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Dornroeschenmord

Dornroeschenmord

Titel: Dornroeschenmord
Autoren: Anna Kalman
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sie wußte es von Elaine Parkinson, und die ist eine Cousine von Isabelle Davenport, Franks zukünftiger Frau. Er selbst bat es mir bislang verschwiegen. Ja, er tut sogar so, als wäre alles wie früher.
    Doch ich weiß genau, woran ich bin: Er hat mich die ganze Zeit belogen, es war ihm niemals wirklich ernst mit mir. Ich war nichts weiter für ihn als ein amüsanter kleiner Zeitvertreib. Wahrscheinlich hat er sich über mich und meine Anhänglichkeit insgeheim lustig gemacht. Aber geliebt hat er mich nicht, auch wenn er es immer wieder beteuert hat.
    Denn würde er dann eine andere heiraten? Noch dazu Isabelle Davenport, diese affektierte, dümmliche Gans, die nichts zu bieten hat außer Geld. Doch was habe ich zu bieten? Vielleicht einen guten Namen, aber eben kein Vermögen in der Hinterhand. Und das braucht er wohl dringender als eine Frau, die er lieben kann.
    Offensichtlich bin ich niemandem gut genug. Mein Vater hat es mich ja schon immer spüren lassen, und anstatt daran zu denken, war ich tatsächlich so vermessen, zu glauben, das könnte jetzt anders werden. Wie lächerlich. Ich bin nichts weiter als ein Mädchen, das sich viel zu schnell und bedingungslos hingegeben hat. Wie sollte da ein Mann auch Respekt haben können? Also brauche ich gar nicht zu jammern, denn ich habe es nicht anders verdient.
    In drei Tagen werde ich abreisen, zu meinen Verwandten in Deutschland. Und dann werde ich weitersehen. Auf keinen Fall werde ich Frank von dem Kind erzählen. Nichts wäre schlimmer, als wenn er sich aus Mitleid für mich entscheiden würde. Ich habe in diesem Spiel zwar verloren, aber meinen Stolz habe ich behalten.
     
    In Deutschland war Gwendolyn dann Gregor Graf Habeisberg begegnet, und der hatte sie nur wenige Monate später geheiratet. Obwohl aus den Einträgen hervorging, daß Gwendolyn wohl Sympathie für ihn empfunden haben mußte – Liebe war es von ihrer Seite her nicht. Das Auffälligste an den Eintragungen dieser Zeit war das starke Besitzdenken, was ihren Sohn anging. Es schien, als müßte Edward ihr all das in ihrem Leben sein, was ihr woanders versagt geblieben war.
     
    6. Februar 1966
    Es stört mich, daß Gregor so tut, als wäre Edward auch sein Sohn. Natürlich soll der Kleine nichts anderes glauben, aber Gregor kennt die Wahrheit, und es wird endlich Zeit für ihn zu akzeptieren, daß Edward nur mein Sohn ist. Ich bestimme, wie er erzogen werden soll …
     
    14. September 1966
    Oh, mein Gott, was habe ich nur aus mir und meinem Leben gemacht. An allem bin ich selber schuld. Ich bin einfach nichts wert, ich kann nichts und war auch nie gewollt. Manchmal habe ich nur den Wunsch, mich selbst zu verletzen. Ich habe dann die Vorstellung von einem Messer, das durch meine Venen fährt. Es hat
    etwas so Befreiendes. Alles, was mich noch in diesem Leben hält, ist der Gedanke an meinen Sohn. Ich kann ihn doch nicht so im Stich lassen, wie es meine Mutter mit mir getan hat.
     
    24. November 1967
    Endlich habe ich die Faltermeier gefeuert. Sie hat als Haushälterin einfach nichts getaugt. Überall war Dreck, Dreck, Dreck. Ich kann es nicht ertragen. Schmutz symbolisiert menschliches Versagen. Am liebsten würde ich erst einmal selbst tagelang alles schrubben, ich habe das Gefühl, als würde dann auch der Dreck von meiner Seele verschwinden. Am schlimmsten ist aber der Gedanke, mein Kind könnte mit Schmutz in Berührung kommen. Dabei ist Edward so klein und so unschuldig. Ich wünsche mir, es könnte immer so bleiben. Deswegen muß ich dafür sorgen, daß er nicht auf Menschen trifft, die ihn verderben könnten. Ist das nicht die erste Aufgabe einer jeden Mutter?
     
    31. März 1978
    Ich habe doch gewußt, daß es falsch war, Edward zu erlauben, mit seiner Klasse in den Skiurlaub zu fahren. Als er zurückkam, fand ich in seiner Tasche einen Brief von einer Bettina Hösl. Erst dreizehn und schon so ein Früchtchen. Jeder weiß doch, daß Mädchen in dem Alter viel weiter entwickelt sind als Jungen, und die Absichten dieser Bettina sind eindeutig. Von wegen Händchen halten – die Mädchen von heute geben sich damit nicht mehr zufrieden. Und ein unwissender Junge wie mein Edward fällt doch leicht auf dieses süße Getue herein.
    Ich habe den Brief genommen und ihn zerrissen. Was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß. Und vielleicht vergißt er den Brief schnell, wenn er nicht mehr greifbar für ihn ist. Gott, es ist so schwer, einen Halbwüchsigen vor all diesen Dingen zu bewahren.
     
    24.
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