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DIESES MAL IST ALLES ANDERS

DIESES MAL IST ALLES ANDERS

Titel: DIESES MAL IST ALLES ANDERS
Autoren: CARMEN M. REINHART , KENNETH S. ROGOFF
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einer Vernachlässigung der Geschichte der Inlandsschuldenkrisen.) Dieses Phänomen scheint ein wenig seltener aufzutreten als Auslandsschuldenkrisen, ereignet sich jedoch viel zu häufig, als dass die extreme Annahme gerechtfertigt wäre, Regierungen würden stets den Nennwert ihrer Inlandsschulden zurückzahlen – eine Annahme, die in der Wirtschaftsliteratur vorherrscht. Offenkundige Zahlungsausfälle in Bezug auf Inlandsstaatsschulden scheinen sich zudem in Situationen größerer Not zu ereignen als Auslandsschuldenkrisen – sowohl was den Einbruch der Wirtschaft als auch den Anstieg der Inflation betrifft.
    Teil IV dehnt die Diskussion auf Krisen aus, die mit dem Bankwesen, mit Währungen und Inflation zusammenhängen. Bis in die jüngste Zeit hat sich die Untersuchung von Bankenkrisen typischerweise entweder auf frühere historische Erfahrungen in entwickelten Ökonomien konzentriert, und zwar hauptsächlich auf Bankpaniken vor dem Zweiten Weltkrieg, oder auf heutige Erfahrungen in Schwellen- und Transformationsländern. Diese Dichotomie wurde möglicherweise von der Überzeugung geprägt, dass destabilisierende, systemische und länderübergreifende Finanzkrisen für entwickelte Ökonomien ein Relikt aus der Vergangenheit sind. Die jüngste globale Finanzkrise, die von den USA und Europa ausgegangen ist, hat dieser Fehleinschätzung ein Ende gesetzt, wenn auch zu hohen sozialen Kosten.
    Tatsache ist, dass Bankenkrisen reiche und arme Länder seit Langem gleichermaßen heimsuchen. Zu dieser Schlussfolgerung sind wir nach der Betrachtung der Bankenkrisen gekommen, die von Dänemarks Finanzpanik während der Napoleonischen Kriege reichen bis zur jüngsten globalen Finanzkrise des 21. Jahrhunderts. Die Bankenkrisen weisen erstaunliche Ähnlichkeiten in Ländern mit hohem, mittlerem und niedrigem Einkommen auf. Bankenkrisen führen fast unvermeidlich zu drastischen Rückgängen der Steuereinnahmen sowie einem signifikanten Anstieg der Regierungsausgaben (die zum Teil wahrscheinlich verschwenderisch sind). Im Schnitt steigen die Staatsschulden in den folgenden drei Jahren nach einer Bankenkrise um 86 Prozent an. Diese indirekten finanzwirtschaftlichen Konsequenzen sind daher erheblich größer als die üblichen Kosten einer Bankenrettung.
    Ein weiteres wiederkehrendes Thema sind Perioden heimtückisch hoher Inflation. Keiner aufstrebenden Ökonomie in der Geschichte ist es gelungen, Phasen hoher Inflation zu entkommen. Tatsächlich existiert eine starke Parallele zwischen unserer These, dass es nur wenigen Ländern gelungen ist, gehäufte Zahlungsausfälle auf Auslandsschulden zu vermeiden, und der These, dass es nur wenigen Ländern gelungen ist, gehäufte Phasen hoher Inflation zu vermeiden. Selbst die USA haben eine wechselhafte Geschichte, darunter das Jahr 1779, in dem die Inflationsrate 200 Prozent erreichte. Wie bereits erwähnt, war das vorrangige Instrument, mit dem seit frühester Zeit und in allen Ländern Monarchen ihre Schulden weginflationierten, die Verringerung des Gold- beziehungsweise Silbergehalts der Münzen. Moderne Notenpressen sind lediglich eine technisch fortschrittlichere und effizientere Methode zur Erreichung desselben Ziels. Als Folge wird im Verlauf der Geschichte eine klare inflationäre Tendenz deutlich. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts nahmen die Inflationssprünge drastisch zu. Seitdem haben die Inflationskrisen ein höheres Niveau erreicht. Es ist daher nicht überraschend, dass die modernen Zeiten auch häufiger Wechselkurskrisen und größere durchschnittliche Veränderungen des Werts einer Währung erleben. Vielleicht überraschender und nur im Rahmen eines breiteren historischen Kontextes sichtbar, sind die frühen Episoden deutlicher Wechselkursinstabilität, vor allem während der Napoleonischen Kriege.
    So, wie Finanzkrisen eine gemeinsame makroökonomische Vorgeschichte in Bezug auf Assetpreise, Wirtschaftsleistung, externe Indikatoren etc. haben, machen sich auch gemeinsame Muster in der zeitlichen Abfolge, in der Krisen entstehen, deutlich – dies ist das abschließende Thema von Teil IV.
    Das letzte Kapitel des Buches enthält einige Gedanken über Krisen, Strategien und Pfade für wissenschaftliche Studien. Klar ist, dass sich Länder, Banken, Bürger und Unternehmen in guten Zeiten immer wieder viel zu hoch verschulden, ohne sich die Risiken bewusst zu machen, die in der nächsten unvermeidlichen Rezession folgen. Viele Teilnehmer am globalen Finanzsystem graben sich
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