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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)
Autoren: Justin Cronin
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Wir zwei können zusammenhocken, reden und so. Uns die Tage vertreiben.«
    » Sie wussten, dass er da sein würde, nicht wahr?«
    Carter wischte sich mit einem Lappen über die Stirn. » Geschickt habe ich ihn nicht, wenn Sie das meinen. Wolgast hatte seinen eigenen Kopf. Man konnte ihm nichts ausreden, was er sich einmal vorgenommen hatte.«
    » Aber wieso wussten die andern nicht, wer er war? Sie können es nicht gewusst haben. Sie hätten ihn getötet.«
    Carter schüttelte den Kopf. » Ihre Sorte konnte nie was mit mir anfangen, weder so noch so. Man könnte sagen, wir hatten schon seit einer Weile keinen Kontakt mehr. Das Leben ist ein Geben und ein Nehmen, aber von mir haben sie von Anfang an nichts zurückbekommen. Habe meinen Geist vor ihnen allen verschlossen.« Carter richtete sich auf seinem Stuhl auf und stopfte den Lappen in die hintere Tasche. » Sie haben’s richtig gemacht, Miss Amy. Wolgast auch. War schwer und schrecklich, das weiß ich.«
    Sie hatte plötzlich Durst. Der Tee floss kühl und süß durch ihre Kehle und hinterließ einen hellen Zitronengeschmack auf ihrer Zunge. Carter beobachtete sie und wedelte sanft mit seinem Hut, um sich Kühlung zuzufächeln.
    » Und Zero?«
    » Ich schätze, wir haben noch Zeit. Aber er wird zu uns kommen. Das wird er sich nicht nehmen lassen. Er ist sicher der Schlimmste von ihnen. Nehmen Sie alle zusammen, und Sie haben immer noch keinen Zero. Aber kommt Zeit, kommt Rat.«
    » Und bis dahin bleiben wir hier.«
    Carter nickte auf seine geduldige Art. » Ja, Ma’am. Wir bleiben hier.«
    Schweigend saßen sie da und dachten an das, was kommen würde.
    » Ich habe noch nie einen Garten gepflegt«, sagte Amy. » Würden Sie es mir beibringen?«
    Carter dachte darüber nach. » Ist immer massig zu tun. Könnte wohl ein bisschen Hilfe gebrauchen. Aber der Mäher ist heikel.«
    » Ich bin sicher, ich könnte es lernen.«
    » Das glaube ich auch«, sagte er lächelnd. » Ich schätze, das ist wohl so.«
    Einen Moment lang sagten sie beide nichts. Dann fiel Amy ihr Versprechen ein. » Rachel lässt Ihnen liebe Grüße ausrichten.«
    » Ach ja? Ich habe gerade an sie gedacht. Was fanden Sie, wie sah sie aus?«
    » Wirklich schön. Ich konnte sie mir bislang eigentlich nie deutlich vorstellen. Schön, aber auch traurig. Sie hat zum Haus geschaut, als wäre da etwas, das sie wollte. Sie konnte jedoch nicht darüber sprechen.«
    Carter schien überrascht zu sein. » Na, das sind ihre Kinder, Miss Amy. Ich dachte, das wüssten Sie.«
    Amy schüttelte den Kopf.
    » Haley und die Kleine. Da, wo sie ist, kann die Frau sie nicht sehen oder berühren. Es sind ihre Kleinen, von denen sie immer träumt. Das ist ein furchtbarer Schmerz für sie.«
    Endlich verstand Amy. Rachel war ertrunken und hatte ihre Kinder zurückgelassen. » Wird sie sie je wiedersehen?«
    » Ich nehm’s an, wenn sie so weit ist. Sie muss sich selber verzeihen, dass sie sie verlassen hat.«
    Seine Worte schienen in der Luft zu schweben, keine bloßen Laute, sondern Dinge mit Form und Substanz. Die Temperatur sank. Das Laub fing an zu fallen.
    » Sie ist nicht die Einzige, Miss Amy. Manche Leute finden den Weg nicht allein. Bei manchen ist es ein schlechtes Gefühl im Kopf. Andere können einfach nicht loslassen. Das sind die, die zu sehr lieben.«
    Im Pool hatte Rachel Woods Leichnam den langsamen Aufstieg beendet und trieb an der Oberfläche. Amy schaute auf den Tisch. Sie wusste, was Carter zu ihr sagte. Jeden Tag mähe ich den Rasen. Jeden Tag kommt sie herauf.
    » Sie müssen zu ihm gehen«, sagte Carter. » Ihm den Weg zeigen.«
    » Aber ich…« Sie spürte seinen Blick auf ihrem Gesicht. » Ich weiß nicht, wie.«
    Er langte über den Tisch, fasste ihr Kinn und hob ihren Kopf. » Ich kenne Sie, Miss Amy. Es ist, als wären Sie mein Leben lang in mir gewesen. Sie wurden dazu geschaffen, diese ganze Welt in Ordnung zu bringen. Aber Wolgast ist nur ein Mensch. Es ist jetzt seine Zeit. Sie müssen ihn zurückgeben.«
    Sie fühlte das Beben der Tränen in ihrer Kehle. » Aber was mache ich ohne ihn?«
    » Was Sie immer gemacht haben«, sagte Anthony Carter und sah ihr lächelnd in die Augen. » Was Sie jetzt machen. Sie sind Amy.«

70
    Er kam ein letztes Mal zu ihr. Oder war sie es, die zu ihm kam? Sie kamen zueinander und sagten ein letztes Mal Lebwohl.
    Für Wolgast begann es mit dem Gefühl einer völlig losgelösten Bewegung. Er war in einem Nirgendwo, schwebte durch einen endlosen Raum ohne
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