriegt, würdet ihr einen
Einkommensteuernachlaß für ein volles Jahr bekommen haben. Alle smarten Jungen
in der City halten’s so. Herzliche Glückwünsche, übrigens.»
    Doch ich hatte den Eindruck, er faßte
das Ganze als eine persönliche Beleidigung auf.
    «Es erscheint mir idiotisch, daß ich zu
diesem Prozeß keinen weiteren Beitrag liefern kann, als dir die Wolle für das
Strampelhöschen zu halten», bemerkte ich zu Nicky, als wir heimfuhren. «Ich muß
mich wohl am Beispiel des Kabeljaumännchens trösten, das, wie ich glaube, an
einem Nachmittag eine Million Eier befruchtet und dann in die Vergessenheit
entschwimmt.»
    «Später wirst du mehr als genug zu tun
bekommen, Liebster», sagte sie. Nach einer Pause setzte sie fort: «Das Baby
wird eine Menge in unserem Leben ändern.»
    «Kann man ohne Übertreibung behaupten.»
    «Und es wird eine Menge an mir ändern.»
Zärtlichwehmütig blickte sie auf ihre Füße nieder. «Ich kann mir kaum
vorstellen, daß ich wie einer dieser Fesselballons aussehen werde, die man in
den Gebärkliniken herumsegeln sieht.» Nicky
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