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Donaugrund (German Edition)

Donaugrund (German Edition)

Titel: Donaugrund (German Edition)
Autoren: Sonja Silberhorn
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Ihnen helfen?« Auch noch freundlich. Jetzt reichte es aber wirklich.
    »Nein danke, ist schon in Arbeit«, erwiderte Raphael mit einem unverbindlichen Lächeln.
    Na immerhin, die Sprache hat es ihm angesichts Superwoman noch nicht verschlagen.
    So was sollte einfach verboten werden, finden Sie nicht auch? (Sie brauchen nicht zu antworten, das ist eine rein rhetorische Frage. Ich weiß ohnehin, dass die Damen unter Ihnen zustimmend nicken, während die Herren entschieden den Kopf schütteln.)
    Aber ist doch wahr – wer braucht eine Frau, angesichts derer sich eine gut erhaltene, selbstbewusste fast Dreißigjährige mit kaum altersdeformiertem Körper fühlt wie die traurigen Reste liegen gebliebener Ramschware vom Grabbeltisch? Und nein, glauben Sie mir: Ich übertreibe nicht! Sogar Kate Moss würde angesichts dieser Frau vor Neid kotzen.
    Obwohl es bei Kate für den Würgereiz wahrscheinlich gar keinen Neid braucht …
    Sie öffnete den passend zu den Designerstühlen knallorangefarbenen Aktenschrank hinter der Rezeption, nahm nach kurzem Suchen einen Ordner heraus und schloss den Schrank wieder, bevor sie mit einem hocherotischen »Tschüss, schönen Abend noch« wieder den Rückweg einschlug.
    »Danke, ebenso.« Im Gegensatz zu ihrer Stimme klang meine wie besonders verkrampft umklammerte Kreide auf einer Schultafel. Für einen Augenblick gelang es mir, den Blick von ihrem nach links und rechts schwingenden Knackarsch, der zu allem Überfluss auch noch in einer knallengen Jeans steckte, abzuwenden und zu überprüfen, ob Raphael ihr mit offenem Mund und heraushängender Zunge hinterhechelte. Er jedoch hatte seinen Blick unbeteiligt auf den vorrückenden Sekundenzeiger der ebenfalls orangefarbenen Designeruhr über dem Eingang geheftet.
    Will der mich verarschen? (Auch das war lediglich eine rhetorische Frage. Ich weiß, dass die Damen unter Ihnen, liebe Leser, jetzt hoffnungsvoll, beruhigend und optimistisch zugleich den Kopf schütteln, während die Herren, je nach Mut, entweder nur insgeheim oder völlig offen nicken.) Zum Glück verschwindet Miss HEUREKA endlich im letzten Zimmer des Flurs, und ich suche eifrig nach Anzeichen von Scheinheiligkeit in Raphaels noch immer unbeteiligtem Gesicht. Immerhin, er hat noch nicht angefangen, beiläufig zu pfeifen. (Das hätte dann nämlich sogar ich durchschaut.)
    Endlich kam der Empfangs-Feuermelder im grauen Hosenanzug, einen Stapel Unterlagen balancierend, aus dem Büro des großen Häuptlings und winkte uns ungeduldig heran. Beinahe hatte ich sie in meiner Anwandlung von Hass, Neid und Eifersucht vergessen.
    »Herr Hoyer hat jetzt Zeit für Sie«, sagte sie gnädig und hielt uns die Tür auf.
    Sascha Hoyer sah exakt so aus, wie man sich einen erfolgreichen Jungunternehmer nicht vorstellte. Sein aschblond-hellbraun-farbloses Haar lichtete sich bereits, sein Gesicht wirkte weich und konturlos, die verwaschen blauen Augen hinter der Brille zwinkerten in einem fort und wichen aus, sobald man sie direkt anvisierte. Als er aufstand, registrierte ich, dass er kaum größer sein konnte als ich, und seine leicht schwitzige Hand erwiderte den Druck mit einer Kraft, als befände er sich bereits im gleichen Zustand wie sein bedauernswerter Kompagnon.
    Trotz alledem wirkte er keinesfalls unsympathisch. Nur … schüchtern. Unsicher. So, als würde er sich am liebsten hinter den drei Monitoren verschanzen, die sich auf seinem Schreibtisch aneinanderkuschelten. Dennoch schob er einen der Bildschirme behutsam zur Seite und deutete uns an, auf den Besucherstühlen ihm gegenüber Platz zu nehmen. (Der Vollständigkeit halber: Auch diese waren orange. Das musste ein unschlagbares Sonderangebot gewesen sein.)
    »Herr Hoyer, haben Sie heute schon mit Frau Wahlner telefoniert?«, fragte ich vorsichtig. Sofern er noch nicht informiert war, stand uns schließlich das erneute Überbringen der tragischen Nachricht bevor.
    »Ja«, antwortete er mit überraschend sicherer Stimme, »ich bin schon im Bilde.« Er schluckte, sein Blick schweifte zurück zu dem Monitor, den er gerade zur Seite geschoben hatte.
    Raphael räusperte sich, lehnte sich entspannt zurück und schlug lässig die Beine übereinander. »Wie erklären Sie sich den Tod Ihres Kollegen, Herr Hoyer?«
    Hoyer zuckte unentschlossen die Achseln. »Ich weiß nicht … Ein Unfall?«
    Raphael setzte sein Pokerface auf. »Ja, glauben Sie?«
    »Keine Ahnung. Wollen Sie jetzt Spekulationen hören?« Der Anflug von Ungeduld in Hoyers
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