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Dieser graue Geist

Dieser graue Geist

Titel: Dieser graue Geist
Autoren: Heather Jarman
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auf den Plan der Propheten vertrauen können? Sicher würden sie Bajor nicht aufgrund der Dummheit seiner Vertreter straucheln lassen. Oder? Wütend kickte Kira Steine weg und folgte dem Pfad zum Flussufer hinab. Ihre Schritte wurden immer schneller.
    Jeraddo war aufgegangen, prangte am Himmel. Das fahle Gesicht des Mondes spiegelte sich silbern auf der Wasseroberfläche und tauchte die Nacht in willkommenes Licht. Eine kühle Brise kam vom Fluss hoch, brachte die trockenen Blätter zum Schwingen und ließ Kira frösteln. Obwohl die kalte Luft in ihrer Lunge schmerzte, lief sie weiter, vorbei an den Schilfgrasbüscheln und Flusssteinen, bis sie Seitenstechen bekam. Sie liebte es, ihren Körper an seine Grenzen zu treiben, sich von Instinkt statt Rationalität leiten zu lassen.
    Wann hatte sie zuletzt derart loslassen können? Es gehörte zu ihrem Job, Emotionen an der kurzen Leine zu halten. Selbst wenn alle um sie herum aufgaben, musste sie noch beherrscht agieren. Selbst wenn ihr ihr geschätzter Captain genommen wurde. Wenn ihr Partner ihr entschwand. Wenn ihr das Recht versagt wurde, ihre Religion auszuüben. Verwirrung, Schreck und Frustration flogen Baseball-Bällen gleich auf sie zu, aber Kira wehrte sie ab, einen nach dem anderen. Mühelos. So war sie nun einmal. Doch momentan änderte dieses Spiel abermals seine Regeln. Sie fragte sich, ob sie erneut Schritt halten würde.
    Kira folgte dem Pfad weg vom Fluss und in den Wald, wo hohe Bäume ihr Schatten spendeten. Sie rannte wieder. Der Wind trieb den Rauch aus dem Schornstein einer nahen Farm zu ihr. Er brachte sie zum Husten, aber sie lief einfach weiter.
    Ich werde rennen, solange mein Körper atmet, falls das der Wille der Propheten ist , schwor sie sich. Ihr war, als steuerte ihr gesamtes Leben momentan auf eine Klippe zu, und sie konnte nicht mehr tun, als darauf zu hoffen, im entscheidenden Moment abzuspringen. Darauf, durch ihr Springen tatsächlich etwas zu bewirken.
    Über Wurzeln hinweg zog sie weiter, folgte dem gewundenen Pfad, den Baumstümpfe und hüfthohes Buschwerk längst vor ihrem Blick verbargen. Mit jedem Schritt hörte sie das Blut in ihren Ohren rauschen. Plötzlich verfing sich ihr Stiefel an etwas. Mit Knien und Brust voran schlug sie so hart auf dem Waldboden auf, dass ihr die Luft wegblieb. Zweige zerkratzten ihre Haut, und als sie sich zur Seite wälzte, schmeckte sie Dreck und Blut im Mund. Blätter klebten an ihrer Kleidung. Ein Schrei bahnte sich ihre Kehle hinauf, doch Kira zwang ihn zurück.
    Flach auf dem Rücken liegend, sah sie an den kahlen, knorrigen Ästen vorbei zum sternenlosen Himmel, während Wellen des Schmerzes über ihren geschundenen Leib spülten. Mit zusammengebissenen Zähnen konzentrierte sie sich darauf, wieder zu Atem zu kommen.
    Kira lauschte dem Wind, hörte hin und wieder Äste knacken, das Rascheln von Vogelschwingen. Sie stellte sich vor, das Wurmloch befände sich direkt über ihr, versprach sich, es würde sich jeden Moment öffnen … für sie …
    Und sie wartete. Sie wartete, bis ihre Glieder taub wurden, aber nichts geschah. Was hab ich denn erwartet? Ich sollte einfach zurückgehen, bevor Kas sich Sorgen macht. Kira seufzte. Sie mochte einigen Wundern und manchen einzigartigen spirituellen Erfahrungen beigewohnt haben, aber sie war nicht so töricht, zu glauben, dass die Propheten ihr ein Zeichen gaben, wann immer sie darum bat.
    Grunzend stemmte sie sich in eine sitzende Position und betrachtete ihre Beine. Dem Gefühl nach klebten kleine Steine auf ihren Knien, doch zu ihrem Glück fühlte sich nichts gebrochen oder verstaucht an.
    Kira klopfte sich den Dreck von der Kleidung, stützte die Hände hinter sich auf den Boden und versuchte, sich hochzudrücken, aber sie brachte nur den Stein zum Rollen, der ihre Stütze gewesen war. Wäre echt schön, wenn ich das hier schaffe, ohne mir das Genick zu brechen , dachte sie bitter. Abermals kam sie mit den Fingern gegen den Stein, und diesmal weckte er ihre Neugierde. Das ist gar kein Stein. Kira befreite ihn von der Wurzel, unter der er verborgen war, und hielt ihn hoch, bis ein Strahl des Mondlichts ihr verriet, worum es sich tatsächlich handelte.
    Ihre Augen mussten ihr einen Streich spielen!
    Fieberhaft strich sie den Dreck von dem Objekt. Sie vermochte nicht zu sagen, seit wann es dort gelegen hatte, schmutzig und vergessen auf Captain Siskos Grundstück. Aber sie wusste, um was es sich handelte. Sie wusste es genau.
    Ein Baseball.
    Die Nähte
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