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Dolph Heyliger (German Edition)

Dolph Heyliger (German Edition)

Titel: Dolph Heyliger (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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wäre; denn alle die Vorfälle, die so oft den Schiffen des Flusses begegnen, sollen Streiche sein, welche die Teufelchen des Dunderbergs spielen. Doch ich sehe, daß Ihr nickt, und so laßt uns zur Ruhe gehen.«
     
    Der Mond hatte eben seine Silberhörner über den runden Rücken von Alt-Bull-Hill erhoben und erleuchtete die grauen Felsen und dichten Wälder und glänzte auf den Wellen des Flusses. Der Thau fiel, und die dunkeln Gebirge begannen eine milde und graue luftige Färbung in dem feuchten Lichte anzunehmen. Die Jäger schürten das Feuer an und legten frisches Holz auf, um die Feuchtigkeit der Nachtluft zu mäßigen. Sie richteten darauf ein Bett von Zweigen und trockenen Blättern unter einem Felsenrand für Dolph her; während Anton van der Heyden sich in eine große Decke von Häuten wickelte und sich an das Feuer streckte. Es verging indeß einige Zeit, ehe Dolph seine Augen schließen konnte. Er lag da und betrachtete sich die Scene vor ihm: wilde Wälder und Felsen ringsum; das Feuer, das helle Strahlen auf die Gesichter der schlafenden Wilden verbreitete, und dazu Herr Anton, der ihn so seltsam, wenn auch unbestimmt, an den nächtlichen Besuch im verzauberten Hause erinnerte. Hier und da hörte er das Geschrei einiger Thiere aus dem Forst, oder das Geschrei der Eule; oder die Töne der Nachtschwalbe, welche in jener einsamen Gegend sehr häufig zu sein schienen; oder das Plätschern eines Störs, der sich aus dem Flusse erhob und wieder auf die ruhige Wasserfläche zurückfiel. Er verglich alles dieses mit seinem gewohnten Aufenthalt in der Dachstube des Doktors, wo in der Nacht keine anderen Töne zu hören waren, als der Klang der Kirchenglocke, welche die Stunden anzeigte, die schwerfällige Stimme des Wächters, der ausrief, daß Alles in Ordnung sei, das tiefe Schnarchen des Doktors aus dem unteren Stocke, oder die vorsichtige Arbeit einiger Ratten, die an dem Tafelwerk nagten. Seine Gedanken wanderten dann zu seiner armen alten Mutter. Was mochte sie von seinem geheimnißvollen Verschwinden denken – welche Angst und welchen Kummer mochte sie erdulden? Diese Gedanken drangen sich ihm unaufhörlich auf und verdarben ihm jede Freude der Gegenwart. Er empfand Schmerz und Gewissensbisse, und mit Thränen in den Augen schlief er ein. –
    Wäre dieß ein bloßes Bild der Einbildungskraft, so würde hier eine schickliche Veranlassung sein, seltsame Ereignisse in diesen wilden Gebirgen und unter diesen umherschweifenden Jägern einzuweben, und nachdem wir unseren Helden in mancherlei Gefahren und Schwierigkeiten verwickelt hatten, würden wir ihn aus allem durch einige wunderbare Erfindungen retten können. Aber alles dieß ist ja eine wahre Geschichte, und wir müssen uns daher auf einfache Thatsachen beschränken und nicht gegen die Wahrscheinlichkeit verstoßen.
    Am folgenden Tage früh bei rechter Zeit, nach einem tüchtigen Frühstück, brach das Lager auf, und unsere Abenteurer schifften sich in der Pinasse des Anton van der Heyden ein. Da kein Wind wehte, ruderten die Indianer langsam weiter und schlugen dabei zu einem von den weißen Männern gesungenen Liede den Takt. Der Tag war heiter, der Fluß ohne Wellen, und wie das Fahrzeug das helle Wasser durchschnitt, ließ es eine lange, wogende Spur hinter sich. Die Krähen, die das Mahl der Jäger witterten, sammelten sich und schwebten schon in der Luft, gerade da, wo eine dünne, blaue Rauchsäule, die unter den Bäumen aufstieg, den Ort anzeigte, wo die Jäger ihre letzte Nachtherberge gehalten hatten. Als sie an der Basis der Gebirge hinfuhren, zeigte Herr Anton Dolph einen mächtigen Adler, den Beherrscher dieser Gegenden, der auf einem trockenen, über den Fluß herüber hängenden Baum saß und mit aufwärts gerichteten Augen den Glanz der Sonne einzuziehen schien. Ihre Annäherung störte das Nachdenken des Monarchen. Er breitete erst einen Flügel, dann den andern aus, balancirte einen Augenblick und verließ dann seinen Ast in würdiger Ruhe, indem er langsam über ihre Köpfe wegflog. Dolph ergriff schnell ein Gewehr und schickte ihm eine Kugel nach, die ihm einige Federn aus dem Flügel wegnahm; der Knall von dem Gewehr verbreitete sich von Fels zu Fels und erweckte tausend Echos; aber der Beherrscher der Lüfte segelte ruhig weiter, stieg immer höher und höher, sich im Steigen im Kreise drehend, und flog dem grünen Schooße des waldigen Gebirges zu, bis er über einem hervorstehenden Abgrund verschwand. Dolph empfand
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