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Diese alte Sehnsucht Roman

Diese alte Sehnsucht Roman

Titel: Diese alte Sehnsucht Roman
Autoren: Richard Russo
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sondern seine Eltern hatten sich mit so katastrophalen Folgen in ihre Ehe eingemischt. Also musste er sie irgendwie überzeugen, dass es damit endlich vorbei war, dass sie einen Neubeginn machen konnten.
    Neubeginn . Das war das Wort, das ihm im Augenblick des Aufpralls durch den Kopf ging. Das Geräusch war wie eine Explosion: der Knall, dann das Klirren von Glas und das Kreischen von Metall auf Metall. Zugleich schlug Griffins Hinterkopf an die gepolsterte Nackenstütze. »Au!«, sagte er und rieb sich das Genick, wie er es als Junge immer getan hatte, wenn sein Vater einen seiner Heckzusammenstöße gehabt hatte, die sich allesamt genau wie dieser ereignet hatten, ohne jede Vorwarnung. Au . Ein Kinderwort, und er hatte es mit einer Kinderstimme gesagt, wehleidig und vorwurfsvoll. Er rechnete beinahe damit, die erschrockenen, enttäuschten Augen eines Kindes zu sehen und nicht die wissenden, traurigen Augen seines Vaters, die ihn aus dem Rückspiegel ansahen.
    Der Fahrer des anderen Wagens, ein Junge im Teenageralter mit einem pickelübersäten Gesicht, beugte sich zu Griffins Fenster herunter. »Alles in Ordnung?«, fragte er.
    Griffin wusste nicht, ob diese Frage seinem körperlichen Zustand galt oder der Tatsache, dass er lachte. Er kurbelte das Fenster hinunter und sagt, es gehe ihm gut, er sei nur überrascht.
    »Ich verstehe nicht, was daran so komisch ist«, sagte der Junge zögernd, als wäre er sich nicht sicher, ob er so etwas angesichts ihres Altersunterschieds sagen durfte.
    »Warte noch ein paar Jahre«, sagte Griffin, löste den Sicherheitsgurt und stieg aus.
    Der andere Wagen war ein neuer BMW . Er hatte ebenfalls ausgeparkt. Griffin sah vor seinem geistigen Auge die beiden makellosen Bögen durch Zeit und Raum, die zu ihrem Zusammenstoß geführt hatten. Jeder von ihnen war bis zum Augenblick des Zusammenpralls für die Anwesenheit des anderen blind gewesen. Beide Kofferraumdeckel waren aufgesprungen und standen in perfekten rechten Winkeln offen. Griffin versuchte, seinen zu schließen, doch die Heckwand hatte sich verzogen, und der Deckel klappte gleich wieder auf. Bei beiden Wagen waren die Rücklichter zerbrochen und die Stoßstangen verbeult. Seinen Vater hätte der Schaden ein paar Hundert Dollar gekostet, doch heutzutage kamen da schnell ein paar Tausend zusammen. Abgesehen davon wirkten beide Fahrzeuge noch verkehrstüchtig. »Dann sollten wir jetzt wohl mal die Versicherungsinformationen austauschen«, sagte er.
    Das Gesicht des Jungen verdüsterte sich, als wäre dieser Akt das Eingeständnis, dass er tatsächlich einen Unfall gehabt hatte – etwas, das er bis jetzt zu vermeiden gehofft hatte.
    Griffin holte aus seinem Wagen einen Stift und ein Stück Papier und und gab sie ihm.
    »Könnten wir nicht einfach …«, begann der Junge und verstummte.
    Sie würden natürlich die Polizei rufen müssen, aber als Griffin zu seinem Handy greifen wollte, sah er, dass der Getränkehalter leer war. Er fand den Apparat auf dem Boden vor dem Rücksitz. Das Display war schwarz und blieb es, als er eine Taste drückte. Er versuchte es mit einigen anderen Tasten und wollte gerade aufgeben, als auf dem Display erschien: ANRUFEN: JOY . Bevor er die Verbindung unterbrechen konnte, hörte er, dass sie sich meldete. Ihre Stimme klang leise und blechern.
    »Joy«, sagte er. Er wollte ihr gerade erklären, dass es sich um ein Versehen handelte, als ihm bewusst wurde, dass dies vielleicht genau der Augenblick der Gnade war, auf den er gestern vergeblich gewartet hatte. »Störe ich gerade?«
    »Ich sitze im Wagen«, sagte sie. »Ich bin überrascht, deine Stimme zu hören. Ich dachte, du wärst jetzt unterwegs nach L.A. «
    Er entschied sich für einen aufgeräumten Ton. »Nein, ich bin auf dem Cape. Ich rufe dich an, um dir zu sagen, dass es jetzt offiziell ist: Ich bin zu meinem Vater geworden. Gerade eben habe ich meinen Mietwagen rückwärts in einen nagelneuen BMW gesetzt. Wir haben heute seine Asche verstreut, und ich schätze, das ist seine Art mir mitzuteilen, dass ich ihn nicht so leicht loswerde.« Sie antwortete nicht gleich, und er merkte, wie aufgesetzt sein aufgeräumter Ton klang. »Moms Asche haben wir auch verstreut«, fügte er ernster hinzu. »Bei Chatham. Da war sie immer am liebsten.«
    »Geht es dir gut? Ist jemand verletzt?«
    »Nein.« Die Antwort auf beide Fragen.
    Wieder Stille. Warum erzählst du mir das? , fragte sie sich wohl.
    »Und weißt du, was wirklich komisch ist?«, sagte
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