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Dr. Gordon wird Vater

Dr. Gordon wird Vater

Titel: Dr. Gordon wird Vater
Autoren: Richard Gordon
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Gottes willen», fügte ich
rasch hinzu. «Kein Wort davon zu Grimsdyke!»
    «Selbstverständlich nicht», versicherte
sie. «Und weißt du, es ist zwar urkomisch, aber im Augenblick wünsch ich mir
nichts so brennend wie Avocadobirnen mit Ölsardinen.»

4
     
    Ich
hatte bereits — gemäß den medizinischen Akten — zweiundvierzig Babys zur Welt
gebracht, die die ersten Minuten ihres Lebens darauf verwandten, mich mit den
Grundbegriffen der Geburtshilfe vertraut zu machen. Sie waren entweder in der
äußerst gut organisierten Atmosphäre der Gebärklinik von St. Swithin geboren
worden oder in der gar nicht organisierten der Wohnstätten, die sich rings an
die Spitalsmauern ankuschelten und aus diesem Grund der «Spitalsbezirk» genannt
wurden. Doch wo immer dieses Ereignis stattfand — es jagte mir großen Schrecken
ein. Während ich mir in winzigen unhygienischen Schlafzimmern den Weg durch auf
gebreitetes Zeitungspapier und Töpfe voll kochenden Wassers bahnte und meine
Konzentration oft dadurch abgelenkt wurde, daß ein meist wild flackerndes Feuer
meinen Hosenboden ansengte, konnte ich nicht umhin, die Natur wiederholt für
die Abwicklung eines praktisch betriebssicheren Prozesses zu preisen.
    Doch selber ein Baby zu haben, war ein
regelrechter Schock für mich. Ich glaube, jeder junge Mann fühlt so, trotz der
mahnenden Worte bei der Trauung, die in diesem Moment meist auf taube Ohren
treffen. Ansonsten fühlte ich mich entsetzlich stolz. Bei näherer Betrachtung
schien es bemerkenswert albern, sich auf eine Prozedur etwas einzubilden, die
jeder zoologische Organismus zustande bringt, wenn er sich über das Niveau des
protozoischen Sumpfbewohners hinaushebt; dieser pflanzt sich fort, indem er sich
einfach in der Mitte spaltet.
    Ich war völlig außerstande, die
freudige Nachricht für mich zu behalten, und als Nicky sich am nächsten Morgen
vom Frühstückstisch erhob und mit jener geschäftsmäßigen Eile, die für derlei
Fälle charakteristisch ist, dem Badezimmer zustrebte, erklärte ich Grimsdyke
etwas verlegen, sie leide unter einem «leichten Schwangerschaftsanfall».
    «Großer Gott, Alter!» Er glotzte mich
an, als hätte ich ihm soeben meinen Entschluß verkündet, in den geistlichen
Stand einzutreten. «Wie, du meinst doch nicht —? Seit wann ist das aktuell?»
    «Seit so kurzer Zeit, daß es schon fast
unanständig ist, darüber zu sprechen.»
    «Der liebe gute alte Richard Gordon
sieht Vaterfreuden entgegen», murmelte er ungläubig. «Das wirft mich leicht
tun. Vor allem, wenn ich an unsere feuchtfröhlichen Studententage im St.
Swithin denke. Es kostet mich direkt Anstrengung, dich mir vorzustellen, wie du
dem Jungen den Kopf tätschelst und ihm eine halbe Krone in die Hand drückst mit
der strengen Ermahnung, sie nicht zu versaufen.»
    «Diese Szene ist jedenfalls noch in
weite Feme gerückt. Und vergiß nicht: die Chance steht eins zu eins, daß es ein
weibliches Wesen wird.»
    «Und neunzig zu eins, daß es Zwillinge
werden», bemerkte Grimsdyke, der eine Schwäche für Statistik hatte. «Eigentlich
sollte es mich nicht wundern. Schau dir den alten Tony Benskin an — der war
doch gewiß einer der Unsern in den guten alten Zeiten, und jetzt hat er
Hunderte von Kindern. Jedenfalls: meine herzlichsten Glückwünsche euch beiden,
ich hoffe, daß ich die Taufe bei einem Glas Champagner mitfeiern darf. Ich muß
schon sagen, nach meinen Erfahrungen auf diesem verflixten Schiff scheint
dieses Leiden jetzt recht weit um sich zu greifen.»
    Dr. Farquarson, mein Partner, war nicht
sehr beeindruckt — doch nach einer lebenslangen Praxis in allen Teilen der Welt
hätte es ihn auch nicht beeindruckt, der Geburt der Venus beizuwohnen.
    «Hoffentlich ist sich Ihre liebe Dame
ihrer Diagnose auch ganz sicher?» fragte er. Er lächelte nie, doch seine Brauen
zuckten auf und ab, wenn ihm etwas besonders erheiternd vorkam. «War stets der
Meinung, daß Ärztinnen sich auf dieses spezielle Gebiet nie sehr gut
verstehen.»
    Ich erschrak. «Du lieber Himmel, das
ist mir noch gar nicht in den Sinn gekommen.»
    «Na, meinem Halbtrottel von Neffen täte
es unendlich gut, sich auch einmal häuslich niederzulassen und eine Familie zu
gründen», fuhr er fort, wobei er seine Pfeife mit einem alten Skalpell
auskratzte, das auf seinem Ordinationsschreibtisch lag. «Am besten unter der
Zuchtrute eines resoluten Frauenzimmers. Er war, nebenbei bemerkt, auf einen
Sprung bei mir, als Sie Ihre Visitenrunde machten, um mir
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