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Doktor Proktor im Goldrausch

Doktor Proktor im Goldrausch

Titel: Doktor Proktor im Goldrausch
Autoren: Jo Nesbø
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Krillo sprang vor Aufregung von der Bank auf, als der Ball die Oberkante der Querlatte traf. Dann ließ er sich auf das äußere Ende der Bank fallen, die wie eine Wippe hochschnellte und Lise in die Luft katapultierte. Mit einem erschrockenen »Hick!« landete sie wieder auf ihren vier Buchstaben.
    »Noch zwei Minuten bis zur Pause«, sagte Krillo, mehr zu sich selbst als zu seinen Banknachbarn. »Lieber Gott, lass uns bis dahin das Null-zu-null durchhalten! Bitte! Bitte!«
    Der Torwart von Rotten Ham & Potatoes spielte Smale Langehand an.
    »Spiel einen Pass zu dem rothaarigen Däumling!«, rief Krillo.
    »Unnar Gunnar Sol Schörlo«, sagte Doktor Proktor.
    »Egal. Spiel ihm den Ball zu!«
    Smale versuchte es, aber es war gar nicht so einfach, den Ball unter Kontrolle zu kriegen und dann auch noch in eine bestimmte Richtung zu schießen. Außerdem klebten die blauen Heinis die ganze Zeit an ihm dran wie Kletten! Ah, jetzt hatte er den rothaarigen Knirps entdeckt, der das ganze Spiel über im Kreis der Mittellinie gestanden und auf den Ball gewartet hatte. Als Chelchester City den Druck verstärkt hatte, hatte er sich sogar dreist ins Gras gelegt und einen Halm zwischen die Zähne gesteckt, die Hände im Nacken verschränkt und in den blauen Himmel geguckt.
    Smale zielte auf den Jungen und trat den Ball. Na ja, fast. Stattdessen traf er das Grasbüschel dahinter. Im nächsten Augenblick war Ibranaldovez am Ball.
    »Abnehmen!«, rief Krillo.
    Smale wälzte nach vorn, kniff die Augen zu und nahm Ibranaldovez den Ball wieder ab.
    Das heißt: Er war ganz sicher, dass er Ibranaldovez den Ball wieder abgenommen hatte.
    Dabei hatte er ihm nur das leere Fleckchen Luft abgenommen, an dem Ibranaldovez sich einen Augenblick zuvor noch befunden hatte. Als er die Augen wieder aufmachte, hörte er Jubelgeschrei von den Tribünen und sah Ibranaldovez mit über den Kopf erhobenen Armen auf sich zustürmen. Dass er Smale im Vorbeistürmen auf die Hand trat, kann natürlich ein dummes Missgeschick gewesen sein.
    »Nein!«, schrie Krillo. »Nein! Nein!«
    »Ganz ruhig«, sagte Doktor Proktor.
    Die Mannschaften sortierten sich wieder in ihren Hälften. Rotten Ham legte den Ball auf die Mittellinie und wartete, dass der Schiedsrichter das Spiel anpfiff. Bulle gähnte, spuckte den Grashalm aus und ging mit einem Mitspieler zu dem Ball.
    »Das müssen Sie sich ansehen«, sagte Doktor Proktor zu Krillo, der sich den Südwester über die Augen gezogen hatte.
    Aber Krillo wollte nichts sehen. Er starrte auf das Futter seiner Mütze und träumte, er wäre zurück auf dem Krillkutter im Eismeer, wo sie mit klappernden Zähnen das Netz einholten und wieder einmal einen Riesenfang an Bord zogen. Er hätte dort bleiben und nicht mit diesem Jammertal tauschen sollen! In dem alles nur Kummer und…
    Bonk!
    … Elend…
    Zisch!
    …und…
    Während Krillo weiter in seinen Südwester starrte, hörte er Jubel ausbrechen. Nicht so laut wie eben, schon wahr, aber wenn er sich nicht täuschte, hörte er einen Kerl namens Tony etwas in der Art singen:
    »Toes, my Toes, you’re not exactly Englands rose…«
    Er schob den Südwester zurück, schlug die Augen auf und sah einen Haufen weiß gekleideter Spieler am Boden liegen. Aus dem Haufen kroch ein kleiner rothaariger Junge, rannte zur Tribüne und warf dem blauen und dem weißen Publikum Luftküsse zu. Und dann sah er, wie dem besten Fußballspieler der Welt fast die Augen aus den Höhlen fielen.
    »Von der Mittellinie!«, jubelte der komische Kauz im Frack. »Habt ihr das gesehen?«
    Beim Spielstand 1:1 pfiff der Schiedsrichter das Spiel ab. Halbzeitpause.

Kapitel 21
    Kurze Pause
    B loß noch ein einziges Mal« , flüsterte Proktor Bulle ins Ohr, während Krillo redete, zeichnete und wild gestikulierend auf die Tafel in der Kabine zeigte.
    »Ich weiß, aber ich krieg ja nie den Ball«, sagte Bulle.
    »Du musst Geduld haben«, flüsterte Lise. »Wir müssen gewinnen! Und danach geht es direkt mit dem Pokal zurück zum Flughafen!«
    »Apropos«, sagte Bulle. »Habt ihr die Pokalkopie aus Madame Tourettes Wachsfigurenkabinett besorgt?«
    »Klar doch«, sagte Lise. »Die liegt in meinem Koffer und steht nach dem Spiel unten im Spielertunnel bereit. Du weißt noch, was du zu tun hast?«
    »Klar«, sagte Bulle. »Nachdem ich die Lobeshymnen des Publikums entgegengenommen habe, weil ich das Finale mit meinen Wahnsinnsschüssen entschieden habe und die Frauen mich um einen Kuss anflehen…«
    »Komm zur
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