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Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held

Titel: Diebeswelt Sonderband: Der dunkle Held
Autoren: Andrew Offutt
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länger
betrunken. Und danach hatte er eine lange, lange Zeit keinen
Tropfen mehr angerührt.
     
    Etwas mehr als eine Stunde war verstrichen, in der weder Hanse
noch die Tiere irgend etwas Verdächtiges gehört hatten.
    Erfreulicherweise hatten sie auch nichts gewittert, was sie
beunruhigen oder auch nur ihr Interesse hätte wecken
können. Da alle drei Tiere im Stehen schliefen, konnte sich
Hanse entspannen und Mignureals Bitte nachkommen, ihr noch einmal zu
erzählen, wie es dazu gekommen war, daß sie einen Sack
voller Silbermünzen besaßen und reich waren.
    Mit dem Rücken bequem gegen eins dieser kümmerlichen
Gewächse gelehnt, die Bäume sein wollten, und nachdem er
drei seiner Messer abgelegt hatte, erzählte er ihr die
Geschichte. Er hatte seine dünnen Beine so ausgestreckt,
daß sich die Fußknöchel überkreuzten. Sein
rechter Arm lag um ihre Schultern, und sie hatte ihren Kopf auf ihre
Hand gebettet, die auf seiner Brust ruhte. Behutsam hatte er sie auf
seine rechte Seite geschoben, so daß er die linke Hand frei
hatte.
    Natürlich schmückte er seine Geschichte ein
bißchen aus und verschwieg das eine oder andere. Ehrlicherweise
gab er zu, daß er Hilfe gehabt hatte, als er zum ersten Mal in
den Palast gelangt war.
    Es hatte Hanse weniger Schwierigkeiten bereitet, das Savankh zu
finden, an sich zu nehmen, zu entkommen und das Lösegeld
auszuhandeln, das aus ein paar Gold- und jeder Menge
Silbermünzen bestand, als er es in seiner Version der Geschichte
darstellte. Die Übergabe sollte an einem Brunnen in den Ruinen
des Adlernestes stattfinden, einem verlassenen Landhaus auf einem
Hügel außerhalb von Freistatt. So geschah es auch, aber es
ergaben sich Komplikationen. Die beiden schweren Satteltaschen voller
glitzernder und klimpernder Münzen waren von einem
Höllenhund namens Bourne gebracht worden, der seine eigenen
Vorstellungen darüber gehabt hatte, wer das Lösegeld
letztendlich bekommen sollte und wie die unmittelbare und weitere
Zukunft des Diebes aussehen würde. Glücklicherweise war es
ihm nicht gelungen, seinen Plan in die Tat umzusetzen, in dem sein
Schwert und Hanses Kopf eine bedeutende Rolle spielen sollten.
    »Ich warf die Satteltaschen in den alten Brunnen und hechtete
hinterher«, erzählte Hanse Mignureal und schwieg einen
Augenblick, um eins seiner Beine zu mustern. Das blöde Ding
zuckte zur Seite, als würde es nicht zu ihm gehören, als
sich ein vom Reiten verkrampfter Muskel mit einem Geräusch wie
von einer schwirrenden Bogensehne urplötzlich lockerte. Er legte
die Knöchel wieder übereinander.
    Er hatte gerade gelogen, was sicherlich verständlich war.
    In Wirklichkeit war er nämlich ganz aus Versehen in den
Brunnen gestürzt. Und er hatte eine beachtliche und ziemlich
ungemütliche Zeit dort unten in der nassen Dunkelheit verbracht,
bevor er vom Statthalter selbst, von Prinz Kadakithis,
›gerettet‹ worden war. Ein durchnäßter und
bedauernswert schmutziger Hanse, der seinen Schatz hatte
zurücklassen müssen, war wieder aufgetaucht und hatte
für kurze Zeit aus erster Hand erfahren, was das Wort
›Folter‹ bedeutete. Und daß er besser als Bourne
davongekommen war, der die höchste Strafe hatte erleiden
müssen.
    »Dann stimmt es also wirklich«, sagte Mignureal und
kuschelte sich an. »Du hast Prinz Kittycat
getroffen.«
    Hanse nickte, und sein Kinn berührte ihren Scheitel.
»Aye. Mehr als nur getroffen. Wir haben uns unterhalten,
dreimal. Ganz privat. Wir…«
    »O Hanse!«
    »Autsch. Bleib ruhig, ja? Das Schlimmste dabei war, zu
entdecken, daß ich ihn nicht länger hassen konnte. Ich
habe genug Achtung vor Prinz Kadakithis, um ihn nicht
›Kittycat‹ zu nennen, und das wirst du auch nicht
tun.«
    »Ich werde versuchen, daran zu denken, Hanse«, sagte
sie, und ihre Stimme klang immer noch ganz aufgeregt. »Es ist
nur, daß ich es einfach kaum glauben kann! Du und
Kit… er! Miteinander geredet! Worüber denn,
Liebling?«
    »Als wir uns zum zweiten Mal unterhalten haben, geschah das,
weil er mich zu sich beordert hatte. Er brauchte meine
Hilfe.«
    »Was?!«
    Er drückte fest ihre Schulter. »Weißt du, jedesmal
wenn ich etwas sage und du vor Überraschung rufst, zuckst du so
heftig zusammen, daß mein ganzer Körper wackelt. Der Baum
hinter mir ist nicht einmal so breit wie mein Rücken, und ich
schwöre dir, er beißt!«
    Da küßte sie ihn auf die Brust, oder besser gesagt, auf
seine Tunika, und er schwieg einen Augenblick, um ihren Kopf zu
küssen, oder
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