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Don Fernando erbt Amerika

Titel: Don Fernando erbt Amerika
Autoren: Ewald Arenz
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sich hilfesuchend an Erik: »Also, sag ich jetzt was oder nicht?«
    »Nicht!«, antwortete Erik und fragte Calipsee: »Muss er nicht ›So wahr mir Gott helfe‹ sagen?«
    »Kann er«, sagte Calipsee böse. »Aber es wird ihm nichts nützen. Das hier ist gottfreier Raum. Hier gibt es nur einen Gott.«
    »Ah ja!«, sagte Erik zufrieden. »Wollen Sie ihm denn keine Fragen stellen?«
    »Sicherlich nicht!«, sagte der Richter entschieden. »Wenn wahr ist, was dieser Mann sagt, ist er fünfhundert Jahre alt. Und weil kein Mensch fünfhundert Jahre alt wird, ist das also kein Mensch, sondern wahrscheinlich ein ekelerregendes Tier. Und ich rede nicht mit Tieren.«
    »Die biologischen Analysen haben aber gezeigt, dass er die Wahrheit sagt«, meinte Erik sanft. »Dieser Mann ist der rechtmäßige Erbe von Kolumbus.«
    »Vielleicht fragt mich endlich jemand was!«, sagte Fernando enerviert.
    Calipsee wandte sich ihm zu. Seine Augen funkelten selbst durch die Sonnenbrille. »Sie wollen, dass ich Sie was frage? Wollen Sie das wirklich?«
    »Och«, sagte Fernando, der es sich plötzlich anders überlegte, nachdem er in Calipsees Gesicht geblickt hatte. »Vielleicht doch nicht.«
    »Ich will Sie jetzt aber was fragen!«, sagte Calipsee. »Sie beantragen die Auflösung der Vereinigten Staaten und die Wiederherstellung des Zustandes von vor vierhundertachtzig Jahren respektive eine Entschädigung, falls das nicht möglich ist.«
    Er machte eine kleine Pause, nahm die Sonnenbrille ab und starrte Fernando voll an: »Wenn Sie das wirklich wollen, dann sagen Sie jetzt ›Ja‹!«
    Fernando starrte in Calipsees Augen. Farbige Kreise begannen sich vor ihm zu drehen. Er hatte plötzlich das dringende Bedürfnis, ›Nein‹ zu sagen oder ›Ich verzichte dankend‹ oder ›Kann ich mal schnell aufs Klo?‹.
    Erik erkannte die Gefahr und sagte zu Calipsee: »Die Verfassung schützt das Recht auf Eigentum. Dieser Mann verlangt bloß, der Verfassung gemäß behandelt zu werden und Amerika als Vizekönigtum zugesprochen zu bekommen!«
    Calipsee drehte sich wütend um und kreischte: »Ich kenne die Verfassung! Ich bin Verfassungsrichter!«
    »Kein guter«, sagte Erik unschuldig. »Wenn Sie nicht mal Ihre Verfassung ein bisschen herrichten können!«
    »Was meinen Sie damit?«, schrie Calipsee. »Was ist mit meiner Verfassung? Sie ist völlig in Ordnung!«
    »Hab nie was anderes behauptet«, sagte Erik. »Aber Sie könnten sie trotzdem mal richten. Vielleicht ist sie innen kaputt, und man sieht es von außen gar nicht.«
    »Was?«, brüllte Calipsee. »Wollen Sie damit andeuten, dass ich nicht in der Verfassung bin, Richter zu sein?«
    »Ich richte mich nur nach der äußeren Verfassung«, sagte Erik kühl. »Ich bin Anwalt. Ob die innere Verfassung verkehrt ist, interessiert mich nicht. Die müssen Sie schon selbst richten.«
    »Ich werde alles richten«, schrie Calipsee erbost, »und zwar hin!Ich verkehre keine Verfassungen. Macht mir keinen Spaß. Deuten Sie bloß nicht an, dass ich irgendwas verkehre!«
    »Geht das schon wieder los«, seufzte Erik. »Letztes Mal haben Sie gesagt, dass Sie mit Männern verkehren. Diesmal mit Verfassungen. Ich frage mich, in was für einer Verfassung Sie sind. Ich finde das krank!«
    Calipsee platzte fast, als er brüllte: »Ich bin krank, wenn ich Ihnen zuhöre. Sie verkehren alles!«
    »Besser, als mit allem zu verkehren«, schlug Erik zurück. »Sie haben ein echtes Problem!«
    »Ja!«, heulte Calipsee auf. »Sie!«
    »Oh!«, sagte Erik schüchtern und errötete. »Wollen Sie sagen, dass Sie mit mir verkehren wollen?«
    »Nein!«, brüllte Calipsee verzweifelt. »Ich will diesen Mann befragen, ohne dass Sie mich stören!«
    »Er wird auch nicht mit Ihnen verkehren wollen«, murmelte Erik.
    Calipsee wandte sich, innerlich tief erschüttert, an Fernando: »Die Verfassung sieht vor, das Recht des Einzelnen zu schützen. Sie wollen die Verfassung aber aufheben lassen, damit Sie Ihr Eigentum bekommen. Das ist ein Paradoxon! Sie können Ihre Rechte nur bekommen, wenn die Verfassung gültig ist, aber Ihr Anspruch schließt die Gültigkeit der Verfassung aus. Also können Sie sich gar nicht auf sie berufen«, schloss er triumphierend. »Geben Sie’s auf!«
    Fernando dachte nach. Dann sagte er schlicht: »Passen Sie auf, Euer Ehren, können wir diesen ganzen Verfassungskram nicht einfach abstellen? Ich meine, mit Verfassungen ist das so wie mit der Jungfräulichkeit: Solange sie da ist, wird ein Riesenwirbel darum
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