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Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Titel: Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)
Autoren: Fulvio Ervas
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oder Hautfarbe. Er hätte sich jedes Detail gemerkt und am Ende seiner Schicht, dieser imaginären Schicht, Bericht erstattet, damit die Gesichtszüge, die Mienen, die Schritte, die Gesten jedes Einzelnen archiviert würden.
    Er hielt sich für einen Mann des Staates, nicht vom Staat bezahlt, aber mit sicherem Gehalt, woran man ihn, nicht immer nur in freundlichem Ton, in den Bars gern erinnerte: Sie, Signor Inspektor, ja, Sie haben ein sicheres Einkommen!
    Nein, er glaubte, zu einem jener Beobachtungsposten zu gehören, von denen aus das Chaos der Welt zu einer gewissen Ordnung genötigt wird, wie ein polarisierender Filter, der chaotisch tanzende Photonen in eine vorher festgelegte Oszillation zwingt. Stucky begriff den Staat als einen solchen Filter, in dem die Sorgen der Familie, das Autokennzeichen, die Zahnarztrechnung, die literarischen Vorlieben jedes Einzelnen, die alle ihre Berechtigung hatten, zurücktreten mussten, um Geboten höherer Ordnung Platz zu machen: nicht töten, nicht stehlen, nicht bei Rot über die Ampel gehen, den Kindern keine Drogen geben. Der Staat war der Garant und der Kontrolleur, der für die Aufrechterhaltung dieser Grundprinzipien sorgte. Ein Mann des Staates zu sein bedeutete, an diesem Dienst für die Allgemeinheit mitzuwirken. Ein Mann des Staates zu sein bedeutete nicht, sich dadurch von anderen zu unterscheiden, dass man eine Uniform trug, einen Ausweis besaß, ein Privileg genoss; es bedeutete, sich einzubringen, als starke Schraube im Inneren eines tragenden Gerüsts zu dienen.
    Beinahe hätte er seinen Universitätsabschluss im Fach Industriechemie gemacht, aber bevor er sich den letzten Prüfungen unterzog, hatte irgendeine Firma bei ihm zu Hause angerufen, bei dem künftigen Dottore, und er hatte gezögert, instinktiv hatte er sich nicht angesprochen gefühlt. Und dann kam die Stellenausschreibung bei der Polizei, beim Staat, erst auf einem Plakat, aber dann die Arbeit, mit ihren Höhen und Tiefen, mit dem Leben, das sich unter alles mengt, was passiert, sei es gewollt oder ganz unverhofft.
    Ihn fröstelte. Bringen wir diese Sache zu Ende, sagte er sich.

    »Signor Inspektor … Sie um diese Uhrzeit?«, begrüßte ihn der wachhabende Agente.
    »Ich habe aus Versehen das Licht im Büro brennen lassen.«
    Der Polizist grinste: »In nicht einmal einer Stunde wird es hell.«
    »Oho. Eine schöne Verschwendung …!«
    »Ist es wegen der Geschichte mit den Verkäuferinnen?«
    Stucky schüttelte den Kopf, ohne zuzuhören.
    Auf dem Schreibtisch hatte er den Ordner Verkäuferinnen liegen lassen …
    Während er ihn jetzt zur Seite schob, murmelte er vor sich hin: »Unglaublich«.
    Dann nahm er ein weißes Blatt Papier und begann, Namen zu schreiben und Verbindungslinien zu zeichnen.
    Landrulli traf ihn an, wie er das vor ihm liegende Blatt studierte, als wäre es eine aeronautische Karte, die ihn zu sicheren Landeplätzen führen würde.
    »Du bist zu früh dran.«
    »Sie auch …«
    »Kooperativ, nicht wahr, dieser Signor Springolo?« Die Frage war ironisch gemeint, aber das schien Landrulli entgangen zu sein. Er zog ein elektronisches Notizbuch hervor.
    »Donnerwetter!«
    »Ein Geschenk …«
    »Klär mich auf!«
    »Signora Veneziani ist natürlich niemals verheiratet gewesen …«
    »Natürlich nicht.«
    »Und sie ist sehr wohlhabend. Sie besitzt mehrere Liegenschaften, einige davon gemeinsam mit Signor Springolo …«
    »Siehst du: sichere Investitionen. Eine Miteigentümerin ohne Erben …«
    »Notgedrungen! Keine Beziehungen zu Männern und …«
    »Landrulli, komm zur Sache und berichte mir über die Neigungen der Signora!«
    »Sie …! Nun gut … sie hat es mit Frauen … Aber wenn Sie das schon gewusst haben …«
    »Landrulli … mir gefällt das nicht, dieses ›Sie-hat-es-mit‹. Das gefällt mir überhaupt nicht.«
    »Signor Inspektor: Die Signora hat sich ein paar Freiheiten mit der farbigen Verkäuferin herausgenommen. Sie wird es versucht haben, ist abgeblitzt und hat dann auf diese Weise reagiert. Ich glaube nicht, dass man sie mit Rücksicht behandeln muss …«
    »Landrulli, der Radicchio raubt dir den Verstand! Erscheint es dir plausibel, dass eine Frau wie Signora Veneziani eine mögliche Flamme umbringt und sie dann ins Schaufenster ihres eigenen Ladens legt?«
    »Sie hat uns mit einer offensichtlich absurden Geste auf die falsche Fährte locken wollen!«
    »Blödsinn! Versuch mir zu antworten: Warum hat Signorina Schepis Untersuchungen zu ihrer
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