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Dorn: Roman (German Edition)

Dorn: Roman (German Edition)

Titel: Dorn: Roman (German Edition)
Autoren: Thilo Corzilius
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strahlten stets volles Selbstbewusstsein aus – er wusste was auf die Schnelle zu organisieren war.
    Und auch ich wusste, was den Förmlichkeiten entsprach.
    Es hieß also zurück in mein Gemach, um zumindest einmal Umhang samt Brosche anzulegen und natürlich das Schwert meines Vaters. Ein ungewöhnlich schlankes Stück, das auf den Namen Erlenfang hörte. Angeblich wurde es einst im legendären Reich Ebben geschmiedet, das nun jenseits der verlorenen Lande lag. Es war seit vielen Generationen im Familienbesitz und trug in den Knauf graviert unser einfaches, wie unverkennbares Wappen: Eine Falkenfeder.
    Zurück im Hof hatte sich bereits die Wachmannschaft der Garde versammelt, um links und rechts neben dem Tor eine Gasse für den königlichen Botschafter zu bilden. Fünf Mann zur Linken und fünf zur Rechten. Viel machte die Garde Falkenbergs nicht her. Grüngefärbte Untergewänder aus grober Wolle und einfache, bräunliche Gambesons, die ihre Körper vor den scharfen Teilen ihrer schon seit Generationen in Gebrauch befindlichen Rüstungen schützten. Ich hätte keine neuen Rüstungen finanzieren können, ohne es den Bewohnern der Markgrafschaft in Form von Steuern zur Last zu legen. Aber die Männer kannten mich und wussten um diesen Umstand. Niemand murrte.
    Ich blickte um mich. Die wenigen Bediensteten der kleinen Burg hatten sich am Rande des Hofes versammelt. Die Nachricht vom hohen Besuch hatte um sich gegriffen, wie ein Laubfeuer.
    Auf Hermelinks Wink hin wurde das Fallgatter hochgezogen. Wir warteten schweigend in der Kühle und im bläulichen Licht des Frühlingsmorgens. Der Himmel verhieß einen klaren, aber auch kalten Tag. Von einer Feuerstelle wirbelten vereinzelte Ascheflocken durch den Hof.
    Dann war das Hufgetrappel zu hören.
    Es schien beinahe, als vergaßen die Hofbediensteten in Erwartung des königlichen Boten zu atmen.
    Der Mann, der den notdürftig gepflasterten Pfad hinauf zur Burg hinter sich brachte, saß erschöpft in seinem Sattel. Doch stolz, wie es möglicherweise nur die Männer des Königs waren, hielt er das strahlende Banner aufrecht. Nun war das Emblem darauf bestens zu erkennen. Eine blaue Faust, gen Himmel gereckt.
    »Präsentiert!«, hallte Hermelinks Ruf über den stummen Burghof – und die Soldaten reckten ihre Speere in die angemessene Position.
    Inmitten der Gasse ließ der Bote seinen Schimmel stehen. Das Tier schnaubte von den Strapazen der Reise. Er reichte das königliche Banner einem meiner Männer, die Zügel einem anderen. Seine Rüstung zeigte starke Abnutzungserscheinungen, doch im Gegensatz zu denen meiner Garde rührten seine von den Beanspruchungen im Kampf her. Er löste das Lederband seines Helmes, steckte ihn unter den Arm. Ein dreckiges, bärtiges, aber noch recht junges Gesicht kam darunter zum Vorschein – offensichtlich hatte der Bote kaum Rast gemacht auf seinem Weg, nicht um sich zu waschen oder zu rasieren.
    Der Staub in seinem Gesicht trug die Spuren geweinter Tränen. Ja, die handverlesenen Männer des Königs gaben ihr Leben vollkommen in den Dienst ihres Herrn. Und so musste das, was der Mann zu berichten hatte, für ihn wahre Schmerzen bedeuten.
    »Deckard, Markgraf zu Falkenberg?«, hallte sein Ruf zu mir hinüber.
    »Der bin ich«, erwiderte ich ruhig, wohl wissend, was mir blühte. Wir traten einander gegenüber, während er in seine wollene Umhängetasche griff.
    Dann fiel er vor mir auf beide Knie, was nicht nur der Erschöpfung geschuldet war.
    Er streckte mir ein zusammengerolltes und versiegeltes Pergament in der ausgestreckten Hand entgegen. Ich nahm es und hielt seinem Blick eine Weile stand.
    Schließlich verkündete der Bote laut und beinahe tränenergeben: »Liebe Menschen von Falkenberg. Ich bin den langen Weg aus der Hauptstadt gekommen um euch die schmerzhafteste aller Botschaften zu verkünden: König Hroth, den man auch Den Degen von Pjern nannte, ist verschieden. Der Thron ist verwaist.«
    Wie zu erwarten ging ein Raunen durch den Hof.
    Natürlich, solche Nachrichten wurden ausschließlich persönlich überbracht – man verließ sich bei solch tiefschneidenden und hochoffiziellen Dingen nicht auf Brieftauben.
    Kurzentschlossen packte ich den Arm des trauernden Mannes und half ihm auf die Beine. Er erstarrte einen Augenblick ob der brüderlichen Geste.
    »Geh dich von der Reise waschen, tapferer Bote! Und lass dir bequemere Kleidung geben«, sagte ich. »Dann wirst du mir bei einer Stärkung Genaueres berichten.«
    Der
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