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Dornröschens Erlösung

Dornröschens Erlösung

Titel: Dornröschens Erlösung
Autoren: Anne Roquelaure
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gehorsam sein sollte. Er berührte
ihre Arme. Nein, sie durfte sie nicht bewegen. Sie wusste das und bemühte sich
mehr als je zuvor, regungslos zu verharren. Konnte die Menge sehen, dass ihr
Geschlecht zuckte wie ein Mund, der nach Luft schnappte?
    Die Träger hoben die Sänfte vorsichtig auf die Schultern. Dornröschen
konnte es nicht fassen, dass sie derart zur Schau gestellt wurde. Aber es
beruhigte sie ein wenig, Tristan auf dem Kissen vor ihr knien zu sehen und zu
wissen, dass sie nicht allein war. Die lärmende Menge machte den Weg frei, und
die kleine Prozession bewegte sich über den riesigen offenen Platz.
    Dornröschen wagte nicht, auch nur einen Muskel zu bewegen. Sie
konnte den großen Bazar sehen- Händler, die Keramik, farbenprächtige Teppiche, Seide
und Leinen, Leder- und Messingwaren und Schmuckstücke aus Silber und Gold
feilboten; sie sah Käfige mit flatternden, gackernden Vögeln und dampfende
Töpfe auf Feuerstellen unter staubigen Baldachinen.
    Während die Gefangenen vorbeigetragen wurden, ließen alle
von ihren Tätigkeiten ab und starrten sie an. Und manche rannten neben
Dornröschen her, deuteten auf sie und plapperten aufgeregt durcheinander. Der
Page von Domröschen schob mit seinem peitschenartigen Lederriemen ihr langes
Haar in den Nacken und drängte die allzu Neugierigen zurück. Dornröschen
konzentrierte sich auf die Lehmziegelbauten, denen sie sich näherten. Sie wurde
eine Anhöhe hinaufgetragen, und Dornröschen bemühte sich, ihre perfekte Haltung
zu bewahren, obwohl ihre Brustwarzen schmerzten.
    Die langen goldenen Ketten, die sie hielten, schimmerten im
Sonnenlicht. Die Prozession erreichte eine steil ansteigende Straße. Auf beiden
Seiten öffneten sich die Fenster, und Neugierige starrten die Gefangenen an. Die
Menge, die der Prozession gefolgt war, drängte sich an den Hauswänden und
schrie wild durcheinander. Die Pagen trieben die Gaffer mit strengen Befehlen
zurück. Was sie wohl denken, wenn sie uns anschauen? fragte sich Dornröschen, während
ihr Geschlecht, das so schamlos allen Blicken dargeboten war, pulsierte.
    Wir sind wie wilde Tiere, und diese erbärmlich armen Leute
haben nur den Wunsch, uns besitzen zu können. Dornröschen konnte sich
anstrengen, wie sie wollte - sie war nicht in der Lage, ihre Hüften gänzlich
still zu halten. Ihr Geschlecht schien wie ein Strudel, der ihren gesamten
Körper mit sich zog. Die Blicke der Menge berührten, neckten und peinigten sie.
Endlich hatten sie die Straße hinter sich gebracht. Die Menge strömte auf einen
offenen Platz, auf dem schon Tausende Schaulustiger standen und warteten.
    Der Lärm der Stimmen brandete Dornröschen entgegen. Sie
fühlte, dass ihr Herz noch schneller schlug, als sie die großen goldenen Türme
eines Palastes erblickte, die sich vor ihr erhoben. Die Sonne blendete; sie
blitzte auf den weißen Marmorwänden und den Bögen. Die riesigen Türen waren
ebenso mit Blattgold überzogen wie die kunstvollen Türme. Gegen diesen
prächtigen Palast waren die dunklen groben Steinschlösser in Dornröschens
Heimat plump und vulgär.
    Die Prozession bog nach links ab. Und für einen Moment sah
Dornröschen hinter sich Laurent, dann Elena, deren langes braunes Haar in der
Brise wehte, und Dimitri und Rosalinde. Alle hockten gehorsam und still auf den
Kissen ihrer Sänften. Die Jungen in der Menge schienen noch aufgeregter. Sie
johlten und liefen auf und ab, so als ob die Nähe des Palastes ihre Aufregung
noch steigern würde.
    Die Karawane war an einem Seiteneingang angelangt, und
Wachen mit Turbanen und großen Krummsäbeln, die von ihren Gürteln hingen, trieben
die Menge zurück, als eine schwere Flügeltür geöffnet wurde. Gesegnete Stille, dachte
Dornröschen, als Tristan und gleich darauf sie selbst über die Schwelle getragen
wurden. Sie hatten keinen Hof betreten, wie Dornröschen es erwartet hatte, sondern
einen riesigen Korridor, dessen Wände mit Mosaiken verziert waren. Selbst an
der Decke sah sie steinerne Blumenornamente. Plötzlich hielten die Träger an. Die
Türen hinter ihnen wurden geschlossen.
    Erst jetzt sah Dornröschen die Fackeln an den Wänden und die
Lampen in den kleinen Nischen. Eine große Anzahl junger dunkelhäutiger Burschen,
die genauso gekleidet waren wie die Pagen auf dem Schiff, betrachteten still
die neuen Sklaven. Dornröschens Kissen wurde zu Boden gesenkt. Sofort ergriff
ihr Bursche die Zügel und zog sie nach vorne. Dornröschen fiel vornüber auf den
Marmor. Die
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