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Dinner mit Rose

Dinner mit Rose

Titel: Dinner mit Rose
Autoren: Danielle Hawkins
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Winter. Jetzt war er braun gebrannt und gut gelaunt und ließ die klassische Farmerbräune erkennen: sonnenverbrannte Beine , die unterhalb des Gummistiefelrandes schneeweiß wurden.
    Er blickte auf und grinste mich an. »Hey, Jo.« Das Ferkel grunzte unmutig, als er mit dem Kraulen innehielt. Er stieß es sacht mit dem Zeh an. »Das reicht jetzt, Percy, verzieh dich. Du siehst gut aus.«
    Ich ging davon aus, dass der letzte Satz mir und nicht dem Schwein galt. »Du auch. Wie läuft’s bei dir?«
    »Gut. Und bei dir?«
    »Auch gut.« Es folgte ein etwas verlegenes Schweigen, während ich fieberhaft nach einer geistreichen, unverfänglichen Bemerkung suchte. Endlich rang ich mich zu einem »Wie sieht es auf der Farm aus?« durch, während er zeitgleich fragte: »Wie geht es deinen Eltern?«
    »Gut«, antworteten wir beide wie aus einem Mund und lächelten uns unsicher an.
    »Ich freue mich jedenfalls, dich zu sehen.« Er legte den Arm um meine Taille und drückte mich freundschaftlich an sich. »Glaubst du, du kannst das pralle Großstadtleben von Waimanu ertragen?«
    »Ich hoffe es.« Vor drei Wochen hatte ich noch in der Innenstadt von Melbourne gelebt. Waimanu hat ungefähr viertausend Einwohner. »Aber es war ein kleiner Schock, als ich feststellen musste, dass es auch hier inzwischen einen McDonald’s gibt.«
    »Kann ich verstehen«, nickte Matt. »Wir sind quasi eine Metropole.«

    »Was soll denn das sein, Tante Rose?« Matt stach mit der Gabel in eine undefinierbare orangefarbene Masse auf seinem Teller.
    »Ein Karotten-Apfelauflauf«, erwiderte sie und fügte überflüssigerweise hinzu: »Nach meinem eigenen Rezept. Wie wäre es jetzt mit noch einem Schlückchen Wein, Josephine?«
    »Gieß mir auch noch etwas ein, damit ich das Zeug hier runterspülen kann«, bat Matt, und ich musste mein Kichern mit einem Hüsteln überspielen.
    »Du warst einmal ein so netter Junge«, bemerkte Rose wehmütig.
    »Wann denn?«, wollte ich wissen, woraufhin Matt eine Erbse nach mir warf und mich an der Nase traf.
    »Kinder!«, kam es sofort von Rose. »Benehmt euch!«
    »Ist es nicht schön, als Kind bezeichnet zu werden?«, fragte ich verträumt. »Da fühlt man sich doch gleich wieder jung.«
    »Mir war nicht klar, dass du schon mit einem Fuß im Grab stehst«, warf Rose ein.
    »Ich werde in zwei Monaten dreißig.«
    »Da bin ich besser dran«, feixte Matt. »Mir bleibt bis dahin noch ein ganzes Jahr. Aber mach dir keine Gedanken, Jose, für dein Alter siehst du gar nicht schlecht aus.«
    »Vielen herzlichen Dank«, knurrte ich und schenkte den Wein nach.

    »Er ist ein lieber Junge«, sagte Rose, die Matt hinterhergewinkt hatte und nun in die Küche zurückkam.
    Ich wusch das Geschirr ab – Rose hatte offensichtlich bei der Zubereitung des Abendessens jeden verfügbaren Topf benutzt – und stimmte ihr zu, während ich grimmig an einem Grillrost herumschrubbte. »Da hast du recht. Deshalb ist er ja auch einer meiner engsten Freunde.«
    »Ich glaube, er trifft sich mit einem Mädchen, das Düngemittel verkauft«, fuhr Rose fort.
    »Schön für ihn.« Das meinte ich sogar ernst. Dennoch versetzte mir der erneute Beweis, dass niemand auf der Welt – außer mir – allein durchs Leben ging, einen Stich. Mit fast dreißig müsste ich eigentlich glücklich verheiratet sein und an Kinder denken, statt dem Trümmerhaufen meiner gescheiterten Beziehung zu entfliehen, aus der besagte Kinder hätten hervorgehen sollen. Das war zwar eine bedauernswerte Ansicht für eine junge Frau, die mit Rose Thornton aufgewachsen war, dem Paradebeispiel dafür, wie man das Singledasein zur Kunstform erhebt, aber was will man machen?
    »Weich den Rost erst mal ein, Kindchen«, riet Rose. »Ich mache ihn morgen früh sauber.«

    Am nächsten Morgen wachte ich viel zu früh auf. Was vor allem daran lag, dass ich die Nacht zusammengekrümmt wie eine Krampe verbracht hatte. Das Bett im Rosa Zimmer war wohl etwa sechzig Jahre alt und bestand aus einer Kapokmatratze auf einem Rost aus Drahtgeflecht. Draußen schimmerte der Himmel blassgelb und grün, und ich hörte ein beunruhigendes Schnüffelgeräusch, für das – wie ich hoffte – das Schwein verantwortlich war. Ich stand auf und blickte aus dem Fenster. Das Schnüffeln kam tatsächlich von Percy, und der Nebel, der über die mit Büschen bewachsenen Hügel zog, war so schön, dass ich in Shorts und ein T-Shirt schlüpfte und nach draußen ging, um Zwiesprache mit der Natur zu halten.
    Als ich in
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