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Diva (DE)

Diva (DE)

Titel: Diva (DE)
Autoren: Chuck Palahniuk
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klappern. Kläff, gluck, quiek  … Nembutal .
    Brüll, wieher, oink  … Seconal .
    Miau, zwitscher, muh  … Demerol .
    Dann flattert ein weißes Kärtchen heraus. Landet auf dem Bett, eine geprägte Tischkarte vom Essen dieses Abends. Auf der weißen Karte steht in fetten schwarzen Lettern der Name Webster Carlton Westward III .
    Ein »Hollywood-Leben«, wie Hedda Hopper diesen Augenblick nennen würde, erlischt.
    Standbild. Nahaufnahme der kleinen weißen Karte auf dem Satin neben dem reglosen Hund.
    Im Fernsehen spielt Miss Kathie die Rolle der spanischen Königin Isabella I. , die ihren königlichen Pflichten in der Alhambra entlaufen ist, um einen Kurzurlaub in Miami Beach einzulegen, wo sie sich als einfache Zirkustänzerin ausgibt, um das Herz von Christoph Columbus zu erobern, der von Ramón Novarro gespielt wird. Schnitt. Gastauftritt von Lucille Ball , ausgeliehen von Warner Bros. , die hier Miss Kathies Rivalin Königin Elisabeth I. spielt.
    Hier haben wir die ganze Geschichte des Westens, interpretiert vom Luder William Wyler s.
    Hinter der Badezimmertür, im Sturzbach heißen Wassers, sagt meine Miss Kathie: Kläff, i-aah, oink  … J. Edgar Hoover . Ich spitze die Ohren, damit mir nichts von ihrem Geschwätz entgeht.
    Fransen baumeln vom Rand der Satindecke, vom Betthimmel, vom Fenstervolant. Alles mit rotem Samt gepolstert, Rippensamt. Beflockte Tapeten. Die Wände scharlachrot, gepolstert und mit Zierknöpfen, und überall Louis-XIV -Spiegel. Die Lampen behängt mit facettierten Kristallen, hektisch funkelndem Flitterkram. Der Kamin, geformt aus rosa Onyx und Rosenquarz. Die Gesamtwirkung gedämpft und lautlos, als schliefe man tief im Innern der Vagina von Mae West .
    Das Himmelbett, Zierleisten und Seitenbretter rot lackiert und poliert, bis das Holz nass aussieht. Und auf dem Bett die Bonbonpapierchen, der Hund, die Tischkarte.
    Webster Carlton Westward III , das amerikanische Prachtstück mit den hellbraunen Augen. Rootbeer-Augen. Der junge Mann, der beim Essen heute Abend so weit unten am Tisch gesessen hat. Eine Telefonnummer, handschriftlich, Vorwahl von Murray Hill .
    Im Fernsehen durchschreitet Joan Crawford die Tore von Madrid , sie trägt ein durchsichtiges Haremsgewand und mit beiden Händen einen Weidenkorb, der von Kartoffeln und kubanischen Zigarren überquillt, ihre unbekleideten Arme und Beine und ihr Gesicht sind schwarz bemalt, um anzudeuten, dass sie eine erbeutete Maya-Sklavin ist. Unterschwellig soll das heißen, entweder hat Crawford Syphilis, oder sie ist insgeheim Kannibalin. Verdorbene Überreste der Neuen Welt. Eine Konkubine. Vielleicht ist sie Aztekin.
    Das leichte Anheben einer nackten Schulter, Crawfords geringschätziges Achselzucken: noch ein Markenzeichen, das man mir geklaut hat.
    Über dem Kamin hängt ein von Salvatore Dalí gemaltes Porträt von Miss Katherine; es erhebt sich aus einem Dickicht geprägter Einladungskarten und in Silber gerahmter Fotografien von Männern, die Walter Winchell »das Meer der Verflossenen« bezeichnen würde. Exgatten. Das Porträt meiner Miss Kathie, überrascht nach oben gewölbte Augenbrauen, die schweren Wimpern jedoch gesenkt, die Lider vor Langeweile fast geschlossen. Sie hält die Hände an ihre berühmten Wangenknochen, die gespreizten Finger verlieren sich in ihrer hochgesteckten kastanienbraunen Filmstarfrisur. Ihr Mund ein Mittelding zwischen Lachen und Gähnen. Valium und Dexedrine . Zwischen Lillian Gish und Tallulah Bankhead . Das Porträt erhebt sich aus den Einladungen und Fotografien, kommenden Partys und vergangenen Ehen; von flackernden Kerzen und halbtoten Zigaretten, ausgedrückt in Kristallaschenbechern, kräuseln sich weihrauchgleich weiße Rauchfäden nach oben. Der Altar meiner Katherine Kenton .
    Und ich die ewige Hüterin dieses Schreins. Nicht so sehr Dienerin als vielmehr Hohepriesterin.
    In, wie Winchell sagen würde, »einer New Yorker Minute« trage ich die Tischkarte zum Kamin. Halte sie in eine Kerzenflamme, bis sie Feuer fängt. Mit einer Hand greife ich in den Kamin, tief in die offene Höhlung aus rosa Onyx und Rosenquarz hinein, taste im Dunkeln, bis meine Finger den Schieber finden und aufreißen. Ich halte die weiße Karte, Webster Carlton Westward III , drehe ihn im Zug des Kamins hin und her und sehe zu, wie die Flamme Namen und Telefonnummer frisst. Der Geruch von Vanille. Die Asche rieselt auf den kalten Kaminboden.
    Im Fernsehen treten Preston Sturges und Harpo Marx als Tycho Brahe
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