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Diva (DE)

Diva (DE)

Titel: Diva (DE)
Autoren: Chuck Palahniuk
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achten Szene des dritten Akts stürzt Lillian Hellman durch Katherine Kenton s piekfeines Boudoir und kracht mit voller Wucht auf die Schusshand eines maskierten Webster Carlton Westward III . Lilly und Webb ringen miteinander und wälzen sich kreuz und quer durch das Schafzimmer. Bei ihrem verbissenen Kampf ums nackte Überleben gehen Stühle, Lampen und Souvenirs zu Bruch. Die Muskeln an Lillys schlanken eleganten Armen spannen sich, den Angreifer zu unterwerfen. Ihr Hausanzug von Lili St. Cyr hängt in Fetzen. Ihre Valentino -Strümpfe sind nicht mehr. Ihre eleganten weißen Zähne beißen tief in Webbs verschlagenen, intriganten Hals. Die Kämpfer zertrampeln Lillys zu Boden gefallenen Elsa-Schiaparelli -Hut, während Katherine nur in äußerstem Entsetzen zusehen kann und in Todesangst kreischt wie am Spieß.
    Wie ganz zu Beginn blenden wir über zu einer Abendgesellschaft; an dem langen Tisch sitzt Lilly und unterhält die Gäste mit der Geschichte dieses Kampfs. Das Kerzenlicht, die holzgetäfelten Wände, die Lakaien. Lillian unterbricht ihre Schilderung, nimmt einen tiefen Zug an ihrer Zigarette, bläst den Rauch bis zur Tischmitte und sagt: »Wenn ich in dieser Woche bloß nicht Diät gemacht hätte …« Sie klopft die Zigarettenasche auf ihren Brotteller, schüttelt den Kopf und sagt: »Dann wäre meine herrliche Katherine vielleicht noch am Leben …«
    Nach ihren einleitenden Worten wird Lillians Vortrag zu einem dieser Dschungel-Tonspuren, die man im Hintergrund jedes Tarzan -Films hört  – das ewige Geschrei von Tropenvögeln und Brüllaffen. Kläff, quiek, miau  … Katherine Kenton .
    Oink, muh, piep  … Webster Carlton Westward III . Ein Mann, der nichts anderes getan hat, als sich schwer zu verlieben  – sich leidenschaftlich zu verlieben  –, und jetzt muss er bis ans Ende dieses albernen Films, den wir die Geschichte der Menschheit nennen, den Schurken spielen.
    Miss Kathies Filmstarfleisch ist noch kaum kalt geworden, und schon wird sie in den Hellman-Mythos eingesogen. Miss Lillys Tourette-Syndrom in Form von zwanghaftem Eindruckschinden.
    Während die Lakaien Wein einschenken und die Sorbetschüsseln abräumen, schwimmen Lillians Hände durch die Luft, der Rauch ihrer Zigarette weht hinterher, als ihre Fingernägel sich an einem unsichtbaren Einbrecher festkrallen. In ihrer Dinnerparty-Geschichte prügelt sich Lilly weiter mit dem maskierten Räuber. Bei dem Gerangel löst sich ein Schuss, was Hellman dramatisch unterstreicht, indem sie mit der flachen Hand auf den Tisch haut, dass Messer und Gabeln hochspringen und die Gläser klirrend aneinanderschlagen.
    Ich auf meinem Stuhl am unteren Ende des Tischs höre mir bloß an, wie Lilly noch mehr Gold in das Stroh ihrer Selbstreklame flicht. Auf meinem Knie hopst ein fideler dicker Säugling, eins der vielen Waisenkinder, die Miss Kathie sich angesehen hat. Ich sende ein stummes Stoßgebet gen Himmel, dass ich erst nach Lilly sterben möchte. Links und rechts von mir sitzen Eva Le Gallienne, Napier Alington, Blanche Bates und Jeanne Engles , und wir beten alle dasselbe. George Jean Nathan von der Zeitschrift Smart Set zieht einen Füllfederhalter aus seiner Brusttasche und macht sich auf einer Serviette Notizen. Edward Schallert von der Los Angeles Times schielt rüber und macht Notizen über Nathans Notizen. Bertram Block notiert sich Schallerts Notizen über Nathans Notizen.
    Der Gedanke, vor Lillian Hellman zu sterben … zu sterben und als Futter für Lillys Mundwerk zu enden. Das ganze Leben und Ansehen eines Menschen zu einem Golem geworden, zu einem Frankenstein -Monster, das Miss Hellman reanimieren und für ihre Zwecke manipulieren kann. Ein solches Schicksal wäre schlimmer als der Tod: die Ewigkeit als Lilly Hellmans Zombie zu verbringen, den sie auf Dinnerpartys wieder zum Leben erweckt. Im Radio oder in Hellmans Autobiographien.
    Walter Winchell hat einmal gesagt: »Nach einem Dinner mit Lilly Hellman braucht man kein Dessert und keinen Kaffee – man braucht ein Gegengift.«
    Selbst die berühmtesten Namen werden, sind sie erst einmal lange genug tot, zu bloß noch albernen Tierlauten. Grunz, kläff, i-aah  … Ford Madox Ford … Miriam Hopkins … Randle Ayrton .
    Charlie McCarthy zu meiner Rechten gratuliert mir zum Erfolg meines Buchs. Das Idol steht jetzt seit achtundzwanzig Wochen auf Platz eins der Bestellerliste der New York Times .
    Mir gegenüber sitzt Madeleine Carroll und erkundigt sich mit ihrem
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