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Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Titel: Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)
Autoren: Garry Disher
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abschüssigen Straße Futter aufpickten.
    Und der einsam gelegenen Häuser, wie die umgebaute Scheune aus dem achtzehnten Jahrhundert, die Le Pages Zuhause war und die auf einer erhabenen Bergfalte lag, mit Blick auf alle Zufahrtsstraßen. Über einen holperigen Pfad, der vor einem Stahltor mit Gegensprechanlage endete, gelangte man zum Haus. Le Page hatte zusätzlich Sicherheitskameras am Tor installiert und auch an jeder Ecke des Hauses. Alarmanlagen und Scheinwerfer. Vier Kurzwaffen und eine Flinte waren an strategisch wichtigen Aussichtspunkten deponiert. Für den Fall, dass ein Fremder oder eine wenig vertrauenerweckende Bekanntschaft es überhaupt bis hierher schaffte: Jeder Besucher musste durch das Dorf, das ebenfalls Teil von Le Pages Frühwarnsystem war. Der Taxifahrer, der Bahnhofsvorsteher, der Gendarm, der Automechaniker, der Leiter des Postamtes und einige der Kinder, die auf ihren Rädern den Ort unsicher machten und jedermann hier kannten, ihnen allen hatte Le Page ein nettes Sümmchen gezahlt.
    Er stellte seinen Wagen ab, entlud das Gepäck, machte sich einen Drink, setzte sich in das schwindende Licht und blickte hinüber zu den weißen Spitzen der Pyrenäen auf der spanischen Seite der Grenze. Die Mauer in seinem Rücken war einen Meter dick und hatte die Wärme der Sonne gespeichert. Er schloss die Augen und dachte an Alexander.
    Das Ganze lief folgendermaßen:
    Eine der legalen Geschäftszweige Alexanders war der Handel mit wertvollen Edelsteinen und Juwelen, und Le Page war der legale Kurier für das internationale Geschäft. Diamanten aus Amsterdam, Schweizer Uhren, australische Opale, Smaragde aus Thailand, Ringe, Broschen und Halsketten aus Frankreich und Italien. Eingedenk der Tatsache, dass ein Mann, der derlei Gegenstände in einem per Handschellen fest mit seinem Handgelenk verbundenen Titankoffer transportiert, Gefahr läuft, dass ein Dieb mit Machete ihm die Hand abhackt, trug Le Page stets ein Korsett mit eingearbeiteten Klettverschlussfächern. Während seiner Flüge nach New York, Quebec, Kapstadt, Auckland oder Melbourne zog er es aus und streifte es erst wieder über, kurz bevor er durch den Zoll ging und mit den erforderlichen Papieren wedelte.
    Er war schon als Dieb ins Leben gestartet. Aufgewachsen war Le Page in einem Vorort von Marseille, als Sohn eines Buchhalters, der später wegen Unterschlagung ins Gefängnis wanderte. Scham, Not und Planlosigkeit zwangen Le Page, seine Mutter und die Schwestern zum Umzug in einen Problembezirk der alten Hafenstadt, wo der Junge lernte, mit dem Messer umzugehen und sich an einer Fassade bis zu einem im zweiten Stock gelegenen Fenster hochzuhangeln.
    Stiehl oder stirb — oder um es weniger melodramatisch auszudrücken, sitz deine Zeit in einem unterbezahlten Job ab.
    Die bei seinen Einbrüchen in zweite Etagen erzielte Beute brachte Le Page zu seinem ortsansässigen Hehler (einem Friseur in einer kleinen Seitenstraße, der stundenlang in einem seiner Stühle saß und dabei rauchte und las) und strich fünfzehn oder zwanzig Prozent des Wertes ein. Ein TAG Heuer Chronograph, den der Hehler für fünfhundert Euro losschlug, brachte Le Page um die einhundert Euro, je nachdem in welcher Geberlaune der Friseur gerade war, und an einem besonders glorreichen Tag hatte er eine Rolex im Wert von zwanzigtausend Euro mitgehen lassen können. Doch in den Vororten, wo er aktiv war, ging es für gewöhnlich bescheiden zu, und er besaß nicht die Fähigkeiten, um in den besseren Gegenden in eine hochgesicherte Villa oder ein entsprechendes Landhaus einzusteigen.
    Le Page hatte sich darüber so seine Gedanken gemacht und war zu dem Schluss gekommen, dass die Lösung Masse statt Klasse lautete. Er kannte Leute.
    Schon bald hatte er ein Netzwerk von Dieben am Start, das in und um Marseille herum Diebstähle für ihn beging. Er verschob Ringe, Halsketten, so manche Rolex Prince, eine Queen Victoria Gothic Crown, die eine oder andere Acht Reales Philip IV aus dem Jahre 1652 im Werte von eintausendfünfhundert Euro. Er zahlte zwölfeinhalb und der Friseur zahlte ihm fünfzehn Prozent.
    Aber unter seinen Dieben waren Drogenabhängige. Sie wurden geschnappt. Der alte Friseur war immer weniger bereit, Le Page so viele Stücke abzunehmen. Hausbesitzer und Polizei wurden wachsamer. Also machte Le Page sich ans Sondieren, knüpfte in umliegenden Städten Kontakte zu Einbrechern, Pfandleihern, Altwarenhändlern und passionierten Besuchern von Fitness-Studios.
    In
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