Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dinner mit Rose

Dinner mit Rose

Titel: Dinner mit Rose
Autoren: Danielle Hawkins
Vom Netzwerk:
Begleitung einer vierköpfigen Hundemeute und eines Schweins den Hügel hinunterkam, saß Tante Rose auf der Veranda beim Frühstück. Sie trug einen karminroten Satinmorgenrock, und ihr langes graues Haar fiel ihr offen über den Rücken. Als ich durch das kleine Tor unter dem Walnussbaum trat, winkte sie mir mit dem Buttermesser zu und rief: »Der Toast ist noch heiß, Kindchen, und ich habe gerade frischen Tee aufgebrüht.«
    »Very British«, bemerkte ich, setzte mich zu ihr und griff nach der Orangenmarmelade.
    »Vermutlich huldigst du dieser neuen Mode, zum Frühstück schwarzen Kaffee zu trinken und zum Lunch nur ein Salatblatt zu essen?«
    »Sehe ich etwa so aus, als würde ich mich von Salatblättern und schwarzem Kaffee ernähren?«, hielt ich dagegen.
    Rose musterte mich von Kopf bis Fuß. »Du siehst sehr hübsch aus«, erwiderte sie bestimmt. »Du hast die Beine deiner Mutter geerbt, du Glückliche. Wann trittst du deinen neuen Job an?«
    »Ich fahre heute Morgen in die Stadt, damit Cheryl mir das Computerprogramm erklären kann, und am Montag fange ich offiziell an. Die Marmelade schmeckt wirklich gut.«
    »Das Geheimnis besteht darin, die Orangen in ganz feine Streifen zu schneiden. Manche Leute …«, ihr Tonfall besagte deutlich, dass sie auf den Umgang mit solchen Leuten keinen Wert legte, »… benutzen doch tatsächlich eine dieser neumodischen Küchenmaschinen zum Zerkleinern.«
    »Ist das nicht ganz egal?«
    Rose seufzte. »Manchmal verzweifle ich an dir, Josephine.«
    Ich frühstückte ausgiebig, machte anschließend Jagd auf eine Schar quer über den hinteren Rasen entflohener Hühner und gönnte mir danach eine Katzenwäsche unter der kläglichsten Dusche der Welt: Der Wasserdruck war so nie drig, dass nur ein schwaches Rinnsal herauskam. Dann suchte ich ein Outfit zusammen, das – so hoffte ich – sowohl geschäftsmäßig als auch schmeichelhaft wirkte. Ich zog mich an, verabschiedete mich von Rose, die gerade Kürbisse über den hinteren Zaun wuchtete, und machte mich auf den Weg in die Stadt.

Kapitel 2
    W AIMANU LIEGT MITTEN im King Country, etwa auf halber Strecke, wenn man die Westseite von Neuseelands Nordinsel hinunterfährt. Es ist eigentlich eine Kleinstadt, ziemlich schäbig und ohne jegliche Cafékultur, die aber das Zentrum einer großen Acker- und Weidelandregion bildet. Folglich kann man hier zwar Schuhe kaufen, allerdings würde sie keine Frau unter hundertzehn, die etwas auf sich hält, in der Öffentlichkeit tragen. Immerhin gibt es aber ein Krankenhaus, einen ziemlich großen Supermarkt, ein riesiges Geschäft für landwirtschaftlichen Bedarf sowie eine Firma für Tiefkühlkost.
    Ich parkte auf der Hauptstraße vor Heather Anne’s Fashion (wo man außer pfirsichfarbenen Polyesterblusen nicht viel finden kann) und öffnete die Tür der angrenzenden Praxis für Physiotherapie.
    Hinter der Empfangstheke blickte eine junge Frau Anfang zwanzig mit auffallend blauen Augen und fliehendem Kinn auf, schniefte und wischte sich die Nase mit dem Handrücken ab. »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie.
    »Hi«, erwiderte ich. »Ich bin Jo. Und du musst wohl Amber sein.«
    »Oh.« Amber wirkte nur mäßig interessiert. »Du wirst hier arbeiten, nicht wahr? Cheryl ist gerade auf dem Klo.«
    Nach ein paar Minuten rauschte die Spülung, und Cheryl tauchte im Türrahmen auf. Sie war hochschwanger, und da sie überdies noch ziemlich klein war, erinnerte sie mich an einen Wasserball auf zwei Zahnstochern.
    »Morgen, Jo«, begrüßte sie mich fröhlich. »Ich hab schon fast damit gerechnet, dass du dich nicht blicken lässt.«
    »Vielen herzlichen Dank«, murmelte ich.
    »Oh, das soll nicht heißen, dass ich dich für unzuverlässig halte. Ich habe nur in den letzten beiden Monaten mit drei Bewerberinnen einen Termin vereinbart, und alle haben in der letzten Minute kalte Füße bekommen.«
    »Wie bitte? Was läuft denn hier schief, Cher?«
    »Gar nichts«, gab sie würdevoll zurück. »Nicht wahr, Amber?«
    Amber starrte blicklos ins Leere und wand sich eine schlaffe blonde Haarsträhne um den rechten Zeigefinger. Als sie ihren Namen hörte, zuckte sie zusammen und zog die Nase hoch. »Was?«
    Cheryl drehte sich seufzend wieder zu mir um. »Komm mit, Jo, ich zeige dir, wo alles ist.«
    »Wann ist es denn so weit?«, erkundigte ich mich, als ich ihr einen mit beigefarbenem Teppichboden ausgelegten Gang hinunter folgte.
    »In zehn Tagen.« Sie presste sich die Hände ins Kreuz und rieb
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher