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Dolph Heyliger (German Edition)

Dolph Heyliger (German Edition)

Titel: Dolph Heyliger (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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gewissermaßen einen Vorwurf in dieser stolzen Ruhe und tadelte sich fast selbst, daß er diesen majestätischen Vogel so muthwillig beleidigt habe. Herr Anton sagte ihm lachend, er möge daran denken, daß er noch nicht aus dem Gebiete des Herrn von Dunderberg sei; und ein alter Indianer schüttelte den Kopf und meinte, einen Adler tödten bringe wenig Glück; der Jäger sollte im Gegentheil ihm immer einen Theil seiner Beute überlassen.
    Nichts kam indessen vor, was sie auf ihrer Reise belästigt hätte. Sie kamen wohlbehalten durch herrliche und einsame Scenen, bis sie dahin gelangten, wo die Pollopols-Insel wie eine schwimmende Laube am Ende der Hochlande lag. Hier warteten sie, bis die Hitze des Tages abnehmen oder ein frischer Wind sich erheben und die Anstrengung des Ruderns unnöthig machen würde. Einige bereiteten das Mittagsmahl, während Andere im Schatten der Bäume sich dem Nichtsthun in der Sommerhitze überließen und träge auf die Schönheit der Gegend umherschauten. Auf der einen Seite waren die hohen, felsigen Hochlande bis zur Spitze mit Wald bewachsen, die ihre Schatten auf das klare, zu ihren Füßen strömende Wasser warfen. Auf der anderen Seite dehnte sich der Fluß gleich einem breiten See weit aus, mit langem, glänzendem Spiegel und grünen Vorgebirgen, und die fernen Schawungunk-Berge zeigten sich am klaren Horizont oder erschienen durch wolliges Gewölke.
    Aber wir unterlassen es, bei den Einzelnheiten ihrer Fahrt auf dem Flusse länger zu verweilen. Dieses herumschweifende amphibienartige Leben, die Silberfläche des Wassers durchsegelnd, an wildem Waldrand landend, an schattigen Vorgebirgen schmausend, mit der Baumdecke über dem Haupt, während der Fluß mit hellem Schaum den Fuß bespülte; die fernen Gebirge und Felsen mit Bäumen, Wolken und tief blauem Himmel, Alles zusammen in sommerlicher Schönheit vor sich; Alles dieses würde ermüdend sein, wollten wir es weiter ausspinnen.
    Wenn sie sich am Stromesufer gelagert hatten, pflegten einige von der Gesellschaft in die Wälder zu gehen und zu jagen, andere zu fischen; bisweilen vergnügten sie sich auch mit Schießen nach einem Ziele, mit Springen, Rennen und Ringen. Dolph gelangte dabei zu großer Gunst in den Augen Antons van der Heiden durch seine Geschicklichkeit und Gewandtheit in allen diesen Leibesübungen, die der Herr als die vorzüglichsten aller männlichen Vollkommenheiten betrachtete.
    So fuhren sie nun munter den Fluß dahin, indem sie nur die schönen Stunden zur Reise wählten, bisweilen in der kühlen Morgendämmerung, bisweilen in dem stillen Abendzwielicht, und bisweilen, wenn der Mondschein sich über die sich kräuselnden Wellen verbreitete, die an der Seite ihres kleinen Fahrzeuges flüsterten. Nie hatte sich Dolph so vollkommen in seinem Elemente gefühlt, nie war ihm etwas so vollkommen nach seinem Geschmack vorgekommen, als dieses wilde unstäte Leben. Er war der rechte Mann, um Anton van der Heyden in seinen umherstreifenden Launen beizustehen, und gewann immer mehr seine Zuneigung. Das Herz des alten Buschkleppers neigte sich dem jungen Manne zu, der solchergestalt selbst ihm immer ähnlicher wurde; und als sie sich dem Ende ihrer Reise näherten, konnte er nicht unterlassen, ein wenig nach seiner Geschichte zu forschen. Dolph erzählte ihm offen seinen Lebenslauf, seine schweren medicinischen Studien, seine schwachen Fortschritte und seine zweifelhaften Aussichten. Der Herr war betroffen, als er fand, daß solche schönen Talente und Fähigkeiten unter eine Doktorsperücke gezwängt und begraben werden sollten. Er hegte eine souveräne Verachtung gegen die heilende Kunst und hatte nie einen anderen Arzt gebraucht als den Fleischer. Er trug auch einen tödtlichen Haß gegen alle Arten von Studien, seit er über ein unverständliches Buch ausgepeitscht worden war, als er noch ein Kind war. Und nun zu denken, daß ein junger Bursche wie Dolph, von so bewundernswürdigen Fähigkeiten, der schießen, fischen, rennen, springen, reiten und ringen konnte, sollte gezwungen werden, Pillen zu drehen und Juleps zu bereiten, blos für sein Dasein –das war schändlich! Er rieth Dolph, nicht zu verzweifeln und »die Arzneikunst vor die Hunde zu werfen«; denn einem jungen Burschen von seinen ausgezeichneten Talenten könne es nimmer fehlen, sein Glück zu machen. »Da es mir scheint, Ihr habt keine Bekanntschaft in Albany«, sagte Herr Anton, »so geht mit mir nach Hause und bleibt unter meinem Dache, bis ihr Euch
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