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Dornenliebe

Titel: Dornenliebe
Autoren: Christine Feher
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Lieblingsjeans, die sie sich erst vor wenigen Wochen gekauft hat. Um die Taille legt sie einen braunen Ledergürtel mit aufwendig gearbeiteter Metallschließe, schlüpft in ihre farblich passenden Lederstiefel, auch der Modeschmuck, den sie dazu anlegt, harmoniert mit dem Gesamtbild. Dennoch blickt sie immer wieder kritisch in den Spiegel an ihrem Schrank, steckt ihre Haare hoch und lässt sie wieder fallen, nimmt einen Rock heraus und hält ihn an sich, ebenso ihr kurzes schwarzes Kleid, nein, das wäre übertrieben, zum Essengehen muss man kein Partyoutfit tragen. Luna denkt daran, wie wenig sie noch von Falk weiß. Welche Art von Kleidung ihm an Mädchen gefällt, was für Bücher er liest, womit er sich in seiner Freizeit beschäftigt, wer zu seinem Freundeskreis gehört. Ob sie mit ihrem Outfit seinen Geschmack trifft oder ob er sie lieber ganz anders sehen würde, heute, bei ihrem ersten offiziellen Treffen. Ob ihm ihre Wohnung zusagt oder ob er Besseres gewohnt ist, einen großzügigen, gediegenen Neubau, ein Loft vielleicht oder ein ausgebautes Dachgeschoss in einer Stadtvilla. Sie hat nicht einmal Sarah danach gefragt.
    Schließlich beschließt Luna, nichts mehr an sich zu verändern. So rücksichtsvoll, wie Falk sie gestern behandelt hat, wird es auch ihm am wichtigsten sein, dass sie
sich selbst in ihrer Kleidung wohl fühlt. Ein wenig krampfhaft lächelt sie ihrem Spiegelbild zu, zündet ihre überall im Zimmer verteilten Kerzen an und löscht das Deckenlicht. Im selben Moment klingelt es an der Tür. Lunas Herz setzt einen Schlag aus, jetzt ist es so weit. Sie drückt den Summer und hört die Haustür aufspringen. Falk küsst sie auf die Wange und überreicht ihr eine rote Rose in Cellophan, schiebt sich an ihr vorbei ins Zimmer, das sofort voll von ihm ist. Er erscheint ihr noch besser aussehend als gestern mit seinem schwarzen Oberhemd und der gleichfarbigen Lederjacke dazu, den lässigen neuwertigen Jeans. Jeans sind für heute Abend also richtig, denkt Luna und atmet insgeheim auf. Der Duft seines Rasierwassers lässt sie leicht schwindlig werden, es ist ihr schon so vertraut, am liebsten würde sie sich sofort in seine Arme schmiegen, doch sie hält sich zurück, wartet ab, was er zu ihrer Wohnung sagt. Zum Glück läuft die Heizung heute richtig.
    Falks Blick bleibt an der Blume auf dem Sofatisch hängen.
    »Oh, du hattest schon Besuch«, stellt er fest. »Einen Verehrer, nehme ich an.« Er versucht ein amüsiertes Lächeln, doch seine Wangen wirken starr, sein Blick unbeweglich. Als Luna an seine Seite tritt und sich ganz leicht an ihn lehnt, spürt sie seinen Körper wie einen Panzer.
    »Quatsch«, beeilt sie sich zu versichern. »Woher sollte denn ein Verehrer kommen, ich kenne in Berlin doch fast noch niemanden. Die Blume habe ich mir selbst gekauft, weil der Tisch so kahl aussah.« Sie hebt den Kopf, um ihn anzulächeln, beschwichtigend, beruhigend, nur leicht amüsiert. Falk wendet seinen Blick von der Blume und sieht sie an, die Gesichtszüge noch immer angespannt. Er wartet darauf, dass ich meine Blume aus der Vase nehme und gegen seine austausche, überlegt sie und eilt in die
Küche, füllt Leitungswasser in die zweite Vase, was für ein Glück, dass die Mutter die ihr noch mitgegeben hatte, stellt die Gerbera hinein und trägt sie zum Fensterbrett, ehe sie Falks Rose auf den Couchtisch stellt.
    Falk steht noch immer am selben Fleck, die Arme vor der Brust verschränkt. Luna friert plötzlich, beginnt zu zittern, nimm mich doch endlich in den Arm, denkt sie. Wie kommt er nur auf solche Geschichten?
    »Ich hätte gar keine Zeit gehabt, mich zu verabreden, weil ich fast den ganzen Tag lang Kisten ausgepackt habe. Gefällt es dir hier?«
    Falk blickt sich abermals um, tastet jeden Winkel mit seinen Augen ab, wiegt den Kopf hin und her, mustert Luna von oben bis unten, sieht wieder weg. Vielleicht ist die Jeans doch nicht das Richtige.
    »Nett«, sagt er schließlich. »Völlig anders, als ich wohne … Komm, lass uns gehen.«
    Sie fahren eine Viertelstunde lang durch die Stadt. Luna nutzt die Zeit, um Berlin weiter auf sich wirken zu lassen, die vorbeiziehenden Altbauten, die regennassen, beleuchteten Straßen, ein paar hingeklatschte Bürohäuser. Hier sieht es nicht anders aus als in jeder anderen Vorstadt.
    »Wenn das Wetter besser ist, zeige ich dir alles«, verspricht Falk, der ihrem Blick gefolgt ist. »Am schönsten ist es an einem lauen Abend im Mai, wenn die Kirschblüten blühen.
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