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Dirty Talk

Dirty Talk

Titel: Dirty Talk
Autoren: J Mullany
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brauchte doch keinen Mann! Hierfür nicht und sonst auch für keine Aufgabe, die mir das Leben stellte.
    „Sie klingen wie die Frau aus dem Radio“, sagte die Frau im Laden. „Wir haben eine ganz neue Bio-Erdnussbutter reinbekommen. Möchten Sie die mal probieren? Schmeckt echt gut.“
    Ich bin die Frau aus dem Radio. „Nein, das hier wird reichen. Danke.“
    Manchmal, wenn ich gerade geselliger Laune war, gab ich sogar zu, die Frau aus dem Radio zu sein. Aber dann erntete ich meist einen ungläubigen Blick und einen komischen Kommentar. Ich dachte, Sie wären größer … älter … jünger … blond. Ich hasse diese Werbung, damit man das Radio unterstützt. Warum spielen Sie so oft Tschaikowsky? Warum spielen Sie nie Tschaikowsky?
    Einmal bekam ich sogar zu hören – geradezu pikiert und für mich völlig unerklärlich: Ich dachte, Sie wären schwarz.
    Ich packte meine Mausefallenerdnussbutter und mein Essen für heute Nacht – ein Sandwich, eine Suppe, ein Stück Obst – in meinen Rucksack und zog meine Radfahrersachen an: Handschuhe, eine Strickmütze, wie sie von Jägern und Vergewaltigern gerne getragen wurde, Helm und einen Schal, um die Lücke zwischen Strickmütze und meiner leichten Jacke zu schließen. Um mich herum waren hinter den Kassen andere mit Ähnlichem beschäftigt. Einige hatten riesige Rucksäcke auf dem Rücken, in denen die ganzen Biolebensmittel eines Wocheneinkaufs Platz hatten.
    In dieser ursprünglichen Collegestadt im Herzen von Colorado wagte es niemand, zwei Meilen zur Arbeit mit dem Auto zu fahren. Ich fuhr mit dem Rad.
    Natürlich würde es auch niemand wagen, Mäuse mit anderen Fallen zu fangen als denen, die vollkommen unbedenklich waren und die Mäuse lebend fingen, damit man sie in der überwältigenden Wildnis aussetzen konnte. Es war egal, dass ihnen dort nur wenige Minuten blieben, um ihre neue Heimat zu genießen, bevor sie von jemand anderem gefressen würden. Das war schließlich ganz natürlich . Es war mein böses, dunkles Geheimnis, dass ich die Mäuse ins Nirwana schickte. Aber ihnen blieb ja noch die Henkersmahlzeit in Form von Erdnussbutter (obwohl sie auf keinen Fall die Bio-Erdnussbutter bekamen; so weit ging mein Mitgefühl nun auch wieder nicht. Es ging mir darum, ihr kleines Nagetierdasein zu beenden, und nicht darum, es zu bereichern).
    Der Herbst lag inzwischen in der Luft. Es war knackig kalt, und man roch die Holzfeuer. Es konnte jetzt jeden Tag das erste Mal schneien, und dann wollte ich querfeldein mit den Skiern zum Radio fahren. Es war schon lustig, aber irgendwie ging mir erst jetzt auf, dass man den Unterschied zwischen Hugh und mir durchaus daran festmachen konnte, wie wir die Winter verbrachten. Ihm war es am liebsten, mit dem Skilift auf einen Berg zu fahren und den kurzen, aufgeregten Adrenalinstoß zu genießen, den ihm eine rasend schnelle Abfahrt bot, die nach wenigen Minuten vorbei war. Ich liebte es, stundenlang mit Wachs herumzuexperimentieren (okay, ich gestehe: Ich habe sogar schon an Wachs-Workshops teilgenommen … ich bin wohl eine zertifizierte Langlaufbesessene). Man kann doch viel besser gemächlich einen Berg hinaufstapfen und Mutter Natur genießen. Oder man strengt sich richtig an, je nachdem, wie man grad drauf ist. Auf jeden Fall genießt man die lange, gemächliche Abfahrt danach viel mehr.
    Das hat jetzt nicht unbedingt etwas mit unserem Sex zu tun. Der war eigentlich immer ganz gut gewesen. Oder meistens. Ziemlich oft war mir nämlich auch eher nach der schnellen, heftigen Nummer auf der Küchenanrichte oder unter der Dusche oder … Ich rutschte auf meinem Fahrradsattel herum und fragte mich, ob es wohl möglich war, einen Orgasmus zu bekommen, weil man über holprige Streckenabschnitte eines Radwegs fuhr. Und wenn man es konnte, stellte sich die nächste Frage: War das sicher? Ich sah mich schon die Lokalnachrichten von einem Krankenbett aus hören.
    Ein Unfall mit mehreren Fahrrädern auf dem Douglasien-Radweg forderte heute mehrere Verletzte. Die mutmaßliche Verursacherin des Unfalls, Jo Hutchinson, ist eine lokale Radiomoderatorin. Sie ist weder blond noch groß, zeigte allerdings im Krankenhaus Anzeichen einer erst kürzlich erfolgten sexuellen Erregung. Ein Sprecher der Polizei erklärte: „Dieses unverantwortliche Verhalten nehmen wir sehr ernst …“
    Ich schloss die Hintertür zur Radiostation auf und schob mein Fahrrad rein. Andere Räder standen noch hier; heute Abend war ich früh dran. Die Nachrichten
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