Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Camillo gibt nicht auf

Don Camillo gibt nicht auf

Titel: Don Camillo gibt nicht auf
Autoren: Giovannino Guareschi
Vom Netzwerk:
die vergrößerten Photographien der verstorbenen Verwandtschaft, findet sich der Krimskrams, den man bei Lotterien gewonnen oder irgendwann geschenkt bekommen hat. Für gewöhnlich ist es der Raum, den keiner von der Familie freiwillig betritt, denn diese ganze Pracht schüchtert einen ein, und außerdem ist er der tristeste und ungemütlichste Ort der ganzen Wohnung.
    Aber als Peppone nun die Tür öffnete, blieb Don Camillo der Mund offen stehen.
    Das hatte er nicht erwartet - trotz Smilzos Beschreibung: alles frisch getüncht, supermoderner Lampenschirm, neue Möbel, an den Fenstern gestickte Vorhänge und, Wunder aller Wunder, ein Fußboden aus Fliesen wie Marmor, ein Fußboden, der funkelte wie Kristall: unglaublich glatt, unglaublich sauber und blank.
    «Na?» sagte Peppone, als er sah, daß Don Camillo keine Anstalten machte einzutreten.
    «Peppone!» rief Don Camillo. «Das ist ja sagenhaft! Eine so schöne und moderne sala wird man kaum in einem städtischen Herrschaftshaus finden!»
    «Na, wir wollen’s nicht übertreiben!» meinte Peppone grinsend. «Nur hinein!»
    Vorsichtig wagte sich Don Camillo ins Zimmer, und Peppone wollte ihm eben folgen, als ein fast unmenschlicher Schrei erscholl. Peppones Frau stürzte herbei, klammerte sich an ihren Mann und nagelte ihn auf der Schwelle fest. Schreckensstarr betrachtete sie seine staubigen, schlammverkrusteten Schuhe und redete wie irr auf ihn ein - Schreie ausstoßend wie ein verwundeter Adler.
    Peppone verschwand aus der Tür, und als er wieder auftauchte, hatte er unter seinen Füßen die pattìne: jene verdammten rechteckigen Filzlappen, die von den biederen Bürgersfrauen in der Stadt erfunden worden waren, um den Glanz der Fußböden zu schonen.
    Don Camillo betrachtete Peppone, der wie ein Schlittschuhläufer über den Boden glitt: Groß und kräftig, wie er war, mit dem knallroten Tuch um den Hals, den wirren, auf der Stirn klebenden Haaren und Händen so groß wie Schaufeln und dunkel von der Sonne und vom Maschinenöl, hätte er eigentlich zum Lachen reizen müssen, aber statt dessen tat er einem fast leid.
    Don Camillo war hergekommen, um zu lachen, aber nun verging ihm die Lust dazu. Er kehrte ebenfalls um, stellte sich mit seinen Schuhen auf zwei andere an der Tür bereitliegende Filzlappen und glitt nun seinerseits über den blitzenden Fußboden.
    Wortlos setzten sie sich an den Tisch, dessen Platte genauso glänzte wie der Boden, und schwiegen sich an, bis Peppones Frau wieder erschien, in der Hand ein Tablett mit Gläsern und einer Flasche Wein. Die Frau setzte alles auf den Tisch, füllte die beiden Gläser und befahl im Hinausgehen: «Die Flasche aufs Tablett, die Gläser auf die Untersetzer!» Noch ehe er trank, wischte Don Camillo den Fuß des Glases an seinem Ärmel ab und setzte es dann mit Anstand in die Mitte des Untersetzers.
    Keiner der beiden wußte, wie er anfangen sollte. Zum Glück erschien der Smilzo unter der Tür und schwenkte einen großen gelben Umschlag.
    «Chef, ganz eilig, von der Parteileitung!»
    «Bring es her!» befahl Peppone, der sich wieder aufraffte.
    «Nein, ich leg’s hierher», antwortete Smilzo und machte Anstalten, den Brief auf dem Polsterstuhl neben der Tür zu deponieren. Peppone fand wieder zum donnernden Ton vergangener schöner Zeiten zurück:
    «Smilzo, bring den Brief her!» brüllte er. Smilzo zögerte einen Moment, dann bemächtigte er sich eines dritten Paares Filzlappen, das neben der Tür geparkt war, und glitt über den blitzenden Boden auf seinen Chef zu.
    «Setz dich hin und trink!» schrie Peppone und goß ihm ein Glas ein.
    Smilzo biß die Zähne zusammen und setzte sich hin.
    «Flasche aufs Tablett, Glas auf den Untersetzer!» brüllte Peppone weiter und schmiß ein rundes gesticktes Deckchen vor Smilzo auf den Tisch.
    Er las den ganz eiligen Brief und steckte ihn in die Tasche. Danach schüttete er seinen Wein in einem Zug hinunter, und nach einer gebührenden Pause absoluten Schweigens donnerte er:
    «Hochwürden, das laßt Euch gesagt sein: Am Tag der Proletarischen Revolution werden wir nicht auf Filzlappen marschieren!»
    «Steht das in dem Brief von der Partei?» erkundigte sich Don Camillo.
    «Das steht in der Geschichte der Völker!» entgegnete Peppone.
    Und er sagte das mit soviel Stolz und soviel edler Entschlossenheit, daß sich der Smilzo wieder in seinem Glauben an den Endsieg bestärkt fühlte.
    «Jawohl, Chef!» pflichtete er ihm bei.

Die Lotterie

    Hört man auf die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher