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Dr. Gordon wird Vater

Dr. Gordon wird Vater

Titel: Dr. Gordon wird Vater
Autoren: Richard Gordon
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zögerte. «Du wirst mich doch nicht
verabscheuen, Richard, nicht wahr?»
    «Dich verabscheuen?» fragte ich
erstaunt. «Aber warum denn?»
    «So pflegt sich der unterbewußte
Schuldkomplex des Mannes zu äußern. Wußtest du das nicht? Die Psychiater
behaupten es.»
    «Wenn wir alles glaubten, was die
Psychiater behaupten, würden wir es nie zustande bringen, Kinder in die Welt zu
setzen», sagte ich. «Ich gebe dir mein Wort, daß ich das Musterbild eines
werdenden Vaters sein werde — stets an deiner Seite, um dich moralisch
aufzurichten und dir das Geschirr fertigwaschen zu helfen.»
    Derlei Entschlüsse wurden dadurch
erleichtert, daß Grimsdyke, sei es aus dem Gefühl, in solch delikater Zeit
störend zu wirken, sei es aus dem Entschluß, Heber Zoe gegenüberzutreten, als
eine weitere Nacht auf meinem Feldbett zu verbringen, in seine kleine Bude in
Chelsea zurückkehrte. Erst nach einigen ruhigen Wochen, während welcher ich
mich den seelischen Anforderungen werdender Vaterschaft anzupassen trachtete,
setzte sich Grimsdyke wieder mit uns in Verbindung. Eines Abends klingelte das
Telephon, und seine Stimme überraschte mich weniger als der Ort, von dem er
anrief.
    «Hallooo?» meldete sich eine
Höhere-Tochter-Stimme am anderen Ende der Leitung. «Dr. Gooordon? Hier Arundel
Hotel, London. Ich verbinde mit Dr. Grimsdyke. Einen Moooment, bitte.»
    «Es ist Grimsdyke, er spricht aus dem
Arundel», flüsterte ich Nicky ins Wohnzimmer hinüber zu.
    «Was hat denn der in einem so sündhaft
teuren Etablissement zu suchen?» fragte sie unruhig.
    «Wahrscheinlich hat er einen Dreh
ausfindig gemacht, gratis von der Herrentoilette aus zu telephonieren.»
    Doch da ertönte Grimsdykes Stimme durch
das Kabel. «Danke bestens, Miss Sherrington», sagte er. «Hallo? Hallo, Alter.
Kannst du demnächst auf einen Drink zu mir kommen?»
    «Ich trainiere zwar darauf, den
strengen Vater zu spielen», erwiderte ich. «Doch ich bin immer noch jederzeit
bereit, mit dir einen Drink zu nehmen. Was für ein Lokal schlägst du vor?»
    «Hier, selbstverständlich.» Er schien
leicht gekränkt zu sein. «Dieser Anruf dient nicht nur, dich höflichst
einzuladen, sondern auch, um dir einen Wechsel meines Wohnsitzes mitzuteilen.
Von nun an bin ich auf Suite 12 a, Arundel Hotel, Mayfair, anzutreffen. Etwas
komfortabler als dein Feldbett ist’s hier jedenfalls.»
    «Lieber Junge, sei vorsichtig!» rief
ich. «Heutzutage kann man bei Gericht scheußliche Schereien haben, wenn man so
herumflattert und die Hotelrechnungen blitzt .»
    «Welch niedrige Unterstellung! Du
würdest mir so was doch nicht im Ernst zumuten? Überdies hätte ich hier gar
keine Möglichkeit dazu, denn Rechnungen gibt’s da keine. Ich gehöre dem
Betriebsstab an — bin nichts Geringeres als der Hotelarzt des Arundel. Genau
der richtige Posten für mich. Thermometer herunterschütteln erübrigt sich hier,
man taucht es einfach in den nächsten Champagnerkübel. Wann kannst du herkommen
und mir behilflich sein, meinen Vergnügungszuschlag aufzubrauchen?»
    Wir kamen überein, uns kommenden
Donnerstagabend zu treffen, wenn ich zu meiner allwöchentlichen (unbezahlten)
Nebenarbeit in der Magenklinik des St. Swithin in London weilte.
    «Ich muß gestehen, Grimsdykes neuer
Posten würde mir einen schrecklichen Minderwertigkeitskomplex verursachen»,
sagte ich zu Nicky, als ich ihr unser Gespräch weitergab. «Aber es klingt ganz
nach dem Posten, nach dem er sich, solang ich ihn kenne, gesehnt hat. Zum
erstenmal wird er imstande sein, über sein Einkommen zu leben, ohne daß es was
schadet.»
    «Ich hingegen bin überzeugt, daß er
einen fürchterlichen Fehler begangen hat», widersprach Nicky. «Er ist jetzt in
dem Alter, wo er sich einen dauernden Posten mit Zukunft sichern sollte,
anstatt ewig als eine Art medizinischer Schmetterling herumzuflattern.»
    «Na, du kennst doch unseren Grim»,
entgegnete ich resigniert. «Nie wird er der gesetzte praktische Arzt sein, der
mit aneinandergelegten Fingerspitzen gewichtige Ratschläge zum besten gibt — dazu nimmt er sich selbst zuwenig ernst.
Außerdem sieht man Ärzte dieser Art ohnedies nur auf Reklamebildern für
Malzpräparate. Es wird mir Spaß machen, einmal in einem wirklich erstklassigen
Londoner Hotel komfortabel einen Drink einzunehmen», fuhr ich voll freudiger
Vorgefühle fort. «Selbst beim alljährlichen Spitalsball sind wir mit den Mädeln
zwischen den Tänzen ins nächste Wirtshaus gegangen, um die Ausgaben
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