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Dirty Talk

Dirty Talk

Titel: Dirty Talk
Autoren: J Mullany
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können.“
    „Hätte es dir gefallen, wenn er zugeschaut hätte?“
    „Ich weiß nicht.“ Ich lehnte mich auf dem Stuhl zurück und beobachtete die Lämpchen der Lautstärkeregler, die auf und ab tanzten. Jetzt wagten wir uns auf neues Terrain vor. Wir hatten schon früher geflirtet, wir hatten auch über frühere Beziehungen gesprochen. Aber das hier … nun ja, es wurde zunehmend anzüglich.
    Ich räusperte mich und versuchte, möglichst unbeteiligt zu klingen. „Meinst du, ob es mir gefallen hätte, zu wissen, dass er uns beobachtet, oder ob es mir gefallen hätte, später herauszufinden, dass er uns die ganze Zeit zugesehen hat? Ach, verflixt! Mr D., ich muss wieder auf Sendung. Gib mir zwanzig Minuten.“
    Mr D. Nachdem ich einmal versucht hatte, mehr über ihn herauszufinden hatte er immerhin zugegeben, um einiges älter als ich („Dekaden, meine Liebe. Frag lieber nicht.“ Ich war nicht sicher, ob ich ihm glauben sollte!) und noch ein Verehrer der alten Schule zu sein. Mindestens die ersten Dutzend Anrufe nannte er mich beharrlich Miss Hutchinson . In meinen Ohren klang das irgendwie pervers. Als ließe ich mich von ihm fesseln und auspeitschen oder so was in der Art. Oder als trüge ich eine Dienstmädchenuniform. Oder beides? Aber mir gefiel dieses Förmliche, diese Zweideutigkeit, die mich an Mr Rochester und Miss Jane Eyre denken ließ. Ich wusste, er musste irgendwo im Einzugsgebiet des Senders leben, und er unterstützte den Sender mit einer regelmäßigen, großzügigen Spende durch eine Stiftung. Ich liebte seine Stimme und die Art, wie er über die Bücher redete, die er gelesen hatte. Oder über die Orte, zu denen er gereist war. Und mir gefiel die Freude, die er empfand, wenn wir entdeckten, dass wir einen gemeinsamen Lieblingsautor hatten. Wir teilten die Leidenschaft für die Berge und für hoch gelegene, einsame Orte.
    In den letzten sechs Monaten, während Hugh und ich uns so schmerzlich voneinander entfernt hatten, war Mr D. eine Konstante in meinem Leben gewesen. Ein Freund. Jemand, dem ich alles erzählen konnte.
    Es bestand durchaus die Möglichkeit, dass wir beide enttäuscht sein würden, wenn wir uns eines Tages trafen. Dass diese Beziehung nur auf die Distanz funktionierte, weil wir dann beide das Bild von uns auf Hochglanz brachten und vor allem so waren, wie wir gerne sein wollten. Trotzdem hatte er in mir die Sehnsucht nach Dingen geweckt, die ich nicht hatte. Ich wollte Abenteuer erleben und neue Erfahrungen machen. In mir war der Wunsch, ein moderner, ans Land gebundener Sindbad zu werden, der entdeckte, wie eine Episode zur nächsten führte und immer so weiter …
    Als ich wieder auf Sendung ging, leuchtete das „On Air“- Schild draußen über dem Studio auf und tauchte den Raum durch das Glasfenster hindurch in ein warmes rotes Licht. Ich wiederholte die Informationen über die letzte Aufnahme und erzählte, was wir als Nächstes hören würden, ich nannte Temperatur und Uhrzeit … Ich hoffe, Sie haben da draußen einen schönen Abend. Später hören wir Musik, mit der Bach einst seinem Kunden beim Einschlafen helfen wollte. Die Goldberg-Variationen bekommen Sie heute Nacht in voller Länge. Doch vorher gibt es noch ein kleines Stück von Stravinsky …
    Wenn das rote Licht das nächste Mal anging, wäre es schon früher Morgen. Dann würde ich die Morgennachrichten verlesen, und in dieser letzten Stunde meiner Schicht würde ich die kurzen Musikeinlagen mehrmals durch Lokalnachrichten und den Wetterbericht unterbrechen. Ich hoffte, dass diejenigen, die jetzt noch wach waren – einsame Liebende, Leute mit Schlafstörungen oder kleinen Babys oder Studenten, die für eine Prüfung lernten – in vier Stunden, wenn die Nachrichten begannen, schon schliefen.
    Bach setzte ein. Musik, die einen in den Schlaf lullt. Aber ich will dabei immer aufspringen und tanzen.
    Das Telefon klingelte genau in diesem Moment.
    „Vierzig Minuten lang darf ich jetzt einem Genie und dir lauschen“, sagte Mr D. „Wo waren wir? Ach ja. Ob er zugeguckt hat.“
    „Ich weiß nicht, ob er das so sexy gefunden hätte.“
    „Oh, aber natürlich hätte er das.“
    „Magst du es, Leuten beim Sex zuzusehen?“ Schon waren wir wieder beim Sexthema. Diesmal war ich es, die damit anfing.
    Mr D. wich der Frage gewohnt souverän aus. Er lachte leise. „Fröhliche Weihnachten …“ Er zögerte. „Ich vermute, du hast dir danach andere Unterwäsche angezogen. Erzähl mir, was hast du an?“
    „Du
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