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Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Titel: Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)
Autoren: Garry Disher
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in der lilafarbenen Plastiktüte, verließ Wyatt das Gewirr aus Gassen und Straßen und steuerte die Filiale von Aussie Disposals in der Beach Street an. Er kaufte eine Cargohose, eine violett verspiegelte Sonnenbrille, ein schwarzes T-Shirt, eine Armeemütze, einen Tagesrucksack, und dabei ging ihm durch den Kopf, um wie viel leichter es Frauen hatten bei diesem Spiel. Kleine Variationen — ein Stirnband, ein Kopftuch, die Haare aufgesteckt oder offen getragen — konnten zu einer völligen Veränderung führen. Das junge Mädchen, das ihn bediente, zeigte sich gleichgültig: Sie kannte das zur Genüge, obdachlose Typen, die an ein paar Dollar gekommen waren, Studenten, die einen neuen Stil ausprobieren wollten. Wyatt in seinen Jeans und dem T-Shirt war nur ein weiterer dieser Typen.
    Nachdem er seine alten Klamotten und die lilafarbene Plastiktüte im Rucksack verstaut hatte, setzte sich Wyatt die hässliche Sonnenbrille auf die Nase und machte sich über Seitenstraßen auf den Weg hinunter zur Bucht, etwa einen Block südwestlich vom Nepean Highway. Sobald er den Strand erreicht hatte, wollte er sich im Bummelschritt von der Gefahr entfernen, sich fünf oder zehn Kilometer in nördlicher Richtung der City nähern, was ihn zu den Küstenvororten Seaford, Carrum und Chelsea bringen würde. Dort konnte er es wagen, einen Bus oder den Zug zu nehmen. Doch als er den Nepean Highway überquerte, sah er die Tankstelle.
    Sie war wie jede andere Tankstelle an jedem x-beliebigen Highway: Man füllte den Tank nach, prüfte den Reifendruck, kaufte Zigaretten oder einen altbackenen Donut, benutzte die Toilette.
    Bei dieser konnte man seinen Wagen für einen Ölwechsel anmelden oder ihn frisieren lassen. Morgens brachte man ihn vorbei, ging zur Arbeit und holte ihn am Nachmittag wieder ab. Die Mechaniker hatten alle Hände voll zu tun: Wollte man nur eine einfache Serviceleistung, erledigten sie die sofort, um die Hebebühnen für anspruchsvollere Arbeiten frei zu machen. Sie stellten den Wagen draußen ab, direkt neben die Mietanhänger und Gasflaschen für Gasgrills. Manchmal verschlossen sie den Wagen und hängten die Schlüssel an einen Haken im Büro. War man den Mechanikern bekannt, ließen sie den Wagen mitunter unverschlossen und deponierten die Schlüssel im Fußraum.
    Genau darauf setzte Wyatt und kam so an einen gepflegten Toyota Cressida. Er inspizierte den Fond, weil er das immer so machte, und bevor irgendjemandem etwas auffiel, war er auch schon weg. Während der Fahrt stellte er sich den Besitzer vor, einen Mann mit festen Gewohnheiten. Einen Mann, wie er einer war, nur älter und von einer anderen Fraktion.
    Wyatt folgte dem Nepean Highway bis Mentone, nahm dann die Warrigal Road und fuhr anschließend über die Centre Road durch Bentleigh, eine endlose Strecke kleiner Häuser mit Ziegelverblendungen und voller bescheidener, leicht zu zerstörender Hoffnungen. Die Einwohnerschaft dieser Vororte bildete das Rückgrat von Regierungen, die sie steuerlich bis zum Anschlag belasteten und die ihre Söhne zum Sterben in fremde Kriege schickten. Wyatt fuhr die Lithgow Street entlang auf der Suche nach einem ganz bestimmten Haus. Vor allem war er auf der Suche nach der Einliegerwohnung an der Rückseite, wo er vor sechs Jahren eine .38er Smith & Wesson, fünftausend Dollar Bargeld und Papiere auf den Namen Tierney versteckt hatte.
    Das Haus gab es nicht mehr. Stattdessen stand dort ein Wohnblock inmitten einer Betonfläche. Wyatt wendete, fuhr weiter und fragte sich, ob man sein Versteck ausgehoben habe. Vielleicht lag alles vergraben auf einer Deponie.
    Quer durch die City ging es weiter nach Footscray, zu einem anderen Haus, einer Weatherboardschachtel. Dieses Haus existierte noch. Es hatte sich nicht verändert. Auch die Straße hatte sich nicht verändert. Nur die Bewohner waren andere. Zwei Streifenwagen standen vor dem Haus, ein dritter in der Einfahrt, Signalleuchten blitzten auf, und darum herum drängte sich ein Dutzend junger Somalis, die die Cops beschimpften, weil die ihre Freunde festnahmen. Wyatt fuhr weiter.
    Er mühte sich mit dem starken Verkehr und fuhr schließlich auf einen Parkplatz hinter einem Pub an der Sydney Road, wo er das Bestechungsgeld des Hafenmeisters in Augenschein nahm. Er hatte teilweise richtiggelegen, was den Inhalt des Umschlags betraf. Acht feste Bündel mit grünen Hundertdollarnoten an Ober- und Unterseite, sodass der Hafenmeister auf den ersten Blick sieben Bündel mit je zehn
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