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Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Titel: Djihad Paradise: Roman (German Edition)
Autoren: Anna Kuschnarowa
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umgedreht zu haben, um zu prüfen, ob er sich nicht doch urplötzlich auf seinem Stuhl materialisiert haben könnte.
    Ich spielte ein wenig mit meinem Handy herum.
    »Ja?«, sagte auf einmal Julians schläfrige Stimme am anderen Ende.
    Oh Gott, ich hatte es wirklich getan und mich selbst überrumpelt.
    »Julian?«
    »Höchstselbst«, antwortete er und noch immer klang er träge. Doch dann kam auf einmal Leben in ihn. Irgendwas raschelte und es klang, als hätte er sich abrupt in seinem Bett aufgesetzt.
    »Romea!?!?« Er schien nach Luft zu ringen. »Bist du das, Romea?«
    »Yupp … Ich … ich wollte nur mal hören, ob du krank bist oder so?«, sagte ich.
    »Krank? … Nee … Nee, ich bin nicht krank. Ich …«
    »Was is’n mit Schule?«, fragte ich.
    Eine Pause entstand.
    »Kann nicht.«
    »Wie? Du kannst nicht?«
    »Hör mal … Du hattest recht. Ich hab echt andere Probleme als die Gangs von New York.«
    »Magst du darüber reden?«, fragte ich.
    Ich konnte förmlich vor mir sehen, wie Julian sich wand.
    »Ehrliche Antwort?«, fragte er.
    »Ja.«
    »Ich … ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass ich ein ziemliches Arschloch bin. Und das ziemliche Arschloch würde dich jetzt wahnsinnig gern sehen. Und dass ich dir das sage, beweist, dass ich wirklich ein Arschloch bin, denn eigentlich wollte ich mich von dir fernhalten, weil ich dich in nichts mit reinziehen will …«
    Zwei Stunden später trafen wir uns an den Seeterrassen am Tegeler See. Julian hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben und als ich auf ihn zuging, grinste er breit.
    »Hey«, sagte er.
    »Hey«, sagte ich, und dann standen wir da, und keiner von uns wusste so recht, was er sagen sollte. Ich war mir nicht sicher, ob mir mein Übermut nicht schon leidtat. Nach einer Pause, die ewig schien, schlug ich vor, dass wir ja ein bisschen am See entlangschlendern könnten.
    Schweigend trotteten wir nebeneinanderher.
    Irgendwann fragte Julian: »Und, was geht so in der Schule?«
    »Ach, komm. Wir sind doch nicht hier, um über die Schule zu labern«, entgegnete ich unwillig.
    »K. … Und worüber dann?«
    »Über … na ja, du hast gesagt, dass du Probleme hast … Du … das wäre jetzt deine Chance, mich mit reinzuziehen. Small Talk kann ich nämlich nicht leiden und wenn das ein Small-Talk-Treffen wird, dann geh ich vielleicht das nächste Mal doch lieber zum Kickboxen.«
    »Du machst Kickboxen? Krass.«
    »Yepp. Aber wir sind auch nicht hier, um über mein Hobby zu reden.«
    »K. … Und du … Du willst das wirklich alles wissen, ja?«
    Ich nickte.
    »Und du bist sicher, dass du danach nicht doch lieber Small Talk gemacht hättest?«
    »Na, du wirst schon niemanden umgebracht haben«, sagte ich. Und dann fing Julian an zu erzählen und erzählte und erzählte. Als er fertig war, fragte er: »Und? Bereuste schon, dass du gefragt hast?«
    Ich schüttelte den Kopf und sagte: »Na ja, da bin ich ja vergleichsweise gut weggekommen mit meinen Eltern, die nie da sind.«
    Julian sah mich fragend an und dann musste ich mein Seelenleben vor ihm auswickeln. Das war nur fair.
    Als ich fertig war, hing die Sonne schon fast im Wasser und als sie in den See eintauchte, sah er aus, als wäre er mit flüssigem Magma gefüllt.
    »Tja, sieht aus, als lebten wir echt in zwei völlig verschiedenen Welten, du und ich. Aber besonders froh sind wir ja scheinbar beide nicht. Sag mal, wenn du es dir aussuchen könntest, wo würdest du am liebsten leben?«
    »Unter Wasser«, sagte ich.
    Julian machte große Augen. »Unter Wasser?«
    »Ach, ich weiß auch nicht. Die Unterwasserwelt fasziniert mich halt. Ist irgendwie so anders. Und nicht so laut. Manchmal träume ich sogar, dass ich so eine Art Meeresnixe oder so bin.«
    Julian bekam noch größere Augen und starrte mich ungläubig an.
    Ich lachte verlegen. »Ja, ich weiß, das ist vollkommen lächerlich ...« Und dann erzählte ich ihm von dem Traum, den ich immer wieder hatte. O.k., ich erzählte ihm den Traum, aber dass er in meinem letzten auch vorgekommen war, das ließ ich weg.
    »Wie krass!«, rief Julian, als ich geendet hatte. Er wirkte ziemlich aufgeregt. »Das ist echt so was von krass.«
    »Ja, na ja, vielleicht bin ich ein bisschen bekloppt, aber das ist nun mal ein Teil von mir«, sagte ich trotzig und verschränkte die Arme vor der Brust. Irgendwie war ich ein bisschen darüber verärgert, dass Julian meinen Traum so krass fand. Wer weiß, was er so träumte. Vielleicht von
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