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Diese alte Sehnsucht Roman

Diese alte Sehnsucht Roman

Titel: Diese alte Sehnsucht Roman
Autoren: Richard Russo
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er und wusste nicht, ob er einfach redete, damit sie nicht auflegte, oder ob er auf einem Umweg zur eigentlichen Sache kam. »Seit gestern, ja eigentlich schon seit einer Weile frage ich mich …« Er hielt inne, unsicher, wie er fortfahren sollte, auch wenn seine Frage nicht simpler hätte sein können. »Ich frage mich, ob ich sie vielleicht geliebt habe. Ich weiß, das ist verrückt, aber … hältst du das für möglich?«
    »Ach, Griffin«, sagte Joy, als hätte sie ihn gern gefragt, wo er eigentlich studiert habe. »Natürlich hast du sie geliebt. Das habe ich doch die ganze Zeit versucht, dir klarzumachen.«
    Im Rückspiegel sah Griffin den Jungen, der, den Stift in der Hand, mit leerem Blick auf das Papier starrte, als hätte er vergessen, wer er war.
    »Griffin?«
    »Ich bin noch da«, sagte er und hörte sich einen Augenblick später sagen: »Ist noch etwas übrig, Joy, oder habe ich alles zerstört?«
    Sie antwortete nicht gleich, und er merkte, dass er dieses lange, schmerzhafte Schweigen weit mehr gefürchtet hatte als das, was sie sagen würde. »Du hättest es beinahe geschafft«, sagte sie schließlich und schniefte. »Aber nein. Du hast nur zerstört, was zerstörbar war.«
    Sie sprachen noch ein, zwei Minuten, allerdings nur über Organisatorisches. Joy bot ihm an, nach Falmouth zu kommen, doch er sagte, das werde nicht nötig sein. In einer Stadt wie dieser würde er ohne Schwierigkeiten einen Spanngummi auftreiben, das traditionelle Provisorium seines Vaters, das auch diesmal seinen Zweck erfüllen würde. Die Unfallaufnahme durch die Polizei würde etwa eine Stunde dauern, und danach würde er, sofern der Wagen keine weiteren Schäden aufwies, weiterfahren können. Sie vereinbarten, sich kurz hinter der Sagamore Bridge zu treffen. Dann konnten sie irgendwo dort etwas zu Mittag essen, die Mietwagenfirma anrufen, um zu erfragen, was er mit dem Fahrzeug machen sollte, und anschließend gemeinsam nach Hause fahren.
    Als er aufgelegt hatte, sagte seine Mutter: Na bitte. War das so schwer?
    Ja , sagte er, das war schwer.
    Er erwartete eine sarkastische Antwort, doch als keine kam, wurde ihm bewusst, dass er ein ungewohntes und äußerst angenehmes Gefühl hatte. Wie sollte er es beschreiben? Im Lot. Er fühlte sich im Lot. Okay, vielleicht nicht ganz im Lot, aber mit höchstens einer halben Blase Abweichung. Mehr oder weniger im Lot. Den Umständen entsprechend. Er überlegte, ob »im Lot« vielleicht ein anderes Wort für »glücklich« war.
    Ich glaube, es wird alles gut werden, Mom , sagte er. Noch immer keine Antwort. Ich glaube, ich will damit sagen: Es ist okay, dass ihr tot seid. Alle beide. Genau genommen , fügte er hinzu, besorgt, er könnte ihnen zu viel Spielraum gelassen haben, bestehe ich darauf.
    Der Junge schob verdrossen mit dem Fuß die bunten Scherben der Rücklichter hin und her, als Griffin wieder zu ihm trat. Er hatte alle nötigen Informationen aufgeschrieben. Er hieß Tony Loveli und war sechzehn. »Mein Vater ist unterwegs«, sagte er. »Er wird mich umbringen. Ich hab den Führerschein erst seit einer Woche.«
    »Mach dir keine Sorgen Tony«, sagte Griffin. »Wir werden ihm sagen, dass es meine Schuld war.«
    Der Junge schüttelte düster den Kopf. »Das verstehen Sie nicht. Das wird überhaupt keine Rolle spielen. Er ist Scheidungsanwalt. Ein totales Arschloch durch und durch.«
    »Nicht total«, sagte Griffin, obwohl er den Mann, der durchaus ein Arschloch sein mochte, noch nie gesehen hatte. »Nicht durch und durch.«
    Eine fette Möwe, die über ihnen kreiste, widersprach ihm laut. Griffin sah misstrauisch auf, aber es war nur ein blöder Vogel, der im nächsten Augenblick, ohne Schaden angerichtet zu haben, davonflog.

 
    DANKSAGUNG DES AUTORS
    Gut, ich gebe es zu: Ich hatte Hilfe. Mein Dank gilt meinen Agenten Nat Sobel, Judith Weber und Joel Gotler sowie meinen Lektoren Gary Fisketjon und Alison Samuel. Ich danke auch Emily Milder, Gabrielle Brooks, Meghan Wilson, Russell Perreault, Kate Runde, Victoria Gerken und all den anderen freundlichen Menschen bei Knopf/Vintage, die meine Bücher verkaufen; vor allem aber meinen Töchtern Emily und Kate, deren Hochzeiten mich zu allen möglichen hypothetischen Katastrophen inspiriert haben, und meiner Frau Barbara, die genug über Ehen weiß, um ein eigenes Buch schreiben zu können, meines aber trotzdem ohne Klagen mehrmals gelesen hat. Der Silver Lodge auf Cape Cod verdanke ich das Schild an der Bar. Und schließlich
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