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DIESES MAL IST ALLES ANDERS

DIESES MAL IST ALLES ANDERS

Titel: DIESES MAL IST ALLES ANDERS
Autoren: CARMEN M. REINHART , KENNETH S. ROGOFF
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Krediten kann langfristig durchaus hervorragende Perspektiven haben. Falls aber aus irgendeinem Grund alle Bankkunden zum gleichen Zeitpunkt versuchen, ihre Einlagen abzuziehen – zum Beispiel aufgrund einer Panik, die von dem falschen Gerücht ausgelöst wurde, die Bank habe viel Geld bei der Spekulation mit exotischen Hypotheken verzockt –, dann drohen Probleme. Da sie keine Möglichkeit hat, ihr Portfolio an illiquiden Krediten zu verkaufen, ist sie unter Umständen einfach nicht in der Lage, ihren panischen Bankkunden ihre Einlagen auszuzahlen. Das war das Schicksal der Banken in den Filmklassikern It ’ s A Wonderful Life und Mary Poppins . Beide Filme basierten auf realen Ereignissen: Viele Banken wurden von diesem Schicksal ereilt, insbesondere in den Fällen, in denen die Regierung die Bankeinlagen nicht in vollem Umfang garantiert hatte.
    Das berühmteste jüngste Beispiel eines Bankruns ist der Ansturm auf die britische Bank Northern Rock gewesen. Panische Bankkunden, die sich nicht mit der partiellen Einlagensicherung der britischen Regierung zufriedengeben wollten, bildeten im September 2007 lange Schlangen vor den Toren der Bank. Die sich ausbreitende Panik zwang die britische Regierung schließlich, die Bank zu übernehmen und für deren Einlagengeschäft zu garantieren.
    Nicht nur Banken, auch andere Kreditnehmer können Opfer einer Vertrauenskrise werden. Während der Finanzkrise, die 2007 in den USA ihren Anfang nahm, waren riesige Finanzgiganten im »Shadow Banking«-System außerhalb des regulierten Bankwesens von ähnlichen Problemen betroffen. Obwohl sie hauptsächlich Geld von Banken und anderen regulierten Finanzinstituten liehen, war ihre Verwundbarkeit dieselbe. In dem Maße, in dem das Vertrauen ihrer Kreditgeber in ihre Geldanlagen schwand, weigerten sich die Kreditgeber zunehmend, die kurzfristigen Kredite zu verlängern, sodass die betroffenen Finanzgesellschaften gezwungen waren, Vermögenswerte zu Schleuderpreisen auf den Markt zu werfen. Diese Notverkäufe trieben die Preise noch mehr in den Keller, was zu weiteren Verlusten führte und eine Abwärtsspirale des Vertrauensschwunds auslöste. Schließlich musste die US-Regierung intervenieren und versuchen, die Märkte zu stabilisieren. Das Drama ist noch nicht beendet und der Preis für die Bewältigung des Problems steigt ständig.
    Regierungen können denselben Dynamiken wechselhafter Erwartungen unterworfen sein, die Banken destabilisieren können. Das gilt vor allem dann, wenn eine Regierung Kredit von einem ausländischen Kreditgeber erhält, auf den sie relativ wenig Einfluss hat. Die meisten staatlichen Investitionen hängen direkt oder indirekt mit dem langfristigen Wachstumspotenzial des Landes und seiner Steuerbasis zusammen, doch dabei handelt es sich um ausgesprochen illiquide Vermögenswerte. Nehmen wir zum Beispiel an, ein Land habe Staatsschulden, die angesichts seiner aktuellen Steuereinnahmen, seiner Wachstumsprognosen und seiner Marktzinsen tragfähig erscheinen. Wenn der Markt befürchtet, ein populistischer Randkandidat könne die nächsten Wahlen gewinnen und die Staatsausgaben so stark erhöhen, dass die Schulden kaum noch bezahlbar werden, kann es sein, dass sich die Investoren plötzlich weigern, kurzfristige Schulden zu Zinssätzen zu verlängern, die das Land bewältigen kann. Und schon kommt es zu einer Kreditkrise.
    Auch wenn derartige Szenarios keine alltäglichen Ereignisse sind, treten solche Finanzkrisen in dem langen historischen Zeitraum und dem breiten Spektrum an Ländern, die wir in diesem Buch untersuchen, sehr häufig auf. Warum können große Länder, oder sogar die Welt als Ganzes, keinen Weg finden, Vertrauenskrisen zu verhindern – wenigstens verfrühte Vertrauenskrisen? Das ist möglich, hat aber einen Haken. Stellen Sie sich vor, eine Weltregierungsbehörde böte eine teure Einlagensicherung, um jeden seriösen Kreditgeber gegen Paniken abzusichern. Nehmen wir an, es gäbe eine Super-Version des Internationalen Währungsfonds (IWF), des heutigen multilateralen Kreditgebers, die darauf abzielt, aufstrebenden Ökonomien unter die Arme zu greifen, wenn diese in eine Liquiditätskrise geraten. Das Problem ist, dass sich einige Akteure falsch verhalten werden, wenn eine Institution allen und überall bedingungslos Absicherung bietet. Würde der IWF zu viel Geld verleihen, ohne im Gegenzug strenge Auflagen zu erlassen, wäre er in kürzester Zeit bankrott und es würde zu unkontrollierten
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