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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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sich während dieses Jahres zu einem Schäfer zu machen und in der Einsamkeit der Gefilde zu leben, wo er seinen verliebten Gedanken ganz ungehindert freien Lauf lassen könne, in der Ausübung der schäferlichen und tugendhaften Übungen; er bitte sie auch, wenn sie nicht sehr beschäftigt wären oder doch von wichtigern Dingen daran verhindert würden, seine Gefährten zu werden, denn er wolle Schafe kaufen, hinreichendes Vieh, um den Namen Schäfer führen zu können; wobei sie wissen müßten, daß das Vornehmste in dieser Sache schon geschehen sei, denn er hätte ihre Namen schon so schön ausgesonnen, daß man sie nicht besser wünschen könne.
    Der Pfarrer bat ihn, daß er sie sagen möchte. Don Quixote antwortete, daß er der Schäfer Quixotiz heißen werde, der Baccalaureus der Schäfer Carrascon, der Pfarrer der Schäfer Pfarriand und Sancho Pansa der Schäfer Pancino. Alle erstaunten über diese neue Narrheit des Don Quixote; damit er aber mit seiner Ritterschaft nicht von neuem aus dem Dorfe liefe, indem sie hofften, daß er in dem Jahre wohl hergestellt werden könnte, gingen sie in seine neue Absicht ein und lobten seine Narrheit als sehr verständig, wobei sie sich zu Gefährten seiner Lebensweise anboten; »und da ich nun«, sagte Simson Carrasco, »wie es die ganze Welt weiß, ein sehr berühmter Poet bin, so werde ich auf jedem Schritte Schäferlieder oder zierliche Gedichte verfertigen, oder wie sie mir am besten geraten, womit wir uns in den Feldern, welche wir bewohnen werden, unterhalten können; was aber das nötigste ist, meine Herren, ist, daß sich jeder den Namen einer Schäferin aussucht, die er in seinen Versen preisen will, damit wir alsdann keinen Baum, wenn er auch noch so hart ist, verschonen, in welchen wir diesen Namen nicht schreiben und eingraben, wie es bei den verliebten Schäfern üblich und gebräuchlich ist.«
    »Das ist gar vortrefflich«, antwortete Don Quixote, »doch bin ich dessen entübrigt, den Namen einer erdichteten Schäferin zu suchen, denn hier haben wir ja schon die unvergleichliche Dulcinea von Toboso, den Ruhm dieser Felder, den Schmuck dieser Wiesen, den Inbegriff der Schönheit, die Blüte der Anmut, und kurz, den Gegenstand, welchen keine Lobeserhebung erreicht, wenn sie auch noch so hyperbolisch ist.«
    »Das ist wahr«, sagte der Pfarrer; »wir aber wollen uns handlichere Schäferinnen suchen, die, wenn sie uns auch weniger zu Herzen gehen, doch gut zum Scherzen sind.«
    Worauf Simson Carrasco hinzufügte: »Und wenn sie uns fehlen, so nehmen wir die Namen aus den gedruckten Büchern, wo mit die Welt angefüllt ist; die Phillidas, Amarillis, Dianas, Fleridas, Galateas, Belisardas, die, da sie auf den öffentlichen Märkten feil sind, wir wohl an uns kaufen und für unsre eignen halten dürfen. Wenn meine Dame oder, richtiger zu reden, meine Schäferin vielleicht Anna heißt, so besinge ich sie unter dem Namen Annarda, heißt sie Franziska, so nenne ich sie Franzenia, wenn Luzia, Luzinda, denn so müssen sich alle endigen, und wenn Sancho Pansa in unsere Gemeinschaft treten wollte, so kann er seine Frau Therese Pansa unter dem Namen Theresaina besingen.«
    Don Quixote lachte über die Veränderung der Namen, und der Pfarrer lobte unendlich seinen herrlichen und ehrenvollen Entschluß und erbot sich von neuem, ihm die ganze Zeit über Gesellschaft zu leisten, welche er nach seiner harten Verpflichtung feiern müsse. Hiermit nahmen sie Abschied von ihm und baten und ermahnten ihn, für seine Gesundheit Sorge zu tragen und sich so zu verpflegen, wie es ihm heilsam sei.
    Das Schicksal wollte, daß seine Nichte und die Haushälterin das Gespräch der drei mit angehört hatten, wie daher jene fort waren, gingen sie beide zu Don Quixote, und die Nichte sagte zu ihm: »Was ist denn das wieder, Herr Oheim? Nun, da wir dachten, Ihr wärt in Euer Haus zurückgekommen, um ruhig und anständig zu leben, nun wollt Ihr Euch in neue Labyrinthe verwickeln und gar werden

    Schäferlein, du, der du kommst, Schäferchen, du, der du gehst?

    O aber, wahrhaftig, dazu ist das Rohr zu alt, nun noch Pfeifen daraus zu schneiden.«
    Die Haushälterin fügte hinzu: »Könnt Ihr es denn wohl auf dem Felde in der Hitze des Sommers, bei der Kälte des Winters und bei dem Heulen der Wölfe aushalten? Nein wahrhaftig, denn das ist ein Stand für starke und abgehärtete Menschen, die dazu fast von der Brust und von den Windeln aufgezogen werden: und soll ja ein Unglück sein, so ist der
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